0618 - Doktor Wahnsinn
unbedingt an«, meinte Uschi.
»Aber auf das Talent. Telepathen wachsen nicht auf Bäumen.«
»Zumindest damit könntest du recht haben.« Die Zwillinge wechselten einen schnellen Blick.
»Ablenkung durch Melodien und Liedtexte«, überlegte Zamorra. »Nicht schlecht. Wenn es sich um gängige Lieder handelt, bedarf es nicht mal sehr starker Konzentration. Denn nichts prägt sich besser ein als ein Lied und kann einfacher nebenher durch den Kopf spuken, während man über etwas nachdenkt…«
»Es ist verblüffend, daß der Grauhaarige sogar uns damit auflaufen lassen konnte«, sagte Uschi. »Vielleicht hätten wir es sogar geschafft, ihn zu knacken, aber jedes Mal, wenn wir gerade haarscharf davor waren, wurden wir irgendwie abgelenkt. Notfalls durch den Grauhaarigen selbst. Der muß gemerkt haben, daß wir ihm ein paar Mal fast durchs Hintertürchen in die kalte Küche gekommen wären.«
»Jedenfalls haben wir eine Menge erfahren«, sagte Tendyke. »Nur als alte Freunde aufzutreten, wie du es ursprünglich vorhattest, Zamorra, hätte nichts gebracht. Sie hätten uns einfach fortgeschickt. So aber, noch dazu in Begleitung von Telepathinnen… das muß einfach wirken.«
»Der Grauhaarige ist ein Fuchs«, murmelte Zamorra. »Ich traue ihm nicht. Und er uns auch nicht. Der hat etwas vor.«
Tendyke lächelte. »Wir werden schneller sein als er. Und wenn wir erst mal fertig sind und wieder verschwinden, wird er sich überlegen, etwas zu unternehmen.«
»Dein Wort in Merlins Gehörknorpel«, brummte Zamorra. »Jetzt sollten wir uns aber erst mal mit Diaz und Thompson beschäftigen.«
Wenig später waren sie unterwegs zu den Wohnungen der beiden Männer.
***
Dr. Ron Thompson fragte sich, was nun aus dem Projekt wurde. Ehe er die Klinik verließ, um sich zu Hause ein wenig zu erholen, hatte er gehört, daß noch weitere Spezialisten eingetroffen seien, um den eigenartigen Vorfall zu untersuchen.
Er gönnte es Diaz, daß der jetzt im Mittelpunkt der Ermittlungen zu stehen schien. Er selbst, Thompson, war ja nur eine Randfigur des Geschehens.
Und er sah kaum eine Chance, Galworthys Projekt jetzt noch fortzusetzen. Während der letzten Jahre hatte es immer die Hoffnung gegeben, Galworthy wieder auf die Beine und in sein Labor zu bekommen. Oder sein Gehirn konservieren zu können.
Aber jetzt, da der Leichnam verschwunden war…
Irgendwie war der Verdacht irrwitzig, der Thompson plötzlich durch den Kopf schoß: Was, wenn Diaz selbst den Leichnam entfernt hatte? Vielleicht, noch ehe er überhaupt im Kühlraum eingelagert werden konnte? Dann hatte er einen Mord begangen, um ein rätselhaftes Verbrechen vorzütäuschen?
Aber das traute er Diaz doch nicht zu. Der Mann dachte für so etwas nicht krumm genug, und er hätte für eine solche Aktion bestimmt auch mehr Vorbereitungszeit gebraucht.
Thompson ging ins Bad, ließ Wasser in die Wanne ein. Sich total entspannen, ausruhen, an nichts mehr denken! Wenigstens für eine Stunde oder etwas länger. Danach in eine kleine Bar, sich etwas amüsieren und später ausschlafen! Morgen begann dann wieder der alte Trott in der Klinik.
Plötzlich glaubte er neben dem Rauschen des Wassers noch ein anderes Geräusch zu hören. Er wandte sich um.
Ein riesiger Insektenkopf starrte ihn an.
Thompson bekam nicht einmal mehr Zeit für einen Schrei.
Etwas traf seinen Kopf und ließ ihn in tiefster Dunkelheit versinken.
Als er irgendwann wieder erwachte, befand er sich gefesselt in einer gläsernen Röhre…
***
»Unser guter Doktor Ramon Diaz scheint sich außer Haus zu vergnügen«, sagte Nicole, als auch auf mehrfaches Klingeln niemand öffnete.
»Oder er hat einen extrem gesunden Schlaf«, erwiderte Zamorra. »Immerhin steht ein Auto vor der Garagentür.« Ein Oldsmobile Cutlass mit aufwendiger Sonderlackierung und allerlei teurem Zubehör. Offensichtlich verdiente man als medizinischer Leiter einer NSA-Spezialklinik recht gut. Der Bungalow wirkte auch nicht gerade wie ein Sonderangebot aus dem Katalog.
Zamorra ging um den Bungalow herum. »Nici«, rief er.
Sie folgte ihm zur Rückseite. Zamorra stand auf einer Terrasse vor einer offenen Wohnzimmertür. Jetzt trat er vorsichtig ein.
»Hallo! Niemand zu Hause?«
»Niemand«, sagte Nicole hinter ihm. »Ich glaube, wir werden Diaz hier nicht finden. Schau dir das an.«
Sie deutete auf die Verriegelung der Terrassentür. Sie war beschädigt. »Diaz hatte heute schon Besuch.«
»Ein Fleck auf dem Teppich… mehrere
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