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057 - Im Banne des Unheimlichen

057 - Im Banne des Unheimlichen

Titel: 057 - Im Banne des Unheimlichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Wanduhr.
    »Erwarten Sie jemand?« fragte Taylor.
    Hale sah ihn mißtrauisch an.
    »Kann sein«, antwortete er kurz.
    Er zog einen Brief aus der Tasche, las ihn durch und war schon im Begriff, ihn wieder einzustecken. Aber dann überlegte er es sich anders.
    »Was halten Sie davon?« fragte er und reichte Taylor den Brief hinüber.
    Der Wirt setzte seine Brille auf und las die kurze, maschinengeschriebene Mitteilung. Sie lautete: ›Ich kann Ihnen eine Stelle verschaffen, die Ihnen viel Geld einbringen wird. Allerdings müßten Sie bereit sein, eine etwas ungewöhnliche Aufgabe zu übernehmen, die Sie leicht in persönliche Gefahr bringen kann. Wenn Sie Ihr Stammlokal in der Lyme Street Punkt 10 Uhr 30 verlassen, wird Sie mein Agent, Mr. Smith, vor dem Tor erwarten.‹
    »Was halten Sie davon?« fragte Hale noch einmal.
    »Alkoholschmuggel«, sagte Taylor prompt. »Es gibt eine Gesellschaft in London, die mit der illegalen Einfuhr von Fusel nach den Vereinigten Staaten einen Haufen Geld verdient.«
    Der Kapitän schürzte die dicken Lippen.
    »Sie mögen recht haben, aber die Geschichte scheint mir trotzdem nicht nach gewöhnlichem Schmuggel zu riechen. Na ja, ein armer Seemann muß jede Gelegenheit, sich einen Bissen Brot zu verdienen, ergreifen. Da fällt mir ein, daß man mir einmal angeboten hat .«
    Er begann zu prahlen und war überaus gesprächig, bis ihm ein neuerlicher Blick auf die Uhr zeigte, daß es schon bedenklich gegen 10 Uhr 30 ging, worauf er sich unverzüglich erhob. Er warf einige Münzen auf den Tisch und rief dem Wirt in nicht mißzuverstehendem Ton zu:
    »Lassen Sie es sich nicht einfallen, Taylor, mir zu folgen!«
    Kapitän Harvey Hale trat auf die Straße - niemand stand vor dem Tor. Doch vor den gegenüberliegenden Häusern sah er eine Gestalt mit einer rotglimmenden Zigarre auf und ab wandeln - vermutlich der angekündigte Agent, denn Seeleute rauchen selten Zigarren. Hale steuerte auf den Fremden zu, der stehengeblieben war und ihn erwartete.
    »Sie sind Kapitän Hale, nicht wahr? Ich bin der Mann, den Sie erwarten. Wollen Sie mich ein Stück weit begleiten?«
    »Wohin gehen wir?« fragte Hale und musterte den anderen neugierig.
    »Über den Bahndamm - nach Woolwich«, antwortete Mr. Smith, der sich offenbar in der Gegend gut auskannte.
    Nichts an dem Mann ließ darauf schließen, daß er sich mit gefährlichen Geschäften abgab.
    Bald erreichten sie die Straße hinter der Zuckerfabrik, ohne mehr als einem halben Dutzend Menschen begegnet zu sein. Auf halbem Wege zwischen zwei Straßenlaternen blieb der Fremde stehen.
    »Also, Hale -«, begann er, »Sie sind ganz mittellos, sind eben erst aus dem Gefängnis entlassen worden und dürften bald dorthin zurückkehren, wenn Sie kein Schiff finden. Ich will vollkommen offen mit Ihnen sprechen, Kapitän, und erwarte dasselbe von Ihnen. Sie sind in Kalkutta des Mordes an einem Schiffsjungen angeklagt worden, und das Beweisverfahren hat ergeben, daß Sie vom Stiefvater zweihundert Pfund für die Beseitigung des Burschen erhalten hatten. Die Geschworenen konnten sich trotzdem in der Schuldfrage nicht einig werden, und dadurch sind Sie dem Galgen entronnen. Ich frage Sie nun, was alles Sie für fünftausend Pfund tun würden, wenn Sie schon für zweihundert so saubere Arbeit geleistet haben.«
    »Für fünftausend Pfund gehe ich durch die Hölle«, antwortete Hale, ohne sich einen Augenblick zu besinnen. »Wen wollen Sie umgebracht haben? Ich will natürlich nicht ins Gefängnis zurück, wenn ich es vermeiden kann. Das ist kein Leben für mich. Geben Sie mir irgendeine Beschäftigung - meinetwegen als Alkoholschmuggler ...«
    Er wartete, ob der andere seine Vermutung bestätigen würde, aber der schüttelte den Kopf.
    »Ich interessiere mich nicht für Alkoholschmuggel.«
    »Ach was, mir ist es ganz egal, was von mir verlangt wird. Geben Sie mir eine Arbeit, bei der ich verdienen kann, und nichts wird mich hindern, sie zu leisten. Ich weiß, was ich sage. Habe noch immer Wort gehalten. Überlegen Sie sich nur, was man mir wegen des verlorenen Schiffes angetan hat! Ich hätte dem Reeder zwanzig Jahre Gefängnis verschaffen können, habe aber nicht aus der Schule geschwatzt. Als ich heute morgen zu ihm ging und mir mein Geld holen wollte, drohte er mir mit der Polizei.«
    »Sie sind heute morgen zu ihm gegangen, um ihn ein klein wenig zu erpressen«, bemerkte Mr. Smith kühl. »Sie haben früher schon tausend Pfund Schweigegeld bekommen, haben aber die

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