0631 - Die Bluteulen
oder ob noch etwas anderes hinter seinen Aktivitäten steckt.«
»Ein Plan«, murmelte Sir James. »Daran glaube ich fest. Und zwar ein Plan, der im Club der weißen Tauben entstanden ist. Das sind seine Hintermänner. Menschen wie wir, nur eben mit anderen Absichten.«
»Weshalb wurde Ihr Besucher ermordet, Sir?«
Sir James schaute mich an, als hätte ich ihn etwas Unanständiges gefragt. »Ich muss passen«, erklärte er nach einer Weile. »Ich weiß es nicht.«
»Wer war der Mann?«
»Er ist von der Botschaft geschickt worden. Ich gehe davon aus, dass er etwas mit dem Geheimdienst zu tun hatte, aber ich glaube nicht, dass er dem Club angehörte. Der Tengu hat ihn ermordet. Suchen wir nach den Gründen.«
»Ich rechne damit, dass dieser Dämon sämtliche Spuren löschen will, die zum Club führen könnten.«
»Also auch über den Toten?«
»So ungefähr.«
Sir James räusperte sich. »Irgendwo sind mir die Lücken zu groß. Es passt einfach nichts zusammen. Es hat Tote gegeben, aber ich sehe einfach kein Motiv. Wie geht es Ihnen, John?«
»Ähnlich.«
Glenda hatte sich wieder gefangen. Sie atmete schnaufend aus und schaffte sogar ein Lächeln. »Ich habe eigentlich überhaupt nichts mit dem Tengu zu tun gehabt. Weshalb hatte er es dann auf mich abgesehen? Könnt ihr mir das sagen?«
Wir blieben stumm.
»Kann es auf einen Rachefeldzug hindeuten?«, fragte Sir James vorsichtig an.
»Ich hoffe nicht, denn dann würden wir alle schlimm dastehen. Der Tengu brächte es fertig und würde all die Personen umbringen, die wir zu unseren Freunden und Mitstreitern zählen.« Ich hatte die Worte sehr leise gesprochen, und mir war dabei nicht wohl gewesen.
»Gehört das dir, Glenda?« Suko hielt einen braunen Umschlag hoch, den er auf dem Schreibtisch gefunden hatte.
»Nein.« Glenda schüttelte den Kopf. »Den hat auch nicht der Bote gebracht.«
»Ohne Absender?«, fragte ich.
Suko nickte. Er knickte ihn bereits und lauschte dabei, bevor er lächelte. »Es hört sich an, als hätte jemand einen Brief dort hineingesteckt. Ich werde ihn öffnen.«
Wir ließen ihn. Suko drehte das Kuvert herum, und ein beschriebener Bogen rutschte hervor, den Suko zunächst auseinander faltete und plötzlich unbeweglich stand.
»Was hast du?«
»John, den - den Brief hat Shao geschrieben. Sie ließ ihn hier liegen!«
Wir waren baff, standen auf der Stelle und schüttelten die Köpfe. Das konnte kaum jemand von uns fassen.
»Was schreibt sie denn?«, fragte Sir James.
Suko holte tief Luft. »Ich werde ihn vorlesen. Wie mir scheint, geht er uns alle an.«
Wir konzentrierten uns auf Suko, der mit leiser Stimme den geschriebenen Text ablas.
»Dieser Brief ist an euch alle gerichtet, denn ich möchte euch vor einer großen Gefahr warnen. Die schrecklichsten aller Dämonen, die Tengus, sind aus den Tiefen der Verdammnis hervorgeholt worden. Es werden irgendwo in Japan Menschen vorbereitet für den Geist der Tengus. Sie sollen das Böse bringen, denn gewisse Menschen wollen, dass sich eine Nation rächt. Aber sie brauchen gleichzeitig Unterstützung. Deshalb sind sie auf der Suche nach anderen Dämonen, die mit ihnen zusammengehen können. Ich habe versucht, sie zu stoppen, doch ich bin zu schwach, ich kann nur sporadisch eingreifen, zudem sind die Tengus sehr kaisertreu. Sie fühlen sich als Tennos der Schwarzen Magie. Noch haben sie nicht richtig Fuß fassen können, nur einzelne von ihnen sind da. Es wird nicht lange dauern, bis sie richtig zuschlagen. Wer nach Spuren sucht, wird sich verlaufen. Sie hinterlassen keine brauchbaren Hinweise, aber ich habe herausgefunden, dass es eine Person gibt, die mit den Tengus zu tun haben wird. Es ist eine junge Frau, und sie hört auf den Namen Bettina Constanza. Sie soll der neue Hoffnungsträger werden. Sucht und findet sie.«
»Und wo sollen wir anfangen?«, fragte ich.
Suko hob die Schultern. »Das weiß ich auch nicht. Sie hat uns nur den Namen mitgeteilt.«
Ich hatte den Kopf schief gelegt und erkannt, dass auch auf der Rückseite des Briefes noch Text stand. Sofort machte ich Suko aufmerksam, der den Brief umdrehte und nickte.
»Das ist ein Hinweis, John.«
»Lies.«
»Sie hat sich aus ihrem Land abgesetzt. Bettina Constanza ist eine Deutsche, die in Rumänien lebte. Nach den Unruhen ging sie in den Bayerischen Wald. Dort hält sie sich auf, und es wird bestimmt leicht sein, sie zu finden. Spuren deuten darauf hin, dass sie in einer Jugendherberge Zuflucht gefunden hat.
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