0692 - Krieg der Katzenmenschen
seinen Nüstern. Zamorra wich vorsichtshalber ein paar Schritte zurück.
Nun erst sah er die ganze Bescherung. Die drei Ritterrüstungen, die wie Schildwachen in Reih und Glied gestanden hatten, lagen als wirrer Blechhaufen bunt durcheinander. Es würde wahrscheinlich Stunden dauern, hier wieder Ordnung zu schaffen.
»Danke, Chef!« Fooly strahlte, als ob nichts gewesen wäre. Betont unbeteiligt ließ er die Blicke seiner Telleraugen umherschweifen. »Sieht ganz schön wüst aus hier!«
»Seltsam, nicht wahr? Wie das wohl geschehen ist?«
Der kleine Drache mimte den Unschuldsengel. Doch das funktionierte bei Zamorra nicht. Obwohl Fooly ebenfalls Flügel hatte, nur sahen die bei ›Engeln‹ doch etwas anders aus…
»Ich habe nichts damit zu tun, Chef! Großes Drachenehrenwort. Ich habe nur eine von den Blechbüchsen vorsichtig angefasst. Dann dachte ich daran, wie blöd doch Menschen sein müssen, die sich in eine solche Kluft zwängen…«
Zamorra grinste unwillkürlich.
»Das war im Mittelalter eben Mode, Fooly. Jedenfalls in Ritterkreisen. Außerdem haben die Edlen ihre Rüstungen auch manchmal gebraucht.«
»Wofür denn?«
»Für die Drachenjagd.« Zamorra konnte sich diese Bemerkung nicht verkneifen. »Der heilige Georg zum Beispiel. Er wird immer mit einer Ritterrüstung am Körper dargestellt.«
Und mit einer Lanze, die er in den Bauch des Drachen rammt, fügte er in Gedanken hinzu. Aber er musste ja seinen kleinen Hausgenossen nicht gleich zu sehr verschrecken.
Fooly war ohnehin aufgebracht.
»Das ist Diskriminierung von schuppenhäutigen Mitwesen!«, motzte der kleine Drache. »Und auch noch heilig ? Wie kann Mord heilig sein? Erst recht Drachenmord?« Er wollte noch mehr sagen. Vor Empörung konnte er seine Flammen kaum zurückhalten.
Aber dann ging ihm doch die Puste aus.
Plötzlich war überhaupt niemand mehr da, auf den Fooly wütend sein konnte. Zamorra hatte sich plötzlich in Luft aufgelöst.
Trotz seiner Drachenmagie hatte Fooly nichts von der heraufziehenden Gefahr gespürt. Der Chef war durch irgendeine geheimnisvolle Kraft aus dem Château Montagne entführt worden!
Der kleine Drache schwang sich entsetzt in die Luft und flog so schnell wie möglich zu Nicole Duval.
Wobei er natürlich übersah, dass das Innere von Château Montagne nicht gerade für Flugübungen geeignet war. Schon die nächste Tür stoppte ihn, weil sie zu niedrig war. Ächzend fand sich Fooly damit ab, zu Fuß weiter zu watscheln.
Was ihm bei seinen kurzen Beinen und der gebotenen Eile auch nicht gerade leicht fiel…
***
Zamorra stürzte in einen nichtmateriellen Tunnel.
Die Situation kam dem Dämonenjäger bekannt vor, wenn auch nicht vertraut. Sein Körper und sein Geist befanden sich in einem Schwebezustand. Er war nicht in der Lage, sich richtig zu konzentrieren. Winzige Erinnerungen aus seinem Leben wurden für Sekundenbruchteile an die Oberfläche des Bewusstseins gezerrt, ohne dass er es verhindern oder zurückdrängen konnte.
Dazu gehörten Kämpfe gegen mächtige Dämonen wie Stygia, Astardis oder Lucifuge Rofocale. Aber auch längst vergessene Spielzeuge, mit denen er sich als Kind die Zeit vertrieben hatte. Ein irrsinniges Puzzle von vergangenen Bruchstücken, das keinen Sinn ergab.
Der Parapsychologe ahnte, dass er durch ein Weltentor geschleudert wurde. Mehr als eine Vermutung war das nicht, denn es war auf eine bizarre Weise anders als gewohnt. Zamorra konnte in diesem Augenblick keinen klaren Gedanken fassen. Er wurde fast überwältigt von dem Ansturm der Gedankenfetzen.
Plötzlich war die Qual vorbei.
Zamorra landete auf Handflächen und Knien. Er spürte warmen Erdboden unter sich. Keuchend rang er nach Luft. Es war, als ob er seit seiner Entführung aus dem Château nicht geatmet hätte.
Vielleicht hatte er das ja auch wirklich nicht getan.
Jedenfalls befand er sich nicht mehr in dem idyllischen Schloss im südlichen Loiretal.
Sondern mitten in einem schwülfeuchten Dschungel!
***
Nicole Duval erschrak fast zu Tode, als etwas mit lautem Knall von außen gegen die Badtür krachte.
Die attraktive Französin war gerade dabei, sich mit einem großen Frotteetuch abzutrocknen. Noch bevor sie reagieren konnte, wurde die Türklinke hinuntergedrückt.
Fooly stand in der Tür. Seine großen runden Augen waren auf die Dämonenjägerin gerichtet.
»’tschuldigung, Mademoiselle Nicole - bin gegen die Tür geflogen. Ich konnte nicht mehr abbremsen. Habe mir gedacht, dass du hier drin
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