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07 - Ein Grab im Dschungel

07 - Ein Grab im Dschungel

Titel: 07 - Ein Grab im Dschungel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
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unentdeckt geblieben waren.
    Sie genoss die Nacht im Dschungel heute noch so wie damals. Die Aussicht darauf war vielleicht zumindest unterbewusst ein Grund gewesen, Tom den Gefallen zu tun, hierher zu reisen und ihm seinen Armreif zu holen.
    »Soll ich noch Holz nachlegen?«, fragte Xavier.
    Sie schreckte fast ein bisschen auf.
    »Alles in Ordnung?« Er berührte sie am Arm, ein wenig fürsorglich und ein wenig … weil er eine Gelegenheit erkannte, wenn sie sich ihm bot.
    Abby lächelte bei dem Gedanken. »Ja, alles gut. Und nein, kein Holz mehr. Im Dunkeln sind die Sterne schöner.«
    Das Firmament spannte sich samtschwarz und wie mit Diamanten besteckt über der kleinen Lichtung, auf der sie ihr Nachtlager aufgeschlagen hatten. Wie so oft bei solchen Unternehmungen bedeutete dieses »Lageraufschlagen« nichts weiter als das Anlegen einer Feuerstelle und das Ausrollen von Schlafsäcken. In diesem Fall spannte Xavier allerdings noch ein Moskitonetz zeltartig über ihre Schlafplätze. Das Netz war nicht sehr groß, entsprechend dicht mussten sie ihre Schlafsäcke zusammenrücken.
    »Wird schon gehen, oder?«, hatte er sie gefragt. Und Abby hatte mit ihrem besonderen Lächeln geantwortet: »Natürlich – vorausgesetzt, Sie schnarchen mir nicht ins Ohr.«
    »Ich habe nicht vor, Ihnen ins Ohr zu schnarchen.«
    Eine halbe Stunde später war das Feuer niedergebrannt – und Xavier flüsterte ihr Dinge ins Ohr, die sie nicht alle verstand und die sie trotzdem um den Verstand brachten, weil er zugleich Dinge tat, auf die er sich fantastisch verstand. Und sie biss ihm ins Ohrläppchen, ihr Atem fuhr ihm ins Haar, und sie flüsterte ihrerseits ihm Dinge zu, die er vielleicht nicht wörtlich, aber irgendwie trotzdem begriff, denn er tat alles, was sie wollte.
    Irgendwann, später, wachte Abby noch einmal auf und befand, bevor sie wohlig seufzend wieder einschlief: Ja, Dschungelnächte waren nach wie vor die besten.
    ***
    Everglades-Nationalpark, Florida, vor 16 Jahren
    Die Nacht hatte sich von Osten her wie ein schwarzer Deckel über die Sumpflandschaft geschoben. Bevor es ganz dunkel geworden war, hatte Red Oquendo mit dem Boot eine Insel angesteuert, ein flacher Erdbuckel aus Gras und Wasser.
    »Wir sind jetzt in der Gegend, wo ich das Biest erwischt habe«, hatte der Ranger erklärt. Im Finstern sei es aber auch ihm nicht möglich, die genaue Stelle wiederzufinden. Deshalb hatten sie auf dem Inselchen ihr Lager aufgeschlagen, was lediglich darin bestand, Feuer zu machen und ihre Schlafsäcke auszurollen.
    Oquendo erhitzte über den flackernden Flammen in einem gusseisernen Topf etwas, das er zuvor aus einer nicht etikettierten Dose hineingeschüttet hatte. Es war eine Art Eintopf. Auf die Frage, woraus er bestand, verzichtete Tom. Er hatte einen Verdacht, der sich bestätigte, als er schließlich den ersten Löffel probierte – er aß nicht zum ersten Mal im Leben Alligatorfleisch. Es schmeckte ihm auch, und es war gesund, enthielt weniger Cholesterin und Fett als Hähnchen. Der Geschmack erinnerte ihn an Froschschenkel.
    »Froschschenkel finde ich eklig«, sagte Abigail, als Tom den Vergleich erwähnte und sie ihren Teller auskratzte.
    Oquendo ließ seinen plötzlich fallen und sprang auf. Tom zuckte zusammen, erhob sich ebenfalls und folgte mit den Augen der Blickrichtung des Rangers.
    »Was ist?«, fragte Abigail, verstummte aber auf eine synchrone Geste von Tom und Oquendo hin.
    Tom hörte es auch: Aus der Richtung des Sumpfboots kamen Geräusche. Etwas oder jemand machte sich dort zu schaffen.
    »Ein Waschbär?«, meinte Tom.
    Oquendo schüttelte den Kopf, und jetzt, nachdem seine Augen sich vom Feuerschein auf die Dunkelheit eingestellt hatten, sah auch Tom den Schemen, der sich dort, wo ihr Boot lag, wie ein Stück lebendig gewordene Nacht bewegte.
    Seine Hand griff nach dem Colt, den er unter seinem Hemd verborgen hinten in den Hosenbund gesteckt hatte. Er hatte Abigails Bemerkung, dass sie keine Waffen mochte, nicht vergessen. Allerdings zog er das Schießeisen noch nicht. Weil der Schemen dort so … schmächtig war und nicht bedrohlich wirkte.
    Eine Taschenlampe leuchtete auf. Oquendo richtete den weißen Kegel zielsicher zum Boot hin. Das blendende Licht riss ein Gesicht aus der Schwärze, das allerdings gleich hinter hochgerissenen Händen verschwand.
    Der Augenblick, in dem es zu sehen gewesen war, hatte Oquendo trotzdem genügt. »Das ist der Junge!«, entfuhr es ihm.
    »Der gefressen wurde?«, konnte

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