0616 - Duell der Vampire
also doch eifersüchtig«, stellte Nicole leise fest. »Ich dachte immer, Eifersucht hätten wir beide nicht nötig. Du weißt, daß ich nur dich liebe. Ich vertraue dir. Vertraust du mir nicht mehr?«
»Nicht, wenn es dabei um Tan Morano geht«, erwiderte Zamorra schroff.
Sie sah ihn sekundenlang an. Dann lächelte sie.
»Er steht nicht zwischen uns«, sagte sie entschieden.
Sie wandte sich um. Tendyke kam gerade wieder von der Terrasse herein. »Die Spuren sind noch einigermaßen frisch. Ich bin sicher, sie haben Gryf hier entlang weggeschleppt. Wir sollten schleunigst hinterher.«
»Was ist mit der Polizei? Sollten wir nicht darauf warten? Sie muß jeden Moment eintreffen«, sagte Zamorra.
»Wir sind keine Tatzeugen«, erwiderte Nicole. Sie raffte Gryfs Kleidung zu einem Bündel zusammen und drückte es Zamorra in die Hand. »Da! Versucht ihn zu finden und ihm zu helfen. Ich bleibe hier und versuche zu erklären.«
»Und was willst du erklären? Daß wir hier Spuren beseitigen?«
»O nein«, seufzte Nicole. »Bist du immer noch auf einem verqueren Trip? Keine Sorge, ich werde schon nichts Falsches erzählen. Ich schicke die Jungs sogar als Verstärkung hinter euch her, okay? Sofern sie mir die Story abkaufen… nun macht schon. Für Gryf geht es vielleicht um Sekunden.«
Tendyke nickte dazu.
»Komm schon, Zamorra«, verlangte er. »Wenn es Ärger geben sollte, hat meine Firma eine erstklassige Rechtsabteilung.«
Da endlich folgte Zamorra ihm.
Und den Spuren im Sand.
***
Gryf öffnete die Augen.
Über sich sah er die bösartig grinsende Fratze eines Vampirs. Der bleckte die Zähne.
Gryf erkannte ihn sofort.
Sarkana!
»Du steckst also dahinter«, murmelte er. »Fahr zur Hölle, du altes Ungeheuer!«
»Oh«, grinste Sarkana. »Ich glaube, da unterliegst du einer kleinen Verwechslung, mein Freund. Du bist es, der zur Hölle fährt. Erinnerst du dich an Yolin?« [7]
Gryf überlegte. »Du hattest Zamorra und mir eine Falle gestellt. Dieses kleine Dorf, die große Kirche… liegt aber schon einige Zeit zurück, wie?«
»Zwei Jahre«, sagte Sarkana.
»Kann sein«, murmelte Gryf. Er überlegte, was er tun konnte. Er war auf Para-Ebene immer noch taub. Außerdem schien er verletzt worden zu sein; er spürte Kratzwunden auf seiner Haut. Als er den Kopf hob, erschrak er.
Er sah die Symbole auf seinem Körper. Blutige Symbole, in die Haut geritzt.
Sie raubten ihm seine Magie!
»Du bist schlimmer als der Satan selbst«, murmelte Gryf. Eine solche Perfidie hatte er noch nie erlebt.
»Erinnerst du dich an Yolin?« fragte Sarkana.
Gryf schüttelte langsam den Kopf. Er fand es absurd, sich mit diesem Vampir zu unterhalten.
»Sie war meine Tochter«, sagte jener. »Du trägst die Schuld an ihrem Tod.«
»Yolin? Sie war auch eine Vampirin?«
»Natürlich!« brüllte Sarkana ihn an. »In Llanrhyddlad hast du sie ermordet!«
Gryf schloß die Augen.
»In Llanrhyddlad sind viele Vampire gestorben«, sagte er. »Ich habe mich gewehrt.«
»Aber sie war meine Tochter!« tobte Sarkana. »Und dafür wirst du sterben!«
Seltsamerweise verspürte Gryf den Drang, zu lachen. Dafür? Wenn's nicht mehr war…?
Er hatte schon so viele Vampire von ihrem untoten Dasein erlöst, daß es geradezu lächerlich war, wegen eines einzigen an ihm Rache zu nehmen. Auch wenn Sarkana in diesem Fall ganz besonders intensiv in die Sache verstrickt war. Trotzdem… es war einfach lächerlich.
Aber Gryf lachte nicht.
»Du bist ein Narr, Sarkana«, sagte er. »Glaubst du im Ernst, es würde etwas ändern? Ob du mich ermordest oder nicht, es ändert nichts. Deine Tochter wird sich nie wieder aus dem Staub zurückformen, zu dem sie zerfallen ist. Aber dich wird man mehr jagen denn je zuvor. So wie deine Tochter einen Vater hatte, habe ich viele Freunde. Du kannst mich ermorden, Sarkana. Aber danach wirst du selbst nicht mehr lange existieren.«
»Zamorra, pah!« zischte der Vampir. »Du glaubst, er könnte dich rächen?«
»Nicht nur er. Sie werden alle hinter dir her sein. Ich habe viele Freunde. Sogar dort, wo du es nicht vermutest.«
»Was willst du damit sagen?« knurrte der Vampir.
»Finde es selbst heraus«, sagte Gryf.
»Ich werde dich zwingen, es mir zu sagen.« Sarkana beugte sich über seinen Gefangenen. Seine Zähne blitzten auf. »Wenn du meinen Keim in dir trägst, wirst du mir bedingungslos gehorchen. Ah«, lachte er wild auf. »Das ist eine hervorragende Idee. Dann brauche ich dich nicht einmal selbst zu töten.
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