063 - Die Todesengel
Schwierigkeiten erzählen?“
„Welchen Schwierigkeiten?“ fragte Dorian argwöhnisch.
„Nun …“ Dr. Deming blickte auf seine Unterlagen. „Die Schwierigkeiten, die Sie mit den Dämonen haben. Stimmt es, daß der Fürst der Finsternis Ihnen nach dem Leben trachtet? Mißverstehen Sie mich nicht, Mr. Hunter, wenn ich Sie nach solchen Dingen frage, aber hier steht es schwarz auf weiß. Es muß furchtbar sein, in der ständigen Angst zu leben, von Gespenstern traktiert, von Vampiren zur Ader gelassen und von Werwölfen zerrissen zu werden.“
„Das steht in den Unterlagen?“ fragte Dorian ungläubig.
Dr. Deming nickte. „Mir können Sie sich ruhig anvertrauen. Ich bin Ihr Freund, Ihre Klagemauer - ihr Schutzengel.“
„Kein Wunder, daß Sie mich für verrückt halten“, meinte Dorian seufzend. „Der O.I., dieser Halunke, hat mich hereingelegt.“
„Wie bitte?“
Dorian winkte ab. Er war nur unter der Voraussetzung in die O’Hara-Stiftung gegangen, daß der Direktor und die Ärzte genau wußten, daß er völlig gesund war. Der Observator Inquisitor hätte das arrangieren sollen. Doch statt dessen hatte er ihnen die volle Wahrheit über die Dämonen und die Schwarze Familie erzählt. Kein Wunder also, daß ihn Dr. Deming für verrückt hielt. Wer glaubte heutzutage schon an Vampire und Werwölfe, an Hexen und Teufel? Dorian konnte sich auch vorstellen, warum ihn der Observator Inquisitor in diese Lage gebracht hatte. Bestimmt befürchtete er, daß Dorian zu früh und auf eigene Faust das Sanatorium verlassen könnte, um auf Dämonenjagd zu gehen. Wenn er dagegen als geistesgestört galt, würden die Pfleger ein wachsames Auge auf ihn haben und ihm keine Möglichkeit zur Flucht geben. Aber da machte er nicht mit.
„Unter diesen Voraussetzungen bleibe ich nicht hier“, entschied Dorian und erhob sich zum zweiten Mal.
„Aber, Mr. Hunter, so nehmen Sie doch Vernunft an!“ beschwor ihn Dr. Deming. „Wir wollen doch nur das Beste für sie. Wir wollen Ihnen helfen.“
Dorian hatte die Tür schon erreicht. Als er sie öffnete, standen zwei Männer in weißer Anstaltskleidung vor ihm. Der Figur nach zu schließen, konnten sie eher Rausschmeißer oder Schlächter sein als Krankenpfleger.
Da sich Dorian keine Chance gegen die beiden ausrechnete, fügte er sich in sein Schicksal.
„Na, sehen Sie, Mr. Hunter“, lobte Dr. Deming. „Jetzt zeigen Ihnen diese freundlichen Herren erst einmal Ihre Unterkunft, und dann lernen Sie die anderen Patienten kennen. Sie werden sehen, bei uns fühlen Sie sich bald wie zu Hause.“
Dr. Deming sah seinem neuen Patienten stirnrunzelnd nach, als er von den beiden Pflegern in die Mitte genommen und zum Ausgang geführt wurde. Ob ihm da nicht irgend jemand ein Kuckucksei ins Nest legen wollte? Die Sache gefiel ihm ganz und gar nicht.
Wenn er es sich recht überlegte, war es hier gar nicht einmal so übel. Nachdem ihn die Pfleger in seinen Bungalow gebracht hatten, überließen sie ihm eine Hausordnung, die er durchlesen sollte, und baten ihn, seinen Bungalow bis auf weiteres nicht zu verlassen. Doch als sie gingen, schlossen sie hinter sich nicht einmal ab. Im ersten Moment wunderte sich Dorian darüber, doch dann sah er in einer Ecke des Wohnzimmers die Fernsehkamera, die durch eine Glaskugel – wahrscheinlich Panzerglas – geschützt wurde. Das behagte ihm weniger, doch die Hausordnung stimmte ihn wieder versöhnlicher. Eines mußte man Dr. Deming lassen – er ging gänzlich neue Wege in der Behandlung von Geisteskranken.
Die Patienten durften sich zwischen sechs Uhr morgens und zweiundzwanzig Uhr auf dem Gelände von Dr. Demings Abteilung frei bewegen. Es war nicht einmal eine bestimmte Zeit für die Mittagsruhe vorgeschrieben. Man konnte sich die Essenszeit selbst aussuchen, durfte das Essen auf dem Zimmer oder im Speisesaal einnehmen und konnte auch die anderen Patienten jederzeit besuchen. Dorian kannte die O’Hara-Stiftung, weil er seine Frau öfter hier besucht hatte, aber Dr. Demings Abteilung war ihm nicht bekannt.
Er überflog die anderen Punkte der Hausordnung, dann machte er in seiner Unterkunft Inventur.
Das Wohnzimmer war etwa dreißig Quadratmeter groß. Es war alles vorhanden, vom Farbfernseher bis hin zur Bar. Allerdings vermißte Dorian harte Getränke.
Zu seiner Erleichterung stellte er fest, daß das Schlafzimmer nicht von einer Fernsehkamera überwacht wurde. Auch im Badezimmer gab es keinen Spion. Die nächste Tür führte in eine Toilette
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