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07 - Ein Grab im Dschungel

07 - Ein Grab im Dschungel

Titel: 07 - Ein Grab im Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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Abby, strich sich eine rote Haarsträhne aus der Stirn und sah Red Oquendo an.
    »Sie müssen da draußen aber auf sich selber aufpassen, Mister«, warnte der Ranger. »Ich hab nur Augen für die Lady.«
    »Okay, ich glaube, das kriege ich hin«, erklärte sich Tom einverstanden und dachte: Damit wären wir schon zwei. Und ich hab die schöneren Augen, mein Lieber …
    ***
    Yucatán, Mexiko, Gegenwart
    Die letzte asphaltierte Straße hatten sie schon vor einiger Zeit verlassen. Jetzt rumpelte der Jeep durch die teils tiefen Fahrspuren unbefestigter Pisten und durch die ersten Ausläufer des Regenwalds – bei denen es sich jedoch gar nicht um Ausläufer handelte, sondern um Überreste, wie Xavier Soto erklärte.
    »Es wird gerodet wie verrückt«, sagte er, den Blick auf die holprige Fahrbahn gerichtet und einem besonders tiefen Loch ausweichend.
    Der Schlenker ließ Abby, die auf dem Beifahrersitz saß, kurz gegen Xavier stoßen. »Sorry«, sagte sie.
    »Wofür?« Wieder dieses Lächeln.
    »Ich dachte, die Rodungen des Regenwalds seien zurückgefahren worden«, kam sie aufs Thema zurück, »weil die weltweiten Proteste endlich fruchten.«
    Xavier winkte ab. »Solange noch irgendwo auf der Welt tropische Edelhölzer gekauft werden, wird es Menschen geben, die sie beschaffen.« Er rieb Daumen und Zeigefinger aneinander. »Nur die Schmiergelder werden teurer.«
    »Ein Jammer«, meinte Abby, den Blick aus dem Jeep gerichtet. Sie sah die grobprofiligen Spuren in der Piste, hineingeprägt von Fahrzeugen, die von vornherein schwer waren und durch ihre Edelholzladungen noch schwerer wurden. Von irgendwoher hörte sie das Röhren von Motorsägen, und dann kippte ein ganzes Stück abseits der Fahrbahn plötzlich einer der grünen Wipfel zur Seite und verschwand zwischen anderen, wie ein vom Schlag getroffener Riese.
    Campeche lag inzwischen seit gut drei Stunden hinter ihnen. Vor der Abfahrt hatte sie Xavier die Karte gezeigt, die Tom ihr geschickt hatte. Dabei handelte es sich natürlich um keine Landkarte, wie man sie mit den Mitteln des 2 Jahrhunderts erstellen konnte. Die Zeichnung war fünfhundert Jahre alt und per Hand von einem Mann gefertigt, der noch nicht einmal die genauen Ausmaße der Halbinsel kannte, auf der er lebte. Sie ähnelte eher einer Schatzkarte, enthielt aber genug schriftliche und gezeichnete Angaben zu Landmarken, die es auch heute noch gab, dass Xavier zumindest die Gegend, in die sie mussten, ziemlich genau umreißen konnte.
    »Wie weit ist es noch?«, fragte Abby nach einer Weile.
    »Heute werden wir es nicht mehr ganz schaffen«, sagte Xavier. Er schaute zum Himmel hinauf. »Aber es sieht zumindest nicht nach Regen aus. Es sollte uns also eine durchaus angenehme Nacht bevorstehen.«
    Abby brauchte nicht hinzusehen, um zu wissen, dass er wieder lächelte.
    »Und morgen?«, fragte sie weiter.
    »Morgen gegen Mittag sollten wir dort sein. Und wenn wir Glück haben, finden wir das Grab noch vor Einbruch der Dunkelheit.«
    »Das wäre gut«, sagte Abby. »Tom hat es dringend gemacht.«
    »Tom hat es schon immer dringend gemacht«, erwiderte Xavier, »und sich nie Zeit gelassen für die schönen Dinge des Lebens. Ich glaube, manchmal hat er sie gar nicht gesehen, die schönen Dinge, die das Leben ihm bescheren wollte.«
    »Im Gegensatz zu Ihnen?«
    »Im Gegensatz zu mir«, bestätigte Xavier. »Ich habe für die schönen Dinge ein Auge – und ein Händchen.«
    ***
    Everglades-Nationalpark, Florida, vor 16 Jahren
    Der mannshohe, umgitterte Luftpropeller, der am Heck aufragte, trieb das Sumpfboot durch die Marschlandschaft. Red Oquendo saß auf dem Einzelsitz direkt davor und bediente das Ruder. Tom Ericson und Abigail McNeill hatten auf der zweisitzigen Bank vor ihm Platz genommen. Zu ihren Füßen lag das Gepäck.
    Tom war immer noch erfüllt von jenem Kribbeln, das Ausdruck seiner inneren Spannung und Aufregung war. Würde er finden, was er sich erhoffte, oder wenigstens einen eindeutigen Hinweis auf die bloße Existenz eines wie auch immer gearteten »Jungbrunnens«? Wie würde er – wenn es ihn gab – zu erkennen sein?
    Trotz aller Angespanntheit – und weil das stark nach Minze riechende Insektenschutzmittel die Mücken, die stellenweise wie flimmernde schwarze Wolken in der Luft hingen, sehr effektiv abwehrte – gelang es Tom, die Fahrt und die Landschaft zu genießen. Er war nicht zum ersten Mal in den Everglades. Aber dieses Sumpfgebiet war so riesig und auf sonderbare Weise eintönig und

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