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0630 - Minotaurus aus der Hölle

0630 - Minotaurus aus der Hölle

Titel: 0630 - Minotaurus aus der Hölle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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das virtuelle Labyrinth einzurichten. Die Opfer mußten es auch betreten.
    Was sie keineswegs freiwillig tun würden.
    Er mußte ihnen die Falle gewissermaßen direkt vor die Tür stellen.
    Daß sie hineintappen mußten, daß sie überhaupt nicht daran vorbei konnten.
    Mit wem sollte er anfangen?
    Robert Tendyke oder Professor Zamorra?
    Beide standen sowohl auf seiner Todesliste wie auch auf der der Fürstin der Finsternis. Im Grunde war es egal, mit wem von beiden er anfing. Auch der Aufenthaltsort der Gegner spielte keine Rolle. Vom virtuellen Raum, den Calderone hier in den Höllen-Tiefen geschaffen hatte, war alles gleich weit entfernt oder auch gleich nah, je nachdem, wie man es sehen wollte.
    Grinsend benutzte Calderone einen Abzählreim. Er hätte auch eine Münze werfen können; es spielte keine Rolle. Seine Wahl traf Professor Zamorra.
    »Na dann«, murmelte er. »Waidmannsheil.«
    Er machte sich daran, das Labyrinth entsprechend zu versetzen.
    Für ihn und Stygla änderte sich dabei nichts. Sie wechselten weder Position noch Standort. Auch das Labyrinth blieb, wo es sich befand.
    Und doch wurde etwas anders.
    Der Zugang zum Labyrinth suchte nach einer anderen Mündung in die reale Welt.
    Und er fand Kontakt.
    Dort war jetzt auch Calderone.
    Magie begann zu strömen und wirkte.
    ***
    Stygia fühlte die Veränderung, ohne daß sie erkennen konnte, worin sie bestand. Es ärgerte sie, keine vollständige Kontrolle über den Vorgang zu haben.
    Sie war nicht sicher, ob es gut war, Calderone agieren zu lassen. Was, wenn er sie doch betrog? Wenn er diese Falle in Wirklichkeit nur benutzte, um Stygia zu schwächen oder gar selbst damit zu vernichten? Sie traute ihm Machtstreben zu. Er wäre kein Mensch, wenn er nicht machtsüchtig wäre.
    Sie mußte aufpassen, daß er nichts unternahm, was ihr schaden konnte.
    Diese irreale Welt, die in Wirklichkeit gar nicht existierte, ging über ihr Begriffsvermögen. Sie verstand zwar, daß es diesen Cyberspace gab, und schon einmal war es ihnen gemeinsam gelungen, Zamorra und Tendyke in eine virtuelle Realität, in ein Computerspiel hineinzulocken. Aber was Calderone jetzt geschaffen hatte, begriff sie nicht mehr.
    Es war ein Cyberspace außerhalb des Computers.
    Das war jetzt allerdings zweitrangigin ein Labyrinth gehörte ein Ungeheuer.
    Das schuf sie jetzt mit der Kraft ihrer Magie. Sie wunderte sich, wie stark sie inzwischen wieder geworden war. Die Niederlagen, die sie in letzter Zeit hatte hinnehmen müssen, hatten ihre Magie stärker werden lassen, nachdem sie sich erholt hatte.
    Zamorra mußte sterben! Er und seine Gefährtin.
    Immer noch konnte Stygia ihre Schwingen nicht gebrauchen. Die Menschen hatten darauf geschossen, mit diesen entsetzlichen Strahlwaffen, die Feuerblitze ausspien. Nicht nur, daß sie Stygla das 6. Amulett und den Ju-Ju-Stab wieder entrissen hatten, sie hatten sie auch noch schwer verletzt. Eine der Schwingen war fast völlig verbrannt worden. Sobald die Dämonin ihre Flügel aus dem Rücken hervorwachsen ließ, fühlte sie den Schmerz. Die Brandwunden heilten nur langsam. Das Feuer hatte sie regelrecht verätzt. Es dauerte lange, bis die Körpersubstanz sich regenerierte. Bis dahin konnte Stygia ihre Flügel nicht einsetzen.
    Dafür haßte sie Zamorra mehr als für alles andere. Er hatte sie körperlich versehrt; es war ihm gelungen, sie schwer zu verletzen. Und sie konnte noch froh sein, daß die Menschen nicht besser getroffen hatten. Sonst wäre sie jetzt vielleicht tot.
    Sie würden dafür bezahlen.
    »Ihr seid schon tot, meine Feinde«, flüsterte sie dunkel.
    Und sie schuf die Bestie, die in ihrer Aggression und ihrer Mordlust, gepaart mit bösartigem Verstand, dem Labyrinth angemessen war.
    Das Monster hatte ein Vorbild.
    Schon einmal, in grauer Vergangenheit, hatte ein solches Wesen existiert.
    Jetzt kehrte es zurück aus dem Dunkel der Sagenwelt.
    Der Minotaurus hielt Einzug in sein Höllenreich…
    ***
    »Ich verstehe nicht so ganz, was er damit meint«, sagte Eva. »Die Art, wie ich ins Leben zurückgekommen bin… wieso zurückgekommen? Ich war nie tot. Auch wenn mir alle Welt das einreden will.«
    Nicole Duval lächelte. »Du kannst dich nur nicht daran erinnern«, vermutete sie. »Das ist alles. Und wenn ich an deiner Stelle wäre, wäre ich vielleicht sogar froh darüber. Weißt du - sich an die Rückkehr ins Leben, die Wiedergeburt oder was auch immer zu erinnern, bedeutet zugleich auch, sich an den Tod zu erinnern, an das Sterben.

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