0722 - Eiswind der Zeit
Anstrengung, die die Erschaffung des Eiswinds mit sich brachte. Er hatte die letzte Minute nicht geatmet und schnappte nun umso mehr nach Luft. Es fiel ihm schwer, das Zittern seiner Hände zu unterdrücken.
Das Überhebliche in seinem Blick hatte einen Grund: Er hatte etwas geschaffen, was noch niemandem vor ihm gelungen war. Mittels Magie und der Kraft seiner Gedanken schuf er diesen Eiswind, der seine Feinde vernichten sollte.
Sie sollten ebenfalls sterben vor Angst! Genauso wie gleich jener bedauernswerte Mann, dessen Todesurteil eine simple Arbeitsverweigerung vor einigen Stunden gewesen war.
So etwas konnte der Magier nicht dulden! Was er befahl, geschah, und wenn es noch so widersinnig war. Und alle hatten zu gehorchen. Alle!
Er war der Herr über die anderen. Er wollte der Fürst der Finsternis werden. Dazu war ihm jedes Mittel recht. Jedes! Und wenn er alle magischen Tricks ausprobieren musste, die es gab. Und von denen gab es unendlich viele!
Im Falle des Eiswinds musste er besonders vorsichtig sein: So tödlich diese magische Waffe war, so empfindlich war sie auch. Sie war nur halb materiell, ähnlich einem dichten Nebel, und hatte ständig um ihre Stabilität zu kämpfen. Er musste sie ständig unter Kontrolle haben, ihr durch seine Magie Energie zuführen, um sie überhaupt existent zu halten. Sonst wäre sie auseinander getrieben worden, hätte hier etwas leicht zerstört oder dort kleine Schäden verursacht und wäre nach kurzer Zeit regelrecht von dem normalen Wind auseinander getrieben worden.
Er befahl dem Eiswind, in sich zusammenzufallen und eine faustgroße, hellblaue Kügel zu bilden. Dazu musste er nichts sagen, eine klare, bildhafte Vorstellung, ähnlich einem Comic oder einem Film-Script oder wie bei der Aktivierung eines Dhyarra-Kristalls, reichte vollkommen.
Das erforderte allerdings weitaus mehr geistige Energie als pures Reden. Es erforderte sehr viel Übung, einem Objekt in aller Kürze einen unmissverständlichen Befehl zu geben, der im Notfall so schnell als möglich ausgeführt werden musste.
Er hielt die Luft an. Was würde passieren?
Nun mach schon!, flehte er in Gedanken. Er vibrierte innerlich. Äußerlich war ihm nichts anzumerken, er wirkte wie eine Statue. Weshalb dauert das solange?
Das Unglaubliche geschah: Der Wind gehorchte! Innerhalb von Sekunden, die dem Magier wie Jahre vorkamen, floss die Windhose zu einem Ball zusammen. In diesem Zustand konnte sie am längsten existent bleiben. Hell- und Dunkelblau gingen ineinander über, alles wirkte, als ob ein Maler verschiedene Farben aus dem Topf verschüttet und mit dem Pinsel leicht miteinander vermischt hätte. Selbst als nach wenigen Sekunden ein Stillstand erreicht war, besaß der Windball mindestens drei verschiedene Blaufarbtöne, die wie Pinselstriche wirkten.
Der Magier atmete tief durch, seine Hände zitterten leicht, seine Augen glühten vor Aufregung und Stolz.
Geschafft, er hört auf jeden meiner Befehle!
Er ging zu dem Mann und gab ihm einen Tritt.
Keine Reaktion!
Eine steile Falte erschien auf seiner Nasenwurzel. Er schüttelte den Kopf.
Stell dich nicht so an, du Memme. Du wirst mich doch wohl nicht um das Recht meines Vergnügens bringen wollen… Er bemerkte nicht, wie abfällig er über sein Opfer dachte.
Er drehte es auf den Rücken. Mit einem Fußtritt kickte er die durch die Kälte und den anschließenden Aufprall abgebrochenen Fingerspitzen des Mannes zur Seite.
Da erst bemerkte er, dass der Mann tot war! Gestorben am Schock über das Unglaubliche.
Seine Augen waren weit geöffnet, der Mund schien einen stummen, qualvollen, anklagenden Schrei auszustoßen. Die Knochen, die der Eiswind von Haut und Fleisch entblößt hatte, waren beim Aufprall auf den Boden in kleine und kleinste Teile zersplittert worden wie poröse Steine, die jemand aus großer Höhe auf nackten Steinboden warf.
Na, das Vergnügen, deinen Todeszeitpunkt zu bestimmen, hättest du mir wenigstens noch lassen können!, dachte der Magier verächtlich.
Er schüttelte den Kopf. Das Grausamste dabei war: Mit seinem Lächeln wirkte er wie ein Vater, der seinen Sprössling scherzhaft ermahnte. Das war paradox, denn der Magier kannte keinen Scherz im normalen Sinn, er hatte auch nichts Väterliches an sich. Er war schlicht und einfach ein Teufel in Menschengestalt.
»Mit Schwund muss man rechnen…«, lachte er keckernd, als er den berühmten Spruch des Asmodis, des ehemaligen Fürsten der Finsternis, zitierte.
Das
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