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063 - Die Todesengel

063 - Die Todesengel

Titel: 063 - Die Todesengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Wolf
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durchaus rüstig und machten einen gepflegten Eindruck. Sie trugen bodenlange Kleider, die aus dem vorigen Jahrhundert zu stammen schienen. Ihre Haltung war die von vornehmen Damen, die durch einen Schloßpark flanierten – ihr Benehmen dagegen war das von pubertären Teenagern. Sie kicherten und tuschelten und warfen ihm Blicke zu, als sei er Richard Burton, den sie sich nicht um ein Autogramm zu bitten trauten.
    Als sie ihn schließlich erreicht hatten, machte jede von ihnen einen artigen Knicks.
    „Ich bin Schwester Mercy“, stellte sich die eine vor.
    „Ich bin Schwester Hercy“, sagte die andere.
    Und dann sagten sie beide: „Wir begrüßen Sie herzlich in der Kolonie O’Hara und hoffen, daß Sie sich hier wohl fühlen werden, Mr. Hunter.“
    „Sie kennen meinen Namen?“ wunderte sich Dorian.
    „Dr. Deming hat uns gesagt, wie Sie heißen“, sagte Schwester Mercy.
    „Und er hat uns gebeten, daß wir uns ein wenig um Sie kümmern, damit Sie sich besser akklimatisieren können“, sagte Schwester Hercy.
    „Wir sind schon beinahe so etwas wie eine eigene Institution in der O’Hara-Kolonie, müssen Sie wissen, Mr. Hunter“, fuhr Schwester Mercy fort. „Meine Schwester und ich haben es uns zur Aufgabe gemacht, die Neuankömmlinge zu betreuen und ihnen die Eingewöhnung zu erleichtern. Wenn man wo fremd ist, dann tut man sich anfangs immer schwer. Darum wenden Sie sich nur vertrauensvoll an uns, wenn Sie irgendwelche Wünsche haben.“
    „Wir bewohnen Bungalow sieben und acht“, ergänzte Schwester Hercy und, ihrer Schwester einen spitzbübischen Blick zuwerfend, fügte sie kichernd hinzu: „Wir haben die Verbindungstür herausgenommen, so daß wir eine einzige große Wohnung mit einem eigenen Empfangssalon haben.“ „Haben Sie etwas auf dem Herzen, Mr. Hunter?“ fragte Schwester Mercy.
    „Das ist sehr liebenswürdig“, sagte Dorian, den die überschäumende Herzlichkeit der Schwestern irritierte. „Aber im Augenblick bin ich wunschlos glücklich.“
    „Würden Sie uns dann die Ehre geben und wenigstens eine Einladung zu einem bescheidenen Teekränzchen annehmen?“ fragte Schwester Hercy. „Sie können dabei die anderen Mitglieder unserer Kolonie kennenlernen. Dr. Deming und sein Assistent werden ebenfalls kommen.“
    „Ich komme gern“, versicherte Dorian, obwohl er nur wenig Lust verspürte, an dem Teekränzchen teilzunehmen, aber er konnte den Schwestern diesen Wunsch nur schlecht abschlagen.
    „Wir erwarten Sie dann um sieben zum Fünfuhrtee“, sagte Schwester Mercy. „Seien Sie bitte pünktlich, Mr. Hunter!“
    Sie winkten ihm nochmals zu und entfernten sich dann wieder in die Richtung, aus der sie gekommen waren.
    Dorian hörte eine von Ihnen noch sagen: „Ein netter junger Mann, findest du nicht auch, Schwester?“
    „Ja, wirklich ein sehr, sehr netter junger Mann.“
     

     
    Deborah Ashton hatte sich geschworen, nicht zu dem Teekränzchen zu gehen. Sie hielt das Gerede der Verrückten, das irre Getue und Gehabe und das Hochspielen von Banalitäten, als handle es sich um existenzwichtige Probleme, einfach nicht aus. Zwar war diesmal diese aufdringliche und ordinäre Person Kitty Lorraine nicht dabei, und auch dieser Sexualverbrecher Daniel Dean war angeblich in eine Gummizelle gesteckt worden. Aber die anderen genügten Deborah auch, um ihre ohnehin angespannten Nerven über Gebühr zu strapazieren. Wenn sie noch länger hierblieb, würde sie bald selbst verrückt werden. Dabei war sie durch und durch normal. Vielleicht etwas zu ängstlich, ja, das gewiß. Sie hatte schwache Nerven und neigte leicht zur Hysterie. Aber das wußte sie selbst, und es war noch lange kein Grund, ins Irrenhaus zu kommen.
    Deborah beobachtete den Zeiger der Uhr. Als es sieben war, meldete sich die Stimme der Pflegerin über die Gegensprechanlage: „Es wird Zeit, Miß Ashton, daß Sie zur therapeutischen Sitzung aufbrechen. Sonst kommen Sie noch zu spät.“
    „Ich gehe nicht hin“, sagte Deborah.
    „Es steht Ihnen natürlich frei, die Verabredung einzuhalten oder nicht, aber ich würde Ihnen doch raten …“
    „Ich habe gesagt, daß ich nicht hingehe“, schrie Deborah in Richtung der Gegensprechanlage.
    „Wie Sie meinen“, kam es aus dem Lautsprecher.
    Nach einer Weile meldete sich die Pflegerin wieder. „Es schadet nicht sehr, wenn Sie heute zu Hause bleiben. Dr. Deming ist ebenfalls durch Dr. Hillary vertreten, so daß es wohl kaum mehr als zu einem geselligen Beisammensein kommt.

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