055 - Louba der Spieler
sagten Sie mir ganz im Vertrauen, daß Sie alles daransetzen würden, dem wirklichen Mörder Emil Loubas zu helfen. Sie kannten die Schlechtigkeit Loubas so genau, daß Sie sogar sagten, Sie würden nicht zögern, dem, der ihn tötete, die Hand zu reichen. Aus diesem Grund, weil ich Ihre Aufrichtigkeit und Ehrenhaftigkeit kenne und volles Vertrauen zu Ihrer Verschwiegenheit habe, möchte ich Ihnen jetzt den genauen Bericht geben, wie Louba wirklich starb.
Zuerst muß ich mich selbst kurz erwähnen. Ich wurde in dem Dorf Buckfast-on-the-Moore in der Grafschaft Devonshire geboren. Mein Vater war ein kleiner Grundbesitzer, ein Mann, der sich nebenbei als geschickter Tierarzt eines guten Rufes erfreute. Meine Mutter stammte aus Gloucestershire, und ich kann sie mir heute noch als Vorbild einer wirklichen Dame vorstellen.
Nach meinem Studium auf der Universität Cambridge praktizierte ich als junger Arzt beim St.-Bartholomew-Hospital. Während ich dort war, starben mein Vater und meine Mutter kurz hintereinander und hinterließen ihr Vermögen zu gleichen Teilen mir und meinem lieben Bruder Philipp.
Philipp interessierte sich sehr für die Landwirtschaft und bewirtschaftete unser Gut weiter. Er machte das so geschickt, daß das Grundstück bald einen erheblichen Gewinn für uns beide abwarf.
Nach einiger Zeit kaufte ich mir eine Praxis in Exeter und war schon im Alter von fünfunddreißig Jahren einer der besten Ärzte in dieser Stadt.
Noch während ich studierte, heiratete Philipp ein sehr hübsches und liebenswürdiges Mädchen. Schon damals hatte ich um meinen Bruder Sorge, da er lungenkrank war.
Philipps Frau war mir vom ersten Augenblick an sehr sympathisch; als die beiden ein reizendes Töchterchen erhielten, war ich selbst der glücklichste Mensch. Philipp nannte das Mädchen nach unserer Mutter Kathleen. Hätte ich doch damals schon gewußt, was für ein Schicksal die arme Kleine erwartete .
Elisabeth, die Frau Philipps, wurde nach der Geburt sehr krank und erholte sich nie mehr richtig. Kate war sieben Jahre alt, als ihre Mutter starb. Mein armer Bruder folgte ihr drei Monate später ins Grab, und ich nahm das verwaiste Kind in Obhut. Meine Praxis in Exeter gab ich auf und kaufte mir ein Haus in der Devonshire Street. In meinem Beruf hatte ich stets Glück, und auch in London füllte sich mein Sprechzimmer bald mit einer unaufhörlichen Kette von Patienten.
Das Gut war verkauft worden und hatte eine sehr große Summe eingebracht.
Kate blieb bis zu ihrem zehnten Lebensjahr bei mir, dann sandte ich sie in eine ausgezeichnete Schule nach Gloucestershire, wo sie sehr glücklich und zufrieden aufwuchs.
Die Zeit, die nun folgte, verlief sehr ruhig. Mit vierzehn Jahren schickte ich Kate in eine der besten Mädchenoberschulen Englands nach Cheltenham. Sie war restlos glücklich. Schon damals entdeckte ich in ihrem Charakter eine sehr romantische Ader, die mich aber nicht sehr beunruhigte - sie war ja ein junges Mädchen. Vor allem liebte sie den Orient und alles, was damit zusammenhing. In ihren Ferientagen, die wir sehr vergnügt miteinander verbrachten, pflegte sie von nichts anderem als von den Wundern des Orients, des neuen und des alten, zu schwärmen. Die Dichter des Ostens kannte sie alle - Hafiz zitierte sie aus dem Handgelenk. Das alles machte mir Spaß - was hätte ich mir auch dabei denken sollen!
Mit sechzehn Jahren war sie eine reizende junge Dame. Die meisten Ferien, selbst die Sommerferien, verbrachte sie bei mir in der Devonshire Street.
Bei einem solchen Schulurlaub lernte sie Hurley Brown kennen, einen jungen Offizier im West Sussex Regiment, den Sohn eines meiner Exeter-Kollegen, einen anständigen, ordentlichen Menschen, wie man wohl selten einen trifft. Er war auf Urlaub von seinem Regiment, das damals in Ägypten stationiert war. Auch er war ein Bewunderer des Orients, und sie lauschte entzückt seinen farbenfrohen Geschichten aus dem alten Ägypten, seinen Erzählungen von Städten und Menschen des Fernen Ostens.
Obgleich sie erst sechzehn Jahre alt war und er schon zehn Jahre älter, verliebte er sich sofort in sie. Was Kate betrifft, so schwärmte sie wohl nur ein wenig für ihn - wahrscheinlich hauptsächlich wegen der Geschichten, die er ihr so schön erzählte. Zu ihr und auch zu mir sagte er nichts von seiner Liebe. Als er von seinem Großvater etwas Geld erbte, kehrte er nach England zurück. Da gerade das Gut, das wir früher einmal besessen hatten, zum Kauf angeboten wurde,
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