058 - Gänsehaut
geballt, so dass das Weiße an den Knöcheln hervortrat. Laura sah entzückend aus in ihrem weißen Hosenanzug, der die weichen Konturen des Körpers vollendet nachzeichnete. Fast wirkte sie ein bisschen naiv mit ihrem vollen Kirschmund und den großen, braunen Augen; aber es gab niemanden unter den Anwesenden, dem nicht bekannt war, dass sie wie eine Bombe explodieren konnte, wenn ihr etwas gegen den Strich ging.
Neben Laura Piccioni, Giampaolo Lazzerini und Jeff Parker waren fast sämtliche Darsteller – außer den Statisten – sowie maßgebliche Mitglieder des Produktionsstabes zusammengekommen, um sich das Ergebnis der Dreharbeiten der letzten Tage anzusehen. Da war Piero Petrucci, der den Part des Expeditionsleiters im Film übernommen hatte – ein gut aussehender Mann, Inbegriff des modernen Typs eines smarten Italieners. Neben ihm saßen Luigi Guerazzi, ein weiterer Schauspieler, dann kamen Marina Ferrera und Caterina Schifano, die Nebenrollen bekommen hatten. Eigentlich, so wurde gemunkelt, hatte ursprünglich die Ferrera die Hauptrolle spielen sollen; dann hatte Lazzerini aber alles über den Haufen geworfen und umbesetzt. Warum, wusste eigentlich niemand außer ihm. Weiter hinten saßen der Regieassistent Claudio Pantani und das Scriptgirl Bice Valori. Die Gruppe der japanischen Horrorfilm-Trickspezialisten unter der Leitung von Hajime Tanaka hatte sich wie üblich abgesondert und hockte meditierend auf wackligen Holzstühlen in einer Ecke des Raumes. Tanaka hatte eine seiner komischen Zigaretten geraucht; jetzt drückte er sie langsam, wie in Zeitlupe, auf dem Boden aus.
»Das genügt«, teilte Lazzerini dem Mann am Projektor mit. »Sie können wieder abfahren.«
Die Szene lief noch einmal von dem Zeitpunkt an, da die Expedition auf die junge Frau und das Monster gestoßen war.
»Da haben wir's!«, stieß Parker aufgeregt hervor und wies mit dem Finger auf Lauras Gesicht.
Tatsächlich war es nur für ein paar Sekunden deutlich zu erkennen; danach verwischte es und es erschienen weiße und gelbe Flecken, die hektisch auf und ab tanzten.
»Das wird ja immer schlimmer«, sagte Caterina Schifano.
Das genügte, um Laura Piccionis mittlerweile aufgestauten Ärger überkochen zu lassen. Plötzlich stand sie auf und schrie: »Basta! Schluss! Aus! Ich will das nicht mehr sehen! Der Film wird vernichtet, und wir drehen den ganzen Kram noch einmal.«
»Immer langsam!«, entgegnete Jeff Parker. »Ich verstehe ja, dass Sie sauer sind, Laura, aber schließlich gibt es hier noch ein paar Leute, die mitzuentscheiden haben.«
»Wir sollten uns erst mal den Streifen ganz bis zum Ende anschauen«, meinte Lazzerini. »Vielleicht genügt es, die eine Einstellung nachzudrehen. Ich nehme an, die seltsamen Flecken sind auf Lichteinfall zurückzuführen. Wir werden sämtliche Kameras kontrollieren und auch das Filmmaterial einer Untersuchung unterziehen.«
»Es könnte auch beim Entwickeln passiert sein«, gab Pantani, der Regieassistent, zu bedenken.
Parker drehte sich wieder zu Laura Piccioni um. »Wie dem auch sei, wir haben auf jeden Fall keinen Grund, noch mal ganz von vorn zu beginnen. Ich habe zwar eine Million Dollar in Die Blutbestie vom Amazonas investiert, aber würden wir so verfahren, wie Sie sich das vorstellen, müsste ich bald noch eine weitere dazulegen.«
Falls er gedacht hatte, die wütende Schwarzhaarige würde sich auf diese Weise besänftigen lassen, so hatte er sich getäuscht. Wild gestikulierend deutete sie mit einem zitternden Finger auf die Leinwand.
»Ausgerechnet mein Gesicht! Die ganze Zeit über ist nur immer mein Gesicht verunstaltet. Wissen Sie, was ich von der ganzen Sache halte? Jemand hat das absichtlich getan, um mich fertig zu machen.«
»Aber Laura!«, sagte Lazzerini beschwichtigend.
»Aber Laura!« Sie ahmte ihn höhnisch nach. »Verdammt, hier haben sich doch alle gegen mich verschworen! Aber jetzt ist Schluss. Ihr könnt von nun an allein weitermachen.«
Demonstrativ warf sie ihre Handtasche zu Boden – Geldbörse, Brauen- und Lippenstift, Puderdose, Pillendöschen, Zigaretten und Feuerzeug fielen heraus. Laura Piccioni gab noch ein paar ziemlich undamenhafte Bemerkungen von sich, dann drehte sie sich um und lief aus dem Vorführraum. Die Tür krachte hinter ihr ins Schloss.
Claudio Pantani wollte ihr nacheilen, aber Lazzerini hielt ihn am Arm zurück. »Die kühlt schon wieder ab. Ein paar einlenkende Worte würden jetzt bloß Wasser auf ihre Mühlen sein. Ich
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