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063 - Die Todesengel

063 - Die Todesengel

Titel: 063 - Die Todesengel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Wolf
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Couch. Er schien sein Opfer gefunden zu haben. Mit schnellen Schritten ging er auf die Couch zu.
    Da konnte Deborah nicht mehr länger an sich halten. Der Schrei, der sich ihrer Kehle entrang, war zugleich Erlösung von den aufgestauten Emotionen.
    Und im selben Moment ging das Licht an.
    Der Todesengel wirbelte herum und verschwand im Flur.
    Deborah kämpfte sich nun unter der Couch hervor und rannte aus dem Bungalow.
     

     

Dorian hatte während des Beisammenseins so nach und nach die Eigenheiten jedes einzelnen Patienten kennengelernt.
    Da war John Storm, dessen Verfolgungswahn ihn sogar dazu trieb, den Finger in den Tee zu stecken und mißtrauisch abzulecken, bevor er zu trinken begann – wobei hinter seiner gerunzelten Stirn wohl immer noch der leise Verdacht schwelte, der Tee könnte vergiftet sein.
    Dorian war der freigewordene Platz von Kitty Lorraine zugewiesen worden, die sich nach Aussage von Schwester Mercy drüben befand, so daß er neben Schwester Hercy zu sitzen kam. Der Platz links von ihm blieb leer. Er gehörte einer Frau mit Namen Deborah Ashton, die sich aber mit Migräne hatte entschuldigen lassen. Neben dem freien Sessel saß Gene Hallowell, der Gärtner, der Dorian angenehm auffiel, weil er kaum ein Wort sprach. Von den beiden Plätzen am Kopfende des Tisches war nur einer besetzt, und zwar der von Dr. Ernest Hillary, der Dr. Demings Fernbleiben mit „dringenden Arbeiten“ begründete. Deshalb wollte man heute von einer Gruppentherapie Abstand nehmen und sich auf ein „gemütliches Beisammensein“ beschränken.
    Davon konnte allerdings keine Rede sein, fand Dorian.
    Ihm gegenüber standen vier Sessel, doch nur drei davon waren besetzt. Der Sessel links von Dr. Hillary blieb ebenfalls leer.
    „Armer Danny Dean!“ wußte Schwester Mercy dazu zu sagen. „Diese Kitty hatte ihn so verrückt gemacht, daß er einen seiner Anfälle bekam – was schon viele Wochen nicht mehr passierte. Jetzt muß er sich drüben beruhigen.“
    Den weiteren Bemerkungen über Danny Dean entnahm Dorian, daß es sich bei ihm um einen Sittlichkeitsverbrecher handelte.
    Neben Deans leerem Sessel saß Owen Grovers, ein Mann mit schlohweißem Haar und einem von unzähligen Runzeln zerfurchten Gesicht, dem der Alkohol zum Verhängnis geworden war. Ein „uralter“ Mann von zweiundvierzig Jahren. Zu seiner Linken saß Betty Drawson, eine Manisch-Depressive, die mit solcher Inbrunst vom Tod schwärmen konnte wie andere Frauen in ihrem Alter über Kosmetika, Mode und das Königshaus. Ja, und ihr zur Seite befand sich John Storm, Dorians Wohnnachbar, der ihn für einen Mörder zu halten schien, der ihm nach dem Leben trachtete. Andeutungen, die sich so auslegen ließen.
    Schwester Mercy hatte Tee serviert. Dabei war von Betty Drawson das Streitgespräch entfacht worden, ob nun zuerst Tee oder Milch in die Tasse gehörte. Man war, dank Dr. Hillarys Intervention, zu dem Entschluß gekommen, daß jeder nach eigenem Gutdünken verfahren sollte. Was von allen, außer Betty Drawson, mit Genugtuung aufgenommen worden war. Betty Drawson wollte lieber sterben, als beim Zerfall der englischen Kultur mithelfen.
    Schwester Hercy befand sich gerade in der Küche, als die Tür aufgerissen wurde und eine junge, hübsche Frau hereinstürzte.
    „Dr. Deming! Dr. Deming!“ rief sie und fiel Dr. Hillary um den Hals, der ihr einen Schritt entgegengekommen war.
    Sie starrte den Assistenten aus schreckgeweiteten Augen an, schien erst dann zu erkennen, an wen sie sich geklammert hatte, und stieß ihn von sich.
    „Ich muß Dr. Deming sprechen“, keuchte sie. „Wo ist er?“
    „Beruhigen Sie sich wieder, Miß Ashton!“ redete ihr Dr. Hillary zu. „Setzen Sie sich! Trinken Sie einen Schluck Tee, und dann erzählen Sie, was passiert ist!“
    Die Frau, bei der es sich um Deborah Ashton handeln mußte, schüttelte den Kopf, daß ihre langen Haare durcheinanderwirbelten.
    „Ich kann nicht …“
    Plötzlich hielt sie inne und fragte: „ Wieso wissen Sie, daß etwas vorgefallen ist?“ „Das ist nicht schwer zu erraten. Ich brauche Sie doch nur anzusehen. Was ist also geschehen?“ „Man wollte – mich umbringen“, stammelte Deborah Ashton.
    „Was?“
    Plötzlich redete alles durcheinander. John Storm war aufgesprungen, und Betty Drawson hatte die Augen geschlossen. Auf ihrem Gesicht lag ein sehnsüchtiger Ausdruck.
    „Erzählen Sie der Reihe nach, Miß Ashton!“ sagte Dr. Hillary sanft und wollte sie auf einen Sessel niederdrücken.

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