058 - Gänsehaut
versichere euch, sie kommt von selbst wieder, sobald ihre Wut verraucht ist.«
»Gut, dann gucken wir uns jetzt den Rest an.«
Parker, der während der Diskussion aufgestanden war, nahm wieder in seinem Sessel Platz und wartete darauf, dass Lazzerini seine Anweisung erteilte.
Jeff Parker bemühte sich, es den anderen nicht zu zeigen, aber er war nicht sehr zuversichtlich, was die Arbeit an dem Horrorfilm anbetraf. Es hatte eine Menge Schwierigkeiten gegeben, und allmählich kam er zu der Überzeugung, das Projekt stünde unter einem bösen Omen.
Zuerst hatte er die Vorverhandlungen verschieben müssen, weil Dorian Hunter wegen der scheußlichen Ereignisse in der Bertini-Villa in Rom eingetroffen war und er ihn unterstützt hatte. Das war aber noch die geringste Widrigkeit gewesen. Es hatte sich Unangenehmeres abgespielt. Er hatte den Studiodschungel in Cinecitta errichten lassen. Nach der Absage des ersten Regisseurs – sie hatte ihn völlig unerwartet getroffen – war glücklicherweise Giampaolo Lazzerini eingesprungen, ein als fähig bezeichneter Mann, auf dessen Äußeres man nichts geben durfte. Lazzerini sprach der Piccioni die Hauptrolle zu, worüber die Ferrera tagelang wütend war.
Lazzerinis Team, bewährt bei der Herstellung von Italo-Western und Mafia-Krimis, hatte nicht schlecht begonnen. Das Drehbuch präsentierte eine recht simple Story mit dem Echsenmonster, das die Expedition terrorisierte, sich von den halb nackten und nackten Frauen den Kopf verdrehen ließ und schließlich vor Eifersucht über Laura herfiel. Nur die Trickspezialisten von Cinecitta hatten sich als ausgesprochene Stümper erwiesen. Parker hatte über eine Agentur japanische Experten kommen lassen. Hajime Tanaka, erst vierundzwanzig und doch schon unglaublich erfahren, schien mit Rodan, Godzilla und Gorgo gemeinsam aufgewachsen zu sein, jedenfalls bastelte er entsprechend an dem Monster aus Gummi und Plastik herum. Für ihn und seine Mannschaft schien es eine Art Zeremoniell zu sein, Gräuelgestalten aus den verschiedensten Kunststoffen zu modellieren. Die grüne Echse wirkte denn auch wie ein richtiges Lebewesen.
Alles hätte von nun an glatt gehen können, wäre nicht der Zwischenfall von heute gewesen. Laura Piccioni hatte fürchterliche Starallüren; außerdem gab es ständig Ärger wegen ihres Zwistes mit Marina Ferrera, die behauptete, sie habe die Hauptrolle nur gekriegt, weil sie mit Lazzerini ins Bett gestiegen sei. Caterina Schifano wurde von beiden argwöhnisch im Auge behalten, weil sie unter der Protektion Parkers stand.
Der Film war an der Stelle angelangt, an der Jeff ihn zuvor hatte stoppen lassen. Jetzt kam der Höhepunkt der Szene. Parker und die anderen blickten gespannt auf die Leinwand. Jeder hoffte, dass die tanzenden Lichtflecken verschwinden würden. Stattdessen wurde es noch schlimmer.
Auf einmal bewegten sich affenähnliche Wesen über die Szene. Sie gehörten absolut nicht dorthin. Dennoch waren sie da, wuchsen und kaschierten fast völlig alles, was in der Szene sonst vorging. Wie Geister glitten sie hin und her und schnitten dabei fürchterliche Grimassen.
»Himmel!« Diesmal hatte es Giampaolo Lazzerini von seinem Platz gerissen. »Das ist ja eine richtige Doppelbelichtung! Pantani, sausen Sie los und holen Sie mir den Burschen, der das verschuldet hat! Welcher hirnverbrannte Kerl hat da an der Kamera gestanden? Er wird das persönlich verantworten müssen – das schwöre ich!«
Die schemenhaften affengleichen Ungeheuer auf der Leinwand begannen nun eine Reihe von obszönen Bewegungen zu vollführen. Es schien, als lachten sie die Zuschauer aus. Marina Ferrera kicherte angesichts der gemeinen Darstellungen, aber Caterina Schifano wies sie mit leiser, jedoch scharfer Stimme zurecht.
Die Schauerwesen verschwanden nach einer Weile, und man hätte nun wieder die eigentliche Szene verfolgen können. Piero Petrucci atmete auch schon auf – aber zu früh, denn unvermittelt zeichnete sich das graue Antlitz einer unbekannten Frau ab. Ihr Gesicht nahm die ganze Leinwand ein. Der Dschungel, die Expedition und die nackte Laura Piccioni verblassten.
»Ich werde verrückt«, versetzte Lazzerini mit heiserer Stimme. »So was ist mir in meiner ganzen Laufbahn noch nicht passiert. Hölle und Teufel, wer ist das Weib?«
Das Antlitz der Frau war eine Großaufnahme vor dem Panorama des Urwaldes. Ihre Augen hatten einen matten Glanz, ihre Züge waren abstoßend, ihr Mund bewegte sich unablässig und formte
Weitere Kostenlose Bücher