072 - Der unheimliche Mönch
Türflügel öffneten sich, und die Damen gingen langsam in den kleinen Saal. Die Karten wurden am Eingang kontrolliert. Dann wurden die Türen geschlossen und die schweren Vorhänge wieder vorgezogen. Der Tanz ging weiter.
In der kleinen Halle spielte sich unterdessen eine sonderbare Szene ab. Die Damen sahen alle erwartungsvoll auf den großen Glückstopf. Reddy machte den Zeremonienmeister und erklärte, wie die Sache vor sich gehen sollte. In der großen Halle hatte inzwischen eine zweite Kapelle direkt vor dem Eingang Platz genommen und vollführte einen Heidenlärm.
„Meine Damen", begann Reddy, „hören Sie mir bitte aufmerksam zu. Sie müssen vor allem verstehen, worum es geht. Mein Assistent legt gerade ein Tuch über den Glückstopf, wie Sie sehen. Und dies ist ein Revolver."
Er zog einen schweren Revolver aus der Tasche.
„Sie werden nun alle an dem großen Behälter vorbeigehen und die Juwelen ablegen, die Sie tragen: Ihre Ketten, Ohrringe, Ringe, Broschen, Ich weiß, wenn ich von der Polizei gefaßt werde, muß ich zwanzig Jahre absitzen. In dem Fall wäre es mir lieber, wenn ich wegen Mordes aufgehängt würde. Es kommt mir daher nicht darauf an, wie viele ich von Ihnen erschießen muß. Sobald jemand den Mund auftut und um Hilfe ruft, schieße ich sofort. Auch dann, wenn Sie meinen Befehlen nicht gleich Folge leisten. Und wenn ich es nicht tue, besorgen es meine Freunde hier."
Dabei zeigte er auf eine junge Dame mit etwas harten Gesichtszügen, die neben ihm stand, und auf Tyke Sullivan, der mit dem Rücken an der Tür zur Haupthalle lehnte und in jeder Hand eine Browning hielt. „Es hat keinen Zweck, groß zu schreien", fuhr er fort, als man den Angstruf einer Frau hörte, die ohnmächtig wurde. „Vor der Tür spielt eine Kapelle, so daß man nichts von dem hört, was hier vorgeht. In fünf Minuten muß die Zeremonie zu Ende sein. Also, los! Sie kommen zuerst!"
Er sah auf die große, blonde Dame.
„Legen Sie sofort Ihre Halskette auf das Tischtuch, und zwar etwas schnell, wenn ich bitten darf!"
Sie trat vor, nahm das große Collier ab und legte es auf das Tuch. Dann ging sie an dem jungen Mädchen und an Reddy vorbei. Eine zweite, eine dritte Dame folgten, als die große Blonde sich plötzlich umdrehte.
„Hände hoch, Reddy! Sobald Sie auch, nur mit der Wimper zucken, sind Sie erledigt!"
Reddy ließ sofort den Revolver los, der polternd zu Boden fiel, und hob die Hände hoch. Aber Sullivan ergab sich nicht sofort. Er wandte sich nach der Dame mit der männlichen Stimme um. Bevor er aber auf Bob anlegen konnte, gab dieser schnell hintereinander drei Schüsse ab. Der große Sullivan brach zusammen und faßte an seinen Arm.
Dann ging alles drunter und drüber. Bei den Schüssen hielten die Nerven der Frauen nicht mehr stand, und die Szene, die darauf folgte, spottete jeder Beschreibung.
Eine halbe Stunde später saß eine elegant gekleidete Dame, deren prachtvolles, blondes Haar auf dem Tisch lag, im Büro des Chefs von Scotland Yard und rauchte eine Pfeife. Ihr gegenüber hatte Mr. Campbell Platz genommen, der Bob Brewer mit aufrichtiger Bewunderung betrachtete.
„Das ist der größte Erfolg, den wir seit Jahren gehabt haben", sagte der Polizeipräsident. „Und wenn die Sache auch uns angerechnet wird, so gebührt doch Ihnen allein das Verdienst."
„Ich nehme an, daß Sie alle Mitglieder der Bande verhaftet haben?" fragte Bob.
„Ja alle. Es war unmöglich, daß sie die Postenkette passieren konnten. Wir haben auch den Mann gefaßt, der das Motorboot nach Seaford steuern sollte. Durch diesen Schlag ist der Klub der Vier ein für allemal erledigt."
Bob sah auf sein schönes Abendkleid.
„Zwei Kammerzofen und einen Diener habe ich gebraucht, um mich anzukleiden!"
„Bob", sagte Campbell noch ganz aufgeregt, „unsere Gesellschaft wird niemals imstande sein, Ihnen richtig für das zu danken, was Sie heute abend für sie getan haben."
„Es ist Ihre Sache, dafür zu sorgen. Aber vorher kommen Sie bitte mit und helfen Sie mir, das Korsett aufzuschnüren."
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