0727 - Spezialisten der Nacht
Aufgabe sein."
Ich wußte, daß es keinen Sinn gehabt hätte, Vater zu bitten, noch länger zu leben. Er hatte sein Lebensziel erreicht, und das ist für einen Zgmahkonen ein guter Grund, aus dem Leben zu scheiden.
Ich überwand meine Trauer und erhob mich. Noch einmal kreuzten sich unsere Blicke, bevor Vater die Augen schloß. Wir wußten, daß er in einen Raum übergehen würde, der den Lebenden verschlossen war. Er würde vielleicht einen neuen Körper erhalten oder irgend etwas anderes, an dem sich sein Ich manifestieren konnte. Vielleicht würde er uns sogar beobachten können. Niemand konnte das sagen.
Eine Falte grub sich in seine Stirn. Er schloß die Lippen und stellte das Atmen ein. Seine Hand legte sich auf die Brust, und mit einem einzigen Impuls blockierte er die Nervenrezeptoren an seinem Herzen. Es hörte auf zu schlagen.
*
Vater hatte sich nicht geirrt, was die naturwissenschaftlichen Erkenntnisse betraf. Schon zwei Jahre später war Grojocko in eine stabile Umlaufbahn um die neue Sonne gezogen. Wir nannten sie vorläufig Neu-Arryad, waren uns darüber einig, daß sie irgendwann einen anderen Namen haben sollte.
Die Situation auf Grojocko hatte sich mittlerweile normalisiert.
Mehr als hunderttausend Zgmahkonen hatten den Durchgang durch das Schwarze Nichts überstanden.
Grojocko dagegen glich einer Wüste. Das Erryog-Gebäude war tatsächlich das einzige Bauwerk, das fast unbeschädigt davongekommen war. Alles andere in Gronock und in den anderen Städten unseres Planeten war buchstäblich pulverisiert worden.
Aber nun war bereits alles wieder vergessen.
Als Py zu mir in meine Arbeitsräume kam, dachten wir nicht mehr an dieses Ereignis. Unsere Gedanken richteten sich in die Zukunft. Gronock war planiert worden. Wir hatten einen Fluß umgeleitet und durch eine entstandene Erdspalte an unserer Stadt vorbeigeführt. Aus Schutt und Asche war eine neue Siedlung gewachsen, in der bereits über zwanzigtausend Zgmahkonen lebten. Die anderen Überlebenden verstreuten sich über den gesamten nördlichen Kontinent. Um die noch völlig unbewohnten Gebiete Grojockos kümmerten wir uns vorläufig noch nicht.
Ich erhob mich und ging ihr entgegen. Wir legten die Handflächen aneinander und lächelten uns an. Doch leider hatte ich keine Zeit für romantische Pausen.
„Was führt dich zu mir?" fragte ich.
„In der Stadt ist es unruhig", antwortete sie.
Ich war erstaunt. „Die Leute haben doch alles, was sie benötigen. Wir arbeiten Tag und Nacht für den Aufbau."
„Wir sind eine vornehmlich wissenschaftliche Gruppe", erklärte Py mir. „Natürlich kümmern wir uns intensiv um das Wohl der Bevölkerung, aber du wirst zugeben müssen, daß wir zugleich äußerst konzentriert an dem wissenschaftlichen Vermächtnis Vaters arbeiten."
„Das kann ich nicht leugnen", erwiderte ich beunruhigt. „Nun ja, Py, du weißt, daß wir keine Politiker sind und wohl auch nicht die Ambitionen haben, welche zu werden. Aber ist Politik denn in diesem Stadium wirklich notwendig?"
„Die Leute streben nach Verantwortung."
„Ich habe nichts dagegen, wenn wir sie ihnen geben"
„Ich halte es für gefährlich."
„Gefährlich? Warum?"
„Olw, alle Macht konzentriert sich bei uns. Wir haben Waffen, wir haben Fluggeräte, wir haben wissenschaftliche Instrumente aller Art."
„Macht ist nichts grundsätzlich Schlechtes."
„Natürlich nicht, dennoch mißfällt es den Leuten, daß sie ausschließlich in einer Hand liegt. Sie haben das Gefühl, beherrscht zu werden."
„Es geht ihnen zu gut. Sie haben es zu leicht." Ich begriff weder Py noch das, was die Bewohner von Gronock wollten. Sie verdankten es uns, daß sie überlebl hatten. Wir waren es, die alles wieder aufbauten, was zerstört worden war. Wir waren es, die ihnen alles gaben, was sie benötigten. Warum waren sie nicht zufrieden?
„Sie haben Angst davor, daß wir unsere Macht eines Tages mißbrauchen könnten. Außerdem, Olw, sind wir uns nicht darüber klar, daß wir diese Macht auf lange Sicht gar nicht haben wollen? Wir werden Grojocko irgendwann verlassen und den Raum erforschen. Dann werden wir keine Zeit mehr haben, uns um den Planeten zu kümmern."
Sie wollte noch mehr sagen, doch in diesem Moment fiepte das Bildgerät. Ich schaltete es ein. Hoisy war am Apparat.
„Bitte, Olw", sagte sie atemlos. „Komm sofort herunter."
„Was ist los?"
„Frage nicht. Komm. Schnell."
Ich rannte zusammen mit Py los.
„Sie hatte Angst", stellte Py
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