Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
072 - Der unheimliche Mönch

072 - Der unheimliche Mönch

Titel: 072 - Der unheimliche Mönch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
war ihm schon früher erzählt worden.
    „Ich habe hier Dinge gehört und auch Dinge gesehen -" Miss Veronika senkte die Stimme zu einem Flüstern. „Meine Mutter sagt immer, daß hier früher einmal ein fürchterliches Verbrechen geschehen sein muß, und das ist auch meine Ansicht."
    Mr. Goodman äußerte, daß ihre Mutter vielleicht zuviel Mord- und Kriminalgeschichten läse. Das stimmte auch, denn Mrs. Elvery las alle Zeitungsberichte über Verbrechen und Verbrecher.
    „Ja, sie liest gern einen guten Kriminalroman", pflichtete Veronika bei. „Voriges Jahr mußten wir unsere Reise nach der Schweiz aufgeben, weil damals gerade der sensationelle Mordfall an dem Radfahrer verhandelt wurde. - Glauben Sie, daß Colonel Redmayne einen Mord begangen haben könnte?"
    „Es ist nicht recht, daß Sie so etwas sagen", erwiderte Mr. Goodman.
    „Warum ist er dann so nervös? Und warum fürchtet er sich? Ständig lehnt er neue Gäste ab. Gestern kam so ein netter junger Herr, aber den wollte er nicht haben."
    „Nun, morgen kommt ein neuer Gast", erklärte Goodman, der seine Zeitung wieder aufnahm.
    „Das ist doch nur ein Pfarrer", entgegnete Veronika verächtlich. „Jedermann weiß, daß Pfarrer kein Geld haben."
    Goodman lachte.
    „Der Colonel könnte schon Geld verdienen, aber er will es ja nicht." In vertraulichem Ton fügte sie hinzu: „Ich will Ihnen auch noch mehr verraten. Meine Mutter kannte Colonel Redmayne, bevor er Monkshall kaufte. Er hatte damals keinen Pfennig Geld. Wie kam er denn dazu, dieses Haus zu kaufen?" Mr. Goodman sah sie strahlend an. „Zufällig weiß ich das ganz genau. Er hat damals eine große Erbschaft gemacht."
    Veronika war enttäuscht und gab sich auch keine Mühe, ihre Gefühle zu verbergen. Sie kam nicht dazu, etwas zu entgegnen, denn ihre Mutter trat gerade ins Zimmer.
    Mrs. Elvery war eine etwas füllige, aber imposante Erscheinung. Sie ging direkt zu dem Sofa; auf dem Mr. Goodman seine Zeitung las.
    „Haben Sie vorige Nacht etwas gehört?" fragte sie mit erhobener Stimme.
    Er nickte.
    „Im Zimmer nebenan hat jemand geschnarcht wie der Teufel", begann er.
    „Mr. Goodman, Sie wissen, daß ich das Zimmer neben Ihnen habe", erwiderte sie eisig. „Haben Sie einen Schrei gehört?"
    „Einen Schrei?" fragte er entsetzt.
    „Und ich habe auch das Orgelspiel vorige Nacht wieder gehört."
    Goodman seufzte.
    „Glücklicherweise bin ich ein wenig taub. Ich habe vorige Nacht weder Orgelspiel noch Schreie gehört. Das einzige, was ich deutlich und auch gern höre, ist der Gong, der zum Essen ruft."
    „Es gibt hier ein Geheimnis", behauptete Mrs. Elvery. „Das habe ich gleich am ersten Tag gemerkt, als ich herkam. Zuerst wollte ich nur eine Woche bleiben, aber jetzt bleibe ich, bis dieses Geheimnis enthüllt ist."
    Mr. Goodman lächelte gutmütig.
    „Dann wollen Sie also für immer hierbleiben, Mrs. Elvery?"
    „Diese Stimmung hier, diese düstere Atmosphäre erinnert mich an die Abtei Pangleton, wo John Roehampton seinen drei Nichten die Kehlen durchschnitt", erklärte sie mit großer Genugtuung. „Und dabei waren die Nichten erst neunzehn, zweiundzwanzig und vierundzwanzig Jahre alt. Später wurde er im Gefängnis von Exeter hingerichtet. Er mußte zum Schafott getragen werden, und vor seinem Tod hat er ein volles Geständnis abgelegt."
    In diesem Augenblick trat Colonel Redmayne ins Zimmer. Er war etwa fünfundfünzig Jahre alt und wirkte ziemlich nervös und zerstreut. Seine Kleidung ließ zu wünschen übrig und machte einen etwas vernachlässigten Eindruck.
    Redmayne sah von einem zum anderen.
    „Guten Morgen - ist etwas nicht in Ordnung?"
    „Ach, es geht mir verhältnismäßig gut", erwiderte Goodman lächelnd und hoffte, daß sich Mrs. Elvery über ein anderes Thema unterhalten würde, aber sie ließ sich nicht so leicht davon abbringen.
    „Colonel, haben Sie in der vergangenen Nacht etwas gehört?"
    „Was soll ich gehört haben? Was gibt es denn hier nachts zu hören?"
    Sie zählte geschäftig die grausigen Ereignisse der vergangenen Nacht auf.
    „Zunächst hat die Orgel wieder gespielt, dann hörten wir einen Schrei, der uns durch Mark und Bein ging. Er kam aus der Tiefe - direkt aus der Gegend des Mönchsgrabes."
    Sie wartete erregt, aber Redmayne schüttelte den Kopf.
    „Nein, ich habe nichts gehört. Ich habe geschlafen", sagte er mit leiser Stimme.
    Veronika mischte sich in die Unterhaltung.
    „Das kann aber nicht stimmen. Ich sah, daß Licht in Ihrem Zimmer brannte,

Weitere Kostenlose Bücher