0670 - Der Sarg-Designer
war ihnen warm geworden.
»Was jetzt?« fragte Mona.
»Ganz einfach. Du läufst zum Wagen und bringst ihn her. Wir legen sie in den Kofferraum, der ist groß genug.«
»Und dann?«
Laura lächelte. »Schaffen wir die Tote weg.«
»Wohin?«
»Zu ihm.«
Mona lächelte. Sie wußte genau, was die Freundin damit gemeint hatte und zeigte sich einverstanden. »Ja, das ist nicht schlecht. Er wird sich freuen, Nachschub zu bekommen.«
Laura blieb allein mit der Toten zurück. Es war mittlerweile einige Zeit verstrichen, und der gewaltige Moloch London erwachte allmählich zu seinem täglichen Leben. Der Berufsverkehr rollte langsam an, bald würden die Straßen wieder verstopft sein, und beide Frauen konnten sicher sein, daß sie in Staus gerieten.
Wer hatte sie getötet? Als Laura darüber nachdachte, bekam sie eine Gänsehaut. Irgendwo mußte es jemand geben, der es möglicherweise auf sie abgesehen hatte.
Die Zeit ging ihr nicht schnell genug herum. Durch den Hyde Park führten Straßen, zum Glück weit genug entfernt. Kein Fahrer würde wohl auf die Idee kommen und sie verlassen, nur um aus Spaß quer durch das Gelände zu rollen.
Es war nicht mehr so kalt, in den vergangenen Stunden war es zu einem Temperaturumschwung gekommen, aber viel Eis war noch nicht getaut, das würde erst im Laufe des Tages geschehen. Vom Geäst der Bäume allerdings lösten sich die Wassertropfen und fielen mit pitschenden Geräuschen zu Boden.
Laura zerbrach sich den Kopf über das Motiv dieses heimtückischen Mordes. Sie kam auf keine Lösung. Wer das getan hatte, mußte im Hintergrund arbeiten.
Hoffentlich kam Mona bald zurück.
Trotz der Dunkelheit fühlte sich Laura mit der Toten wie auf einem Präsentierteller stehend. Das gefiel ihr überhaupt nicht.
Wieder strich das Frösteln über ihren Rücken. Im Hals hatte sie das Gefühl, als würden dort trockene Holzspäne liegen. Sie ging einige Schritte nach vorn, damit die Leiche in ihrem Rücken blieb. Ob der Killer noch in der Nähe lauerte?
Zwei weißgelbe Augen hüpften über die helle Schneefläche und schoben einen blanken Teppich vor sich her. Endlich kam Mona mit dem Volvo. Es war schon ein älteres Baujahr, bisher aber hatte sie der Wagen nicht im Stich gelassen. Er sprang immer an, auch wenn einige behaupteten, sie würde einen Panzer fahren.
Auf den Rasenflächen lag Schnee. Die obere Schicht war zu einer blanken Eisfläche gefroren und jetzt an einigen Stellen getaut, so daß sich Pfützen hatten bilden können, die wie helle Tümpel glitzerten, als das Licht der Scheinwerfer über sie hinwegstrich.
Mona lenkte den Wagen herum. Trotz seiner Winterreifen geriet er auf dem glatten Untergrund ins Rutschen, stand aber schließlich, und Mona öffnete die Tür.
»Eine verfluchte Fahrerei!« schimpfte sie. »Bin gespannt, wie wir hier wegkommen werden.«
»Egal.« Laura öffnete die Haube des Kofferraums. Ihre Freundin stand neben der Leiche und schüttelte den Kopf.
»Was hast du?«
»Ich möchte gerne wissen«, flüsterte Mona, »wer das getan hat. Ob jemand über uns Bescheid weiß?«
»Das kann sein.«
»Dann sind auch die anderen in Gefahr.«
»Wir werden sie schon warnen.«
»Was ist mit Francine?«
»Zu der müssen wir hin. Ich hoffe ja, daß sie uns einen Ratschlag erteilen kann.«
Die Frauen ließen die Handschuhe an, als sie sich bückten und nach der Leiche griffen. Sie paßte so lang ausgestreckt nicht in den Kofferraum, hing an den beiden Seiten mit dem Kopf und den Füßen über.
»Wir müssen die Beine knicken!« schlug Laura vor.
Beide strengten sich an, um die Beine in einen bestimmten Winkel zu bringen. Sie keuchten, denn es bereitete ihnen Mühe. Auf der Oberfläche der Haut glänzte eine dünne Eisschicht.
Aber sie schafften es. Mona hieb den Deckel wieder zu, lehnte sich an den Kotflügel und atmete tief aus. »Das war es«, flüsterte sie.
»Jetzt brauchen wir sie nur wegzuschaffen.«
»Wohin?«
»Erst müssen wir mit Francine sprechen. Dann kann Leo sie bekommen. Anschließend werden wir sie begraben. Sie hat uns nichts mehr sagen können, schade.«
»Wir sollten sie vergessen, Mona. Wir sollten uns nicht einmal mehr an ihren Namen erinnern.«
»Wird wohl das beste sein. Willst du fahren?«
Laura nickte. »Steig ein…«
Sekunden später bewegte sich der Volvo vom Schauplatz des Schreckens weg. Zwar versuchte Laura, ihn in der Spur zu halten, doch auf dem eisigen Untergrund wurde die Fahrt immer mehr zu einer unkontrollierten
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