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0534 - Der Unsichtbare

0534 - Der Unsichtbare

Titel: 0534 - Der Unsichtbare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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nicht.
    So war auch die Kaverne mit den Regenbogenblumen so lange unentdeckt geblieben, bis jemand, der diese Blumen zu benutzen verstand, durch den Keller ins Château eingedrungen war. Mittlerweile waren die Regenbogenblumen durch eine weißmagische Sperre abgesichert, so daß kein Dämon mehr das ansonsten optimal geschützte Château gewissermaßen durch die Hintertür betreten konnte, und es führte eine Stromleitung zu der Kaverne, damit man den langen labyrinthischen Weg nicht im Dunkeln tappen mußte. Wovon die Spinnen lebten, die hier ihre gewaltigen Netzkonstruktionen woben, blieb ebenso rätselhaft wie die Existenz der künstlichen Sonne über den Blumen. Diese Mini-Sonne schwebte unter der Kuppeldecke der Kaverne frei in der Luft, vielleicht schon seit vielen Jahrhunderten, und sorgte für das Licht, das die Blumen für ihre Existenz brauchten. Es gab sogar einen Tag- und Nachtrhythmus. »Nachts« glomm die Kunstsonne nur sehr schwach. Woher sie ihre Energie bezog und wie sie allen Gesetzen der Schwerkraft zum Trotz dort schweben konnte, war unerklärlich.
    Ebenso unerklärlich war die seltsame Fähigkeit dieser Blumen, Menschen an einen anderen Ort zu versetzen, von einer Sekunde zur anderen. Voraussetzung war, daß die Menschen eine klare gedankliche, bildhafte Vorstellung von der Umgebung hatten, in die sie gelangen wollten, und daß es dort ebenfalls Regenbogenblumen gab.
    Zu den Regenbogenblumen des Châteaus führte Nicole ihren Lebensgefährten und Chef. »Achte auf die Staubschicht«, sagte sie.
    Auf dem direkten Weg selbst gab es wenig Staub. Die anfangs zentimeterdicke Schicht war so weit wie möglich entfernt worden, und so schnell konnte sich kein neuer Staub bilden. Aber neben dem eigentlichen Weg führten Spuren in unerforschte Räume neben dem Gang.
    »Und?« wollte Zamorra wissen.
    »Schau dir die Spuren genau an.«
    »Schleich nicht wie die Katze um den heißen Brei«, forderte er. »Worauf willst du hinaus?«
    »Da hat sich jemand bewegt, der absolut nicht unsere Schuhgrößen besitzt«, behauptete sie.
    Sie leuchtete mit der Taschenlampe in den kleinen Raum, in den ein noch kleinerer Durchgang führte. Fußspuren führten hinein und hinaus – viele Fußspuren.
    »Schuhgrößen«, murmelte Zamorra verblüfft. »Mademoiselle belieben zu scherzen.«
    Der die Spuren hinterlassen hatte, mußte barfuß gegangen sein. Niemand aus dem Château hatte das bisher riskiert. Schließlich wußte niemand, was hier und da unter dem Staub lag – Nägel, Dornen oder spitze Steinchen, oder in der Dunkelheit insektoides Kleingetier, das stach oder biß. Außerdem war der gewachsene Felsboden ungesund kalt; nicht umsonst war Nicole, wenn auch auf alles andere verzichtend, in ihre Stiefeletten geschlüpft.
    Das war aber noch nicht alles.
    Die Fußabdrücke im Staub waren nicht menschlich.
    ***
    Patricia war allein am Pool geblieben. Um sich nach dem anhaltenden Sonnenbad ein wenig zu erfrischen, warf sie sich ins Wasser und schwamm zur anderen Seite hinüber. Dort kletterte sie wieder ins Trockene. Ein Badetuch war hier nicht in greifbarer Nähe, aber die Nachmittagswärme würde ihre Haut schon trocknen. Sie wollte zu ihrem Jungen und dem alten Raffael hinübergehen, allein um dem kleinen Rhett zu zeigen, daß sie in seiner Nähe war – sie befand sich am Pool zwar in seinem Sichtfeld, aber ob er sie in seinem Spieleifer über die Entfernung wirklich erkannte, konnte sie nicht genau sagen.
    Schon nach wenigen Schritten stutzte sie.
    Das Grundstück, der »Schloßgarten«, war eigentlich eher eine große Wildwiese mit Bäumen und Sträuchern und wildwuchernden Blumen – und der Grabstätte der weißmagischen Vampirin Tanja Semjonowa, die einst zur Zamorra-Crew gehört hatte und von dem Dämon Sanguinus ermordet worden war –, aber nah am Gebäudekomplex waren auch einige gepflegte Blumenbeete angelegt.
    Raffael Bois züchtete in zwei dieser Beete zu seinem Privatvergnügen schwarze und blaue Rosen.
    Patricia war sicher, daß bis vor kurzem mit diesen Rosen noch alles in Ordnung gewesen war; die seltenen Blumen blühten prachtvoll.
    Aber jetzt – waren drei der schwarzen Stöcke verwelkt.
    ***
    Zamorra kauerte sich vor die von Nicole ausgeleuchteten Abdrücke. Ihre Bemerkung über »Schuhgrößen« paßte absolut nicht; Zamorra hätte ähnlich große Abdrücke im Staub hinterlassen.
    Aber deutlich war zu sehen, daß die Füße, von welchen diese Spuren stammten, wesentlich stärker hochgewölbt waren

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