0580 - Ginas Mörderschloß
seinen Eltern klarmachen können, daß in der Schule noch einiges aufzuarbeiten war, zu dem er gebraucht wurde. Also hatten ihn die beiden schweren Herzens ziehen lassen.
Dennis war nicht bis vor die Schule gefahren, sondern eine Haltestelle zuvor ausgestiegen.
Ein herrlicher Frühlingstag empfing ihn. Auf den Höhen des Feldbergs lag noch eine Schneehaube, hier in den Tälern war nichts von einem eisigen Winterwind zu spüren.
Der laue Gruß des Frühlings streifte das Gesicht des Jungen und brachte den Geruch von Blumen mit, die vorwitzig ihre Köpfe über das erste frische Gras hinweggestreckt hatten.
Wenn das Wetter über Ostern hinweg so blieb, würde es ein Bilderbuchfest werden.
Der Morgen war noch nicht weit fortgeschritten, als Dennis Höller sich dem mächtigen Komplex des Internats näherte. Das Gebäude nebst seinem Anbau stand etwas versteckt am Rande eines Hangs, dessen Bewuchs aus Mischwald bestand, und in dem die so herrlichen Schwarzwaldtannen zusammengedrängt dunkle Inseln bildeten.
Krank waren ein Großteil der Bäume. Die verdammte und verschmutzte Umwelt hatte sie angegriffen. Saurer Regen addierte sich zu Tonnen von Dreck, der über die einst so herrlichen Wälder niedergegangen war. Irgendwann würde der Schwarzwald tot sein, es sei denn, die Menschen zeigten Einsicht, doch daran konnte ein Vierzehnjähriger nicht glauben. Die Welt der Erwachsenen war ihm einfach zu verlogen.
In der nächsten Kurve schien der Bus von der Straße verschluckt zu werden. Eine graue Wolke wehte noch über den Asphalt, das war alles. Stille kehrte ein.
Hoch über den Bergen zogen Vögel ihre Bahn innerhalb des azurblauen Himmels. Es war der Karfreitag. Auf den Autobahnen staute sich der Verkehr. Die Schnellstraßen waren zu gewaltigen Parkplätzen geworden. Auf dieser schmalen, kurvenreichen Bundesstraße war davon nichts zu merken. Dennis befand sich als einziger auf dem Weg und betrat den schmalen Pfad, der zum Internat führte.
So schmal war er nicht. Die Jungen hatten ihn nur Pfad genannt.
Bei manchen rutschte, wenn sie sich dem Bau näherten, das Herz in die Hose. Da hatten sie das Gefühl, als würde der Weg immer enger werden und ihnen die Luft aus den Lungen pressen.
Dennis, als guter Schüler, hatte nie so gedacht. An diesem Tag allerdings überkam ihn zum erstenmal der Druck. Das Internat war ihm nicht mehr geheuer. Seine Mauern strahlten etwas ab, das ihm überhaupt nicht paßte. Es konnte ein böses Omen sein, und dem Jungen sträubten sich plötzlich die Nackenhaare.
Er schluckte einige Male, blieb stehen, schaute sich nach einer Gefahrenquelle um, ohne diese jedoch entdecken zu können. Über ein Wiesenstück huschte ein Hase hinweg, bevor er zwischen den gelben Ginsterbüschen Deckung fand.
Deckung brauchte auch Dennis Köhler. Er wollte auf keinen Fall gesehen werden. So leer das Internat von außen auch wirkte, einer hielt sich dort immer auf.
Das war Orth, der Hausmeister!
Ein Mann, den man selten sah, der aber stets präsent war. Wo er sich auf- oder versteckt hielt, war nicht herauszubekommen. Jedenfalls tauchte er immer dann auf, wenn es die Schüler am allerwenigsten von ihm erwarteten.
Die Jüngeren hatten vor ihm Angst. Geschlagen werden durften sie nicht, nur reichte es schon aus, wenn Orth sich mal räusperte oder durch Anheben seiner Hand etwas anzeigte, was eventuell passieren könnte.
Da zogen sich die Jungen lieber zurück.
Die Älteren ignorierten ihn kurzerhand oder machten ihre Witze.
Nur durfte er sie nicht hören.
Dennis befand sich in einem Zwischenstadium. Er konnte sich nicht entscheiden, ob er sich vor Orth, dem Junggesellen, der allein in der Hausmeister-Wohnung lebte, fürchten oder ob er ihn kurzerhand ignorieren sollte.
Auch in den Ferien blieb Orth in der Schule. Er kontrollierte, das war bekannt, und Dennis hatte sich darauf eingestellt. Er wollte auf keinen Fall von Orth entdeckt werden, deshalb schlug er einen Bogen und nutzte die natürliche Deckung des Geländes aus. Hinter dem Gebäude befanden sich die Sportplätze. Platz genug für ein Fußballfeld war ebenso vorhanden, wie für das Rechteck mit den beiden aufgestellten Körben, wo sich die Basketballer austoben konnten.
Ein Tennisplatz befand sich noch im Bau. Die Schüler wollten ihn selbst herstellen.
Dort war schon Erde aufgeworfen worden. Die Massen bildeten Hügel vor einem Schacht, wo einmal das kleine Clubhaus stehen sollte, finanziert durch Spenden der Eltern.
Der Tennisplatz lag
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