0580 - Der Fluch der Totengeister
und Drachen. Und dorthin werde ich die Sturmrösser führen. Dort werden sie ihren Platz finden und ihre Ruhe, denn sie sind keine mörderischen Ungeheuer, sie sind ganz anders. Und wenn sie sich erst mal frei entfalten können, ohne jeden Zwang, wer weiß, was dann aus ihnen werden kann…«
Sie wandte sich Sayana zu. »Sag mal, Amazonenkönigin, du wolltest doch einst Khe-She erobern? Kannst du dir vorstellen, daß du das Wolkenschloß ohne Kampf in Besitz nehmen kannst? Warum sollte es jetzt leerstehen und verfallen, wenn es von deinem Volk bewohnt werden kann? Ich denke, du wirst mit den Sturmrössern, die Khe-She ohnehin nicht mehr benötigen, handelseinig werden, und zudem ist Khe-She für euch eine schier uneinnehmbare Festung.«
Sayana lächelte. »Vielleicht«, sagte sie leise. »Ja, vielleicht wird man uns bald dort finden…«
Byanca und Damon sahen sich an.
»Dann laßt uns keine Zeit verlieren, ehe uns die Götter auf die Schliche kommen«, sagte er. »Führen wir die Sturmrösser zum Wunderwald…«
***
Während den Nacht erhob sich Nicole-Byanca von ihrem Lager und folgte dem Tanz des Mondlichtes. Sie konnte nicht schlafen. Immer wieder tauchte vor ihrem inneren Auge Damon auf, und immer mehr bedrängte sie die Frage, wie lange es so weitergehen sollte. Zwei Personen in einem Körper!
Sie wunderte sich, daß selbst Damon die Täuschung nicht durchschaute.
War ihr Körper bei der Übernahme durch Byancas machtvollen Geist wirklich so verändert worden?
Plötzlich flimmerte die Luft vor ihr, und ein Wesen materialisierte aus dem Nichts!
Ein merkwürdiges Wesen…
Auf den kurzen Armen trug es den reglosen Körper eines nackten Mädchens und legte ihn vor Nicole-Byanca zu Boden.
»Das klappt ja prima«, krähte Fooly entzückt.
»Still!« fuhr Nicole ihn an. »Du weckst die Sturmrösser auf mit deinem Geschrei, und wer weiß, wie sie auf dich reagieren, sie kennen dich ja nicht. Und Damon…«
»Ah, du hattest also Erfolg«, stellte der Jungdrache erfreut fest. »Das erleichtert vermutlich eine ganze Menge.«
Jetzt erst begriff Nicole das Ungeheuerliche dieser nächtlichen Begegnung.
»Fooly!« stieß sie hervor. »Wie kommst du hierher? Und - wie bist du an Byancas Leiche geraten?«
»Ich würde gerne sagen, sie sei mir zugelaufen, aber ihr gegenwärtiger Zustand spricht wohl dagegen«, krächzte der Drache. »Für Erklärungen nehmen wir uns später Zeit, ja? Ich nehme doch an, daß du wieder zurück in deine Welt möchtest. Also, jetzt halt mal ein wenig still, und leg dich einfach neben Byanca.«
»Was hast du vor?«
»Ich bat dich, ein wenig still zu halten.«
»Ich will aber wissen, was du vorhast.«
»Na, euch zwei, die Welt und das ganze Universum retten«, erklärte Fooly temperamentvoll und fügte selbstbewußt hinzu: »Wer mich kennt, der weiß, daß das eine meiner leichtesten Übungen ist!«
Nicole-Byanca verzichtete lieber auf einen Kommentar.
Sie hatte immer noch mit ihrer Überraschung zu kämpfen, daß ausgerechnet Fooly hier erschienen war. Eigentlich hatte sie eher mit Zamorra gerechnet, wenn überhaupt mit jemandem…
Aber nun streckte sie sich neben Byanca aus.
Was dann geschah, konnte sie später nicht mehr nachvollziehen. Übergangslos wurde alles schwarz vor ihren Augen…
...und nach einer kurzen Lichtexplosion befand sie sich zusammen mit Fooly wieder in der Mardhin-Grotte, von der aus Merlin sie in die Straße der Götter geschickt hatte.
»Was hast du getan?« stieß sie hervor.
»Dich zurückgeholt«, erwiderte der Jungdrache trocken. »Willst du nicht Zamorra begrüßen? Er ist auch hier. Er ist schon halbtot vor Sorge und Angst. Ich gehe schon mal nach draußen, damit ihr euer Wiedersehen nach Herzenslaune feiern könnt.«
Selbstbewußt watschelte er davon, er versuchte dabei ein Lied zu pfeifen, brachte aber statt dessen nur Feuerwolken hervor.
Nicole tastete nach ihrem Haar.
Es hatte wieder die gewohnte Länge.
Jetzt sah sie auch Zamorra, der langsam auf sie zukam.
»Wie sehe ich aus?« fragte sie.
»Sehr hübsch.« Er grinste. »Du solltest das zu deiner Standardkleidung machen.«
Das hatte sie eigentlich weniger gemeint, sie hatte eher wissen wollen, ob sie Byanca noch ein wenig ähnelte. Sie sah an sich herunter, natürlich war sie nach ihrer Rückkehr aus der Straße der Götter nackt. Aber sie sah ihre Kleidung in greifbarer Nähe liegen.
»Lieber Himmel, du kannst dir kaum vorstellen, wie froh ich bin, dich heil und unversehrt
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