0577 - Die Krakenfalle
Suko war unterwegs. Die Fahndung nach Mallmann lief landesweit, wahrscheinlich sollte sie noch ausgedehnt werden. Eine Aufgabe, um die sich Suko kümmern wollte. Für mich war es nichts, ich hockte am Schreibtisch, das Telefon im Blick, und wartete darauf, daß sich Will Mallmann mit einer Nachricht melden würde, denn er wußte genau, daß ich mich wieder in London befand.
Niemand rief an. Mir kam es vor, als hätten sich alle gegen mich verschworen.
Dafür bekam ich Besuch. Es war Sir James, der die Bürotür so hastig öffnete, daß ich erschrak.
Seine Hand noch auf der Klinke, blieb er stehen und schaute mich an, wobei er den Kopf schüttelte.
»Kommen Sie, Sir«, sagte ich.
»Wenn Sie es über sich bringen, einen Versager zu sehen.«
Sir James drückte die Tür zu. Er schüttelte den Kopf, als er sich Sukos Stuhl zurechtrückte und sich setzte.
»Sie gefallen mir nicht, John.«
»Glauben Sie, ich gefalle mir?«
Der Superintendent nickte. »Das habe ich mir gedacht. Sie sollten gegen diesen Zustand etwas tun.«
»Ich weiß.«
»Dann bitte.«
Ich beugte mich vor und fixierte ihn. »Sir, es tut mir leid, aber ich kann nicht. Ich bringe es diesmal nicht fertig, über meinen eigenen Schatten zu springen, da können Sie sagen, was Sie wollen. Es ist einfach nicht möglich.«
»Das habe ich mir gedacht. Ich bin nur gekommen, um mich noch einmal zu vergewissern.«
»Das haben Sie nun.«
»Nicht allein deshalb habe ich Sie besucht, John. Es gibt noch einen anderen Grund.«
»Und der wäre?«
»Ich will, daß Sie für eine Woche aus London verschwinden. Fahren Sie einfach weg, nehmen Sie sich Urlaub. Versuchen Sie, alles zu vergessen. Tauchen Sie ab, gehen Sie hinein in eine andere Umgebung und denken Sie nicht mehr an London.«
»Das raten Sie mir?«
»Ja!« Er hob einen Zeigefinger und weitete hinter den Gläsern seiner Brille die sowieso schon groß wirkenden Augen. »Ich rate es Ihnen nicht nur, John, ich gebe Ihnen praktisch den Befehl, daß Sie sich aus London zurückziehen.«
»Darüber haben wir schon gesprochen.«
»Ich weiß.«
»Sir, ich…«
»Stop, keine Widerrede. Sie werden fahren, John. Sie werden England verlassen in Richtung Süden oder meinetwegen auch in Richtung Norden. Nur will ich nicht, daß Sie hier die Tage absitzen.«
»Ich kann Sie verstehen, Sir, wenn Sie so denken. Aber Ihre Mutter befindet sich nicht in den Klauen eines Blutsaugers.«
Er nickte. »Das ist das Problem. Ich brauche nicht mehr zu unterstreichen, daß wir mit Ihnen fühlen. Doch wir stehen hier in der zweiten Reihe. Ob Sie hier in London herumhocken oder irgendwo hinfahren, Ihre Mutter wird nicht früher zurückkehren. Ich verspreche Ihnen, daß wir, wenn sich Will Mallmann tatsächlich melden sollte, Ihnen sofort Bescheid darüber geben, ob es geklappt hat.«
Ich wartete mit der Antwort und sagte dann: »Gesetzt den Fall, ich sage ja. Wo sollte ich hin?«
»Die Welt ist groß, Europa auch. Spanien, die Costa del sol. Oder Griechenland…«
»Nein, nein.«
»Das müssen Sie wissen.«
Ich preßte meine Hände vor das Gesicht. In Spanien hatte ich unangenehme Erfahrungen gemacht, was einen Urlaub anging. Die Bekanntschaft der Lavinia di Luna saß noch zu tief. [2]
»Eine Antwort möchte ich allerdings von Ihnen schon haben, John.«
»Wann?«
»Sofort!«
Ich lachte auf. »Sie sind gut. Wie könnte ich mich auf der Stelle für irgend etwas entscheiden?«
»Wie wäre es mit der Côte d’Azur? Frankreich bietet um diese Zeit bereits einen herrlichen Vorfrühling.«
»Sie sind gut informiert, Sir.«
»Nicht ohne Grund.«
»Dann haben Sie bereits einen Ort für mich ausgesucht?«
»Das kann man sagen.«
»Und wo, bitte?«
»Nicht weit von Nizza, wo es etwas ruhiger ist. Ein kleiner Ort, wunderbar gelegen. Sie haben im Süden den Blick auf das Meer, im Norden auf die Seealpen. Phantastisch!«
Ich mußte lächeln. Es war das erste Lächeln nach langer Zeit. »Sir, Sie reden, als wären Sie schon einmal dort gewesen.«
»Ja, kurz. Ein guter Bekannter von mir besitzt dort ein Haus. Er ist alleinstehend, hat sich zur Ruhe gesetzt und vermietet ab und zu Zimmer an Bekannte.«
»Dort soll ich wohnen?«
»Sie werden dort wohnen. Ich habe bereits alles in die Wege geleitet, wenn Sie verstehen.«
»Dann müssen Sie aber verflixt sicher sein, daß ich nicht ablehne, Sir.«
Der Superintendent schüttelte den Kopf. »Diesmal ist es ein dienstlicher Befehl.«
»Ja, das kenne ich.« Ich nickte und hob
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