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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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wollte dir nur noch schnell sagen«, begann Pawter, »daß du am Montag Mr. Lambert Stone, den millionenschweren Holzhändler, aufsuchen mußt, und zwar gleich am Morgen, noch bevor du ins Büro kommst. Stone trifft heute in London ein - ich habe eine Zeitungsreklame entworfen, die ihm vielleicht zusagen wird. Du mußt unbedingt versuchen, eine Besprechung zwischen uns herbeizuführen.«
    »Holz?« fragte Holbrook zweifelnd. »Ich wüßte nicht, wozu Holz Reklame brauchte.«
    »Alles braucht Reklame, du kurzsichtiger Tropf! Vereinbare eine Zusammenkunft und komm dann gleich hierher. - Heute abend siehst du den Doktor, nicht wahr?« Pawter starrte einen Moment zum Fenster hinaus. »Ich möchte, daß du herausbringst, wie es mit der Schreibtischangelegenheit jetzt eigentlich steht. Der Schreibtisch ist nichts wert, das habe ich schon einmal gesagt. Ich setze ungern die Ware eines Kunden herab, aber dieses Möbel hat alle Nachteile irgendeines anderen Schreibtisches - nur keinen der Vorteile, die einige andere aufweisen. Erkundige dich auch nach Miss Carews Meinung zu der Angelegenheit.«
    Bill Holbrook schnitt eine Grimasse.
    »Eine Schauspielerin, die eine vernünftige Meinung über eine Sache hat, ist todsicher eine Niete in ihrem Beruf. Und überhaupt, Pips, ich werde dir sagen, was hinter der Geschichte mit dem Schreibtisch steckt: Mord! Vorbedachter Mord ... Vielleicht das größte Verbrechen des Jahrhunderts!«
    Pawter starrte ihn mit aufgerissenen Augen an.
    »Sonderbar, was du da sagst«, meinte er kopfschüttelnd.
    »Soviel mir Laffin erzählt hat, ist der Schreibtisch tatsächlich die Erfindung eines Kellermeisters, der im Gefängnis von Oxford gehenkt wurde, weil er seine Frau ermordet hatte.«

4
    Vor dem Eingangstor zu den Ostindiendocks liegt ein Stadtteil des Schmutzes und der Verworfenheit, wie London nicht seinesgleichen hat. Es ist eine Gegend öder Mietskasernen, eine schmutziger und freudloser als die andere. Die Lyme Street, der Mittelpunkt dieses Viertels, wies trotz ihrer geringen Länge nicht weniger als fünf Kneipen auf, die sich alle eines regen und lärmenden Zuspruchs erfreuten. Diese Lyme Street hatte sprichwörtliche Bedeutung und wurde oft als abschreckendes Beispiel angeführt. Von überallher kamen Leute, die sich von Berufs wegen mit Problemen der sozialen Fürsorge beschäftigten, um das Elend zu Studienzwecken in Augenschein zu nehmen. Auch Roman- und Bühnenschriftsteller holten sich mit Vorliebe in diesem dunkelsten Revier Londons ihre Anregungen.
    ›Zu den fünf Gläsern‹ oder ›Zur Hundswache‹ lauteten etwa die Wirtshausschilder vor den mit Tabaksqualm und Alkoholdunst geschwängerten Lasterhöhlen, in denen die Gelage oft mit einer Keilerei endeten, die sämtliche Reserven des Polizeireviers auf die Beine brachte. Doch von allen Matrosenkneipen, die je eine zivilisierte Stadt verunziert haben, war die ›Zum Vollschiff‹ die ärgste.
    Ein regelmäßiger Kunde dieser Schenke war Kapitän Harvey Hale, ein riesiger Seebär mit Fischaugen, rotem Gesicht und ungeheuer massigem Kinn - ein Schiffer ohne Schiff und Patent, denn er war es, der den Dampfer ›Gravalla‹ auf einen Felsen gesetzt hatte und dann im Kittchen sitzen mußte, weil die Versicherungsgesellschaft den Schaden nicht bezahlen wollte.
    Wenn Kapitän Hale nicht ganz nüchtern war, pflegte er sich über die ihm damals zugefügte schlechte Behandlung zu beklagen.
    »Zwölf Monate Zwangsarbeit - wofür?« bellte er dann. »Weil ich ein Schiff verloren habe, das ohnehin nur mehr ein schwimmendes Wrack war. Mir das, der ich in erster Linie an meine Mannschaft gedacht und alle Boote ausgebessert hatte, ehe wir Sunderland verließen, und der ich darauf sah, daß die Rettungsgürtel und alle anderen Rettungsmittel in bester Ordnung waren!«
    Freilich vergaß er zu erzählen, daß dem Seegericht auch noch einige Kleinigkeiten zu Ohren gekommen waren, die eine begreifliche Mißstimmung gegen ihn erregt hatten - daß er in Kalkutta wegen Totschlags, in Seattle wegen einer Unterschlagung angeklagt gewesen war, und daß er sich auch auf verschiedenen anderen Breitengraden allerlei Unregelmäßigkeiten hatte zuschulden kommen lassen.
    »Wollen Sie sich nicht als Alkoholschmuggler anheuern lassen?« fragte ihn eines Abends Taylor, der Schenkwirt.
    Kapitän Hale dachte einen Augenblick über diese Möglichkeit nach, dann nickte er.
    »Vielleicht. Ich bin jedenfalls dafür zu haben.«
    Er warf einen Blick auf die

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