0600 - Jenseits des Lebens
können?«
»Sicher. Sie haben’s uns ja erklärt«, sagte Zamorra. »Früher haben nur Sprechanlagen die einzelnen Räume von Château Montagne miteinander verbunden, jetzt gibt es statt dessen ein Videosystem, und das dient nicht nur dazu, daß man sich gegenseitig beim Sprechen sieht, man kann über die Monitore und die kleinen Terminals auch von jedem Raum aus auf den optimierten Rechnerverbund in meinem Arbeitszimmer zugreifen. Und man kann das auch von unseren Autos aus per Funk-Datenübertragung. Und zur Not auch von jedem Notebook, das eine Modem-Karte besitzt… Ja, das habe ich schon verstanden. Nur habe ich nicht verstanden, wofür Nicole das alles haben wollte. Was nützt uns die ganze Datenabrufmöglichkeit, wenn wir uns irgendwo in England mit dämonischen Schlangen herumprügeln? Da dürfte die Zeit fehlen, mal eben das Château anzutelefonieren. Andererseits, wenn wir diese Technik schon haben, dann möchte ich auch, wenn Nicole durch die Boutiquen strolcht, den Kontostand abfragen und das Konto notfalls sperren können…« Er grinste.
»Ich möchte aber auch, wenn Zamorra solche schrecklichen Dinge zusammenfantasiert, gegen sein Schienbein treten«, verriet Nicole. »Und zwar immer auf dieselbe Stelle, das tut schöner weh.«
Hawk hob abwehrend beide Hände. »Ich verabschiede mich jetzt lieber. Sonst muß ich noch in einem Mordprozeß als Zeuge aussagen.«
Nicole strahlte ihn an.
»Sie sollten in diesem Fall zu meinen Gunsten aussagen. Sonst werden Sie das nächste Opfer. Haben Sie bestimmte Wünsche, was die Todesart angeht? Zamorra macht aus seinen diesbezüglichen Ambitionen immer ein Riesengeheimnis…«
Der Computerspezialist erhob sich. Er war plötzlich ernst geworden.
»Darüber mache ich mir grundsätzlich keine Gedanken«, sagte er. »Ich werde so alt wie Zamorras Amulett.«
Und verließ das Zimmer - »Sie werden übrigens feststellen, daß Ihre Computer mit den neuen je 512 Megabyte RAM, die MMX-Chips und die entsprechend optimierte Software wesentlich schneller arbeiten als vorher, was allerdings auch bedeutet, daß sie wesentlich schneller löschen, wenn man auf die falsche Taste hämmert«, verließ Château Montagne - »Auch die Zugriffsgeschwindigkeit auf sämtliche verfügbaren Laufwerke hat sich gegenüber früher verdreifacht«, verließ Frankreich - »Und wenn die neuen Gigabyte-RAM-Chips auf den Markt kommen, werde ich Ihnen ein paar für Ihre Arbeitsspeicher besorgen«, verließ…
Statt dessen tauchte anderer Besuch auf.
Pater Ralph, der Dorf geistliche, der seiner Ähnlichkeit mit dem Hauptdarsteller der Fernsehreihe ›Dornenvögel‹ wegen von den Leuten im Dorf ›Pater Ralph de Bricassart‹ genannt wurde. Er war im Château Montagne ein seltener Gast, für gewöhnlich traf man sich eher in der kleinen Kapelle zum Gottesdienst, oder man ging gemeinsam ›zum Teufel‹ - der besten, weil einzigen Gaststätte des kleinen Dorfes an der südlichen Loire.
Wenn sich Pater Ralph zum Château hinauf bemühte, gab es mit Sicherheit ein Problem.
»Das Problem hat Lis Bernardin«, erklärte der Pater.
»Ist nicht vor ein paar Tagen ihre Großmutter gestorben?« fragte Zamorra. Das Dorf war klein, jeder kannte jeden, und die Beziehungen zwischen Schloß und Dorf waren seit jeher bestens.
Zumindest, seit Zamorra es bewohnte.
Die Vorbesitzer hatten sich weit weniger leutselig gezeigt.
Sie hatten sich vom ›primitiven Bauernpack‹ weitgehend distanziert.
Und Leonardo deMontagne, unter dessen Knute Château Montagne in seiner Urform vor fast einem Jahrtausend erbaut worden war, hatte die Menschen gar zu seinen Sklaven gemacht.
Aber was sie an Zamorra hatten, wußten sie alle nur zu gut.
»Richtig«, sagte Pater Ralph. »Ihr wart ja unterwegs - irgendwo in England, nicht wahr? - und konntet an der Beisetzung nicht teilnehmen.«
»Schlangenjagd«, murmelte Nicole. »Wir haben einen wiedererweckten Dämon postwendend in die Hölle zurückgeschickt und selbige seinen beiden Dienerinnen heiß gemacht.«
Der Geistliche ging nicht weiter darauf ein, sondern fuhr fort:
»Lis war bisher nie das, was ich einen gläubigen Christenmenschen nennen möchte. Erlösung und ein Leben nach dem Tode, das wollte sie nie akzeptieren. Für ihre nihilistische Ansicht ist mit dem Sterben alles vorbei, für immer und ewig. Und ich kann nur versuchen, sie zu überzeugen, sie aber nicht zum Glauben zwingen. Dazu müßte ich die Donar-Eiche in ihr fällen. Doch ich fürchte, ich würde
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