0610 - Totenfee der Templer
dann in einen Kreis hineingeraten, der magisch beeinflußt worden war und aus dem es kein Entrinnen gab. Das konnte natürlich mit dem Vorhandensein des Templer-Schatzes zu tun haben.
Sukos Gedankenkette riß ab, als er den langgezogenen Schatten sah, der sich in seine Richtung bewegte, dabei aber nicht direkt auf ihn zuglitt, sondern an ihm vorbeihuschen würde, wenn er so weiter schwamm.
Er hatte ihn schon einmal gesehen und am Anfang an einen großen Fisch geglaubt. Das war nicht mehr der Fall, er wußte jetzt, wen er vor sich hatte.
Der hintere Teil dunkler, der vordere heller, wobei lange Haare fahnengleich durch das Wasser glitten.
Das war Chris, das war die Nixe!
Ob sie ihn entdeckt hatte, konnte Suko nicht sagen. Jedenfalls nahm er sich vor, der Nixe zu folgen und – wenn möglich – ungesehen. Aus diesem Grunde hatte Suko auch das Licht der Unterwasserleuchte gelöscht und kam sich im ersten Augenblick vor wie in einem riesigen, weiten, dunkelgrünen Tunnel steckend, in dem alles andere verschwamm und Konturen kaum noch erkennbar waren.
Die Nixe bewegte nur ihren Unterkörper. Elegant schwang sie den langen Schwanz und bekam etwas Delphinhaftes. Suko kam sich mit seinen Schwimmbewegungen vor wie jemand, der einen Traktor fuhr, aber einen Jaguar verfolgte.
Daß sie ein Ziel hatte, stand für Suko fest. Sie schwamm keine Kreise, sah nicht so aus, als würde sie etwas suchen, sondern glitt in einem Halbbogen dem Ufer zu, wobei es ihr nichts ausmachte, wenn sie in Strudel oder Wirbel hineingeriet, denn diese durchschwamm sie leicht und locker.
Im Gegensatz zu Suko, trotz seines stromlinienförmigen Neoprenanzugs und auch der Schwimmflossen, mußte er gegen die Unterwasserstrudel stark ankämpfen.
Immer wieder packten sie ihn, zerrten an ihm, wollten ihn zurückreißen, und Suko hatte Schwierigkeiten, an der Nixe dranzubleiben.
Seine Umwelt hatte er vergessen, er sah nur noch das Ziel, den langen Schatten, der geschmeidig durch das Wasser glitt und über kleine braune Buckel hinwegschwamm, die als Stein aus dem Grund ragten.
Angst verspürte er nicht, wohl aber eine gewisse Erwartung, eine gespannte Haltung, denn die Nixe würde nicht zum Spaß ihre Runden drehen, die hatte ein Ziel vor Augen.
Seine Umgebung hatte sich nicht aufgehellt. Sie blieb in einem diffusen, grünen Dunkel, aus dem sich allerdings weit vor Suko etwas hervorschälte, das aussah wie eine Mauer oder eine ins Wasser gesetzte Barriere, was möglicherweise das Ufer sein konnte.
Plötzlich wirbelte die Nixe herum.
Suko, der seine Richtung nicht geändert hatte, war zu erstaunt, um ebenso schnell handeln zu können. Chris Tanner lag nun auf dem Rücken. Sie hatte ihren Kopf leicht erhoben, als wollte sie zu ihrem Verfolger zurückschauen.
In der dunkleren Umgebung wirkte ihr Gesicht heller. Es kam Suko so vor, als wäre es von einer dünnen Glasplatte bedeckt worden, die ihre Züge optisch verzerrte.
Dann war sie weg!
Suko hatte noch gesehen, daß ein Ruck durch ihre Gestalt ging; im nächsten Augenblick war von der Nixe nichts mehr zu sehen.
Der Inspektor wollte nicht aufgeben, er mußte zumindest wissen, welchen Weg sie genommen hatte und ob sie ihm aus bestimmten Gründen entwischen wollte.
Er nahm die Verfolgung auf.
Zwei, drei Schwimmstöße brachten ihn dorthin, wo auch Chris Tanner verschwunden war. Suko hatte den Ort kaum erreicht, als er ebenfalls in den Strudel hineingeriet.
Diese Kraft war mörderisch!
Bevor er sich versah, hatte sie an ihm gezerrt. Sie packte ihn zuerst am Kopf, zerrte an ihm. Sosehr sich Suko auch anstrengte und dagegen anschwamm, er konnte diesem mörderischen Sog nichts entgegenstellen. Der riß ihn fort.
Der Inspektor war zu einem Spielball der Unterwasserkräfte geworden. Etwas zerrte brutal hart an seinen Armen.
Die Kraft riß ihn weiter, und Suko, der hinter seiner Taucherbrille die Augen weit geöffnet hatte, erkannte mit Schrecken, daß sich die breite, dunkle Wand immer stärker, deutlicher und auch mächtiger hervorschälte.
Er erinnerte sich an den Schlag mit der Flosse. Dieser Treffer war im Vergleich zu dem, was ihm bevorstand, harmlos gewesen. Wenn er Pech hatte, prallte er gegen die rauhe Wand und würde sich irgend etwas brechen.
Suko versuchte, dem starken Sog zu entwischen. Er wollte sich aufbäumen, er wollte unten aus dem Strom hervor- und wegtauchen, aber die andere Kraft ließ ihn einfach nicht los.
Plötzlich befand sich die Felswand dicht vor ihm. Viel früher, als
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