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06 - Prophet der Apokalypse

06 - Prophet der Apokalypse

Titel: 06 - Prophet der Apokalypse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael J. Parrish
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um die Götter gnädig zu stimmen für den Fall, dass der »Weiße« am Ende doch von ihnen geschickt worden war, um die Maya zu prüfen. Er legte die Zukunft seines Volkes und der Welt in ihre Hände.
    Mehr konnte ein Sterblicher nicht tun.
    Der Rest war … Schicksal.
    ***
    Nach Tagen gingen die Vorräte zur Neige, ohne dass ein Ende der Wasserwüste in Sicht kam. Sayils Begleiter wurden von Tag zu Tag, von Stunde zu Stunde unruhiger. Sie waren von Ah Ahaual handverlesen worden. Jeder von ihnen hatte sich ohne Zwang bereit erklärt, sein Leben für etwas zu opfern, das den Worten ihres Kaziken zufolge ihr Volk retten würde.
    Und ja, sie waren immer noch bereit, zu dessen Wohl zu sterben.
    Aber hier draußen, von nichts anderem umgeben als Himmel und Wasser, fiel es zunehmend schwerer, dem drohenden Tod durch Verhungern oder Verdursten eine tiefere Bedeutung abzugewinnen.
    »Wir werden elend krepieren, ohne das Ende der Welt zu erreichen!«
    So oder in ähnlicher Weise wurde immer öfter Kritik laut.
    Sayil blieb ein Verfechter ihrer Mission – nach einer Woche aber war er fast der Einzige, der noch bereit war, einen Sinn in ihrer Fahrt zu sehen. Längst hatten sie jede Orientierung verloren, und selbst wenn sie es gewollt hätten, wären sie vermutlich der Küste ihrer Heimat nicht näher gekommen.
    Zudem regnete es seit gestern ununterbrochen. Die ohnehin schon Demoralisierten sahen darin ein Omen: Die Götter fanden an dem Geschenk, das sie ihnen überbringen sollten, keinen Gefallen.
    Als die Vorräte endgültig erschöpft waren, brach wieder die Sonne zwischen den Wolken hervor – und dörrte die Kehlen der Maya, ohnehin schon trocken, noch mehr aus. Selbst in Sayil keimten nun erste Zweifel, die Mission zu einem erfolgreichen Abschluss bringen zu können.
    Warum zeigten sich die Götter nicht? Warum verspotteten sie die Menschen, indem sie den Horizont unendlich ausdehnten, sodass sie nie am Rand der Erde anlangten?
    In seiner Not löste Sayil das Tuch, mit dem die mitten im Boot liegende Stele umwickelt war. Vielleicht mussten die Götter vom Himmel aus nur deutlich sehen können, was ihnen dargebracht werden sollte.
    Doch bis Sonnenuntergang hatten sie sich immer noch nicht gezeigt, und die Abgesandten Ah Ahauals lagen halb bewusstlos in ihrem gut dreißig Meter langen und zweieinhalb Meter breiten Kanu, dessen Heck mit einem Dach aus Palmblättern überdeckt war, und dämmerten allmählich dem Jenseits entgegen.
    Die ganze Nacht über hielt sich Sayil mit leise gemurmelten Bittstellungen an die Hohen Wesen wach. Dabei drehte er die kleine Steineule, die ihm sein Vater auf dem Sterbebett gegeben hatte, in der Linken, als könne sie ihm helfen, zu den Göttern zu sprechen. Und als der Morgen graute …
    »Land!« Sein Schrei zerriss ihm fast die Kehle, so trocken und wund war sie. Dennoch schaffte er es, den Großteil seiner Begleiter aus ihrer Lethargie zu reißen. Mit letzter Kraft nahmen sie Kurs auf mehrere kleine Inseln, die in Sichtweite gekommen waren. Inseln, wohlgemerkt, nicht das Ende der Welt! Konnten sie eine Heimstatt der Götter sein?
    Sayil hoffte inständig, keinem Trugbild zum Opfer zu fallen. Erst dann erlaubte er sich ein Aufatmen, als das Boot auf einem weißen Strand auflief.
    Ungelenk kletterten die, die noch dazu in der Lage waren, hinaus und wateten durch die auslaufenden Wellen zum Ufer. Dort aber verließen die Kräfte auch Sayil. Er brach zusammen, wälzte sich auf den Rücken und sah zum Himmel hinauf.
    Sein Bewusstsein driftete immer wieder in die Ohnmacht ab. Aber irgendwann hörte er Stimmen. Sie klangen vertraut, dennoch verstand er kein Wort, so gelitten hatte sein Hirn unter den Entbehrungen.
    Irgendwann beugte sich jemand über ihn und schüttete Wasser über sein Gesicht.
    Kein Meer-, sondern Süßwasser! Sayil öffnete den Mund und trank gierig. Er verlor die Besinnung, nahm aber die Hoffnung mit, bald wieder zu sich zu kommen und seinen Rettern danken zu können.
    In den wirren Träumen, die nun folgten, sah er sich göttlichen Wesen gegenüber, die ihn für das Geschenk, das er ihnen überbrachte, segneten.
    Aber es waren Ohrfeigen, mit denen er schließlich ins Bewusstsein zurückgeholt wurde.
    ***
    Die Insel schien unbewohnt zu sein. Was kein Wunder war, denn die Götter würden sich kaum den Sterblichen zeigen. Unweit der Stelle, an der ihr Boot angelandet war, befand sich eine Wasserstelle, die einer aus der Mannschaft mit letzter Kraft erreicht hatte. Nachdem

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