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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Sekunde lang blickte sie auf ihn hinab. Sie fühlte bitteren Haß gegen den Mann, der sie in ihrer Kindheit mit Furcht gequält hatte und nun ihre Zukunft verderben wollte.
    Der Kopf fiel ihm auf die Brust. Die ›Zehn‹ waren über ihn gekommen - diese zehn Minuten tiefsten Schlafes, aus dem ihn nichts zu erwecken vermochte. Wie hilflos er vor ihr saß! Einen Augenblick stand sie mit geballten Fäusten über ihn gebeugt. Dann lief sie aus dem Zimmer und die Treppe hinunter auf die Straße. Das Tor flog krachend ins Schloß.
    »Hoffentlich hört er es in seinen Träumen!« sagte sie laut.
    Der hochgewachsene Mann, der sie an der Gartentür erwartete, lachte leise.
    »Das klingt ja recht gehässig«, meinte er.
    »Können Sie ihn denn ausstehen, Clive?«
    Clive Lowbridge kicherte, während er ihr in seinen kleinen Wagen half.
    »In mancher Beziehung kann ich ihn ganz gut leiden. Seine Großartigkeit stört mich nicht. Es ist keine Pose, er hält sich wirklich für den größten Mann auf Erden. Und mir hat er oft geholfen.«
    »Wie haben Sie ihn eigentlich kennengelernt?«
    Clive antwortete erst, nachdem er den Wagen in Bewegung gesetzt hatte und vorsichtig einer Straßenbahn ausgewichen war.
    »Was sagten Sie? Ja, richtig! Ich kenne Laffin schon mein ganzes Leben lang. Er war Hausarzt unserer Familie. Unser glorreiches Geschlecht pflegte in Bath zu residieren, und die Laffins waren seit hundert Jahren unsere Hausärzte. Das wurde zur Tradition. Dieser Joshua war mein Erzieher - wußten Sie das nicht? Laffin ist sehr gescheit. Solch verrückte Vögel sind es meistens, wenn sie auch die eine oder andere fixe Idee haben. Doch Sie sind vermutlich froh, dem Zusammenleben mit ihm entronnen zu sein, nicht wahr, Betty?«
    »O ja.«
    Ihre Einsilbigkeit ermutigte ihn nicht, weitere Fragen zu stellen.
    »Er ist ein verrücktes Huhn, aber mein Onkel schwor auf ihn - und vor ihm schon mein Großonkel, der siebente Baron von .«
    Sie unterbrach ihn, sichtlich bemüht, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben.
    »Wie fühlen Sie sich eigentlich in Ihrer neuen Würde, Clive?«
    Der neunte Lord Lowbridge lächelte belustigt vor sich hin. »Die Würde wäre leicht zu tragen, aber die Hypotheken ... Weiß der Himmel, wie Onkel Ferrers sein Geld so gründlich losgeworden ist. Wir hielten ihn immer für unermeßlich reich. Ich fürchte, ich werde der Kunst treu bleiben müssen und gezwungen sein, jedes Jahr ein Meisterwerk zu malen, nur um die Zinsen für die Hypotheken zahlen zu können.«
    Sie lachte leise. Der Wagen bog in den Regents Park ein.
    »Armer Clive!« sagte sie. »Ein Lord ohne Geld ist ein bemitleidenswertes Geschöpf! Zwar noch immer nicht so bemitleidenswert wie eine ehrgeizige, strebsame Schauspielerin, die zur Schaufensterpuppe degradiert wird. Das ist nämlich mein Los, wenn Robespierre seinen Willen durchsetzt.«
    »Robespierre? Oh, Sie meinen den Doktor! Das ist ein guter Name für ihn. Was will er eigentlich von Ihnen?«
    Betty holte tief Atem. Nun hatte sie selbst damit angefangen, obwohl sie gar nicht davon reden wollte.
    »Es ist wieder so ein närrischer Einfall von ihm. Irgendein Geschäftsmann will für einen Patentschreibtisch Reklame machen, und ich soll mich vier Stunden täglich in ein Schaufenster setzen, das wie ein Arbeitszimmer eingerichtet ist. Ich hätte in einem grünen Kleid an dem bewußten Schreibtisch zu sitzen und zu schreiben - oder wenigstens so zu tun, als ob ich schriebe.« Sie mußte trotz ihres Ärgers lachen. »Auf dem Tisch wird eine Jadevase mit einer einzelnen Rose stehen. Können Sie sich das alles vorstellen?«
    Clive Lowbridge antwortete eine ganze Weile nicht.
    »Glauben Sie, daß er verrückt geworden ist?« fragte er dann.
    »Davon bin ich ziemlich überzeugt, wie käme er sonst auf solche Einfälle? Und es ist noch etwas ganz Verschrobenes an der Geschichte. Er sagte, eines Tages würde ein Mann zu mir kommen und mich nach der ›Botschaft‹ fragen, worauf ich ihm einen in der obersten Schublade rechts befindlichen Brief überreichen soll.«
    »Er muß wirklich verrückt geworden sein.« Lowbridge schüttelte den Kopf. »Natürlich werden Sie darauf nicht eingehen, Betty?«
    »Ich bin nicht so sicher«, antwortete sie besorgt. »Vielleicht werde ich dazu gezwungen sein.«
    »Gezwungen? Das wollen wir sehen!« knurrte Clive zornig. »Da werde ich wohl ein Wörtchen mitzureden haben. Die zukünftige Lady Lowbridge gehört nicht in ein Schaufenster!«
    Sie drückte liebevoll

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