0703 - Stunden der Angst
aus Frankreich zurück.«
Aber er war nicht sicher, ob es Ullich sein würde, der versuchte, ihn umzubringen. Denn bei jenem Gespräch hatten Shackleton und er Ullich einen ganz anderen Job angeboten - Ty Seneca unter Beobachtung zu halten. Den Mann, der sich früher Robert Tendyke genannt hatte und nach seiner Namensänderung auch einen völlig anderen Charakter zeigte. Seneca war skrupellos, teilweise bösartig.
Riker war nicht sicher, ob nicht Seneca hinter dem Mord an Shackleton steckte. Vielleicht hatte er etwas von dem Gespräch mitbekommen und radikal darauf reagiert.
Rhet Riker ahnte nicht, dass er mit diesem Verdacht hundertprozentig richtig lag.
Aber selbst wenn - wie konnte er beweisen, dass Seneca der Mörder war?
Auch Oberinspektor Maik Yurisch zeigte Skepsis. »Alles deutet auf diesen Ullich hin, aber wieso gibt es dann die Schmauchspuren an Shackletons Hand? Und wo ist die Waffe, die er abgefeuert haben muss? Seine eigene ist vorhanden und nicht benutzt worden, es gibt laut Spurensicherung kein Einschussloch irgendwo in der Wand oder sonstwo, also kann theoretisch nur der Mörder per Steckschuss verletzt worden sein, wenn Shackleton wirklich geschossen haben soll. Warum gibt's dann aber nirgendwo Blutspuren, nicht mal das kleinste Fleckchen?«
»Er wird die Verletzung sofort versorgt haben«, gab sein Assistent Wilfried Antonius, genannt ›Harry‹, zu bedenken. »Zeit hatte er ja genug, da die Etage praktisch menschenleer war. Feierabendzeit. Es hat ja auch keiner den Schuss gehört.«
»Wie auch? Die Walther hatte einen Schalldämpfer«, warf Rhet Riker ein.
»Klar. Und jeder Mörder hat auch immer das richtige Verbandszeug bei sich«, knurrte Yurisch.
»Hat er vielleicht aus dem Sanitätsraum geholt«, ergänzte Antonius seine Theorie. »Auch dafür hatte er in einem leeren Gebäude genug Zeit.«
»Prüfen Sie das, Harry«, verlangte Yurisch.
Antonius delegierte die Aufgabe an einen uniformierten Beamten. »Bleibt die Frage nach dem Warum. Warum hat Ullich den Mann umgebracht?«
»Eine weitere Frage bleibt, womit Shackleton geschossen hat«, überlegte Yurisch. »Er besaß seine eigene Waffe. Die hat er nicht benutzt. Warum sollte er eine andere Pistole verwendet haben? Und - wenn er die Chance hatte, eine Waffe zu benutzen, warum ist er dann tot? Ein Mann wie William Shackleton sollte doch…«
»Shackleton war ein sentimentaler Narr«, sagte Ty Seneca kühl, der der Unterhaltung bisher stumm gefolgt war. Er lehnte an der Tür zu Carsten Möbius' Büro. »Vermutlich hat er den Killer-Instinkt dieses Ullich einfach unterschätzt. Rhet- was war das überhaupt für ein Gespräch, das Sie und Shack da gestern nachmittag so heimlich auf dem Korridor mit ihm geführt haben sollen?«
Riker zuckte unbehaglich mit den Schultern.
»Es ging wie vorher auch schon um seine Weiterverwendung bei uns. Wir können im Grunde auf Leute wie Möbius und Ullich nur schwer verzichten. Sie kennen die Firma so gut wie niemand sonst im Management. Möbius ist dafür bekannt, dass er alles selbst in die Hand genommen hat, und Ullich war seine rechte Hand. Dass Möbius nicht für uns arbeiten will und wird, dürfte klar sein. Aber Ullich ist mit der Firma nicht ganz so eng verbunden. Für ihn ist es ein Job.«
»Ullich ist Möbius gegenüber absolut loyal. Der schläft lieber unter Frankfurts Brücken, ehe er seinem Chef in den Rücken fällt«, behauptete Seneca. »Vergebliche Mühe, Rhet. Was dabei herausgekommen ist, sehen Sie ja. Er hat Shack gekillt.«
»Glaube ich nicht«, sagten Riker und Yurisch fast gleichzeitig.
»Aber alles deutet doch darauf hin. Vor allem die Fingerabdrücke an der Tatwaffe«, wandte Antonius ein.
»Ach, zum Teufel mit diesem Käse«, sagte Yurisch. »Dieser ganze Fall stinkt zum Himmel. Vor allem: wenn die beiden Herrschaften schon unmittelbar nach dem Mord das Land verlassen, warum buchen sie dann ganz offiziell Tickets nach Lyon?«
»Lyon«, echote Seneca und schnipste mit den Fingern. »Ich weiß, wo Sie die beiden finden können, Chief Inspector.«
Der Oberinspektor sah den neuen Chef des Möbius-Konzerns stirnrunzelnd an.
»Château Montagne an der Loire«, sagte Seneca. »Etwa 50 bis 70 Kilometer oder so, ich weiß es nicht genau, von Lyon entfernt. Da wohnt ein guter Freund der beiden. Ein versponnener Parapsychologie-Professor namens Zamorra. Nennt sich selbst einen Dämonenjäger.«
»Dämonen?« Antonius' Augen wurden groß.
Der uniformierte Beamte kam zurück.
Weitere Kostenlose Bücher