0784 - Der Seelenangler
bewegte und zur Seite geschoben wurde. Ein hochgewachsener, athletisch gebauter Mann und eine bildschöne schwarzhaarige Frau im eleganten Kostüm entstiegen dem Kanalschacht.
Der Mann stellte zwei Koffer aufs Pflaster. Er atmete tief durch und schaute zum blauen Himmel empor.
»Wir sind da, Nicole.«
Nicole Duval streifte etwas Schmutz von ihrem Kostüm.
»Der Weg durch die Kanalisation ist widerlich. Wir hätten doch an der Metrostation Roter Platz herauskommen sollen.«
»Dazu ist es notwendig, ein Stück auf den Gleisen zu gehen. Ich will nicht überfahren werden.«
So absurd dieser Dialog war, er entsprach doch der Realität. Die Japaner hatten gestutzt und knipsten und filmten nun fleißig. Aus allen Objektiven sozusagen. Zwei Milizionäre, die vorbeigeschlendert waren, eilten hinzu, ihre Kalaschnikows über der Schulter.
Sie sprachen Zamorra und Nicole auf Russisch an.
»Kem wi jaljatesch? To, tschego wi tschotitje?« ( »Wer seid ihr? Was wollt ihr?«)
Weitere Worte wurden hervorgesprudelt. Zamorra antwortete in holprigem Russisch, er konnte ein paar Brocken.
»Ruki zwerch!« ( »Hände hoch!«)
Die Milizionäre rissen ihre Kalaschnikows hoch. Zamorra und Nicole hoben die Hände. Ein Milizionär redete, während er das Schnellfeuergewehr mit einer Hand im Anschlag hielt, in sein Walkie-Talkie. Er meldete, dass zwei verdächtige Personen festgenommen worden seien.
Nach dem Ausbruch des dämonisierten Serienmörders Swetkin herrschte in Moskau bei der Polizei und der Miliz die Alarmstufe eins. Doch noch immer wurde die Bevölkerung im Unklaren gelassen, obwohl manche Pressevertreter bereits Bescheid wussten.
Zamorra und Nicole wären zweifellos erst einmal zum Verhör gebracht worden. Das hätte sie wertvolle Zeit gekostet.
Doch der Touristenführer der japanischen Gruppe brachte ihnen Hilfe. Er wendete sich an die beiden Milizionäre und dolmetschte. Es handelte sich um einen Russen, der fließend mehrere Sprachen beherrschte, darunter Englisch, Französisch und Japanisch.
Er parlierte in Französisch mit Zamorra und beruhigte die beiden misstrauischen Milizionäre.
»Die Herrschaften sind Staatsgäste und in einem geheimen Auftrag hier.«
»Können Sie sich ausweisen?«, fragte ein Milizionär. »Haben Sie eine Legitimation? Das kann jeder sagen.«
»Professor Saranow, der berühmte Parapsychologe, bürgt für sie«, erklärte der Fremdenführer, nachdem er mit Zamorra gesprochen hatte. »Er teilt mit, welche Dienststelle beim Innenministerium zuständig ist. Der Innenminister persönlich hat den Besuch dieser beiden angeordnet.«
»Der Innenminister hat sie in die Kanalisation bestellt?«
Der Fremdenführer war ein typischer Russe und wusste, wie man mit einem begriffsstutzigen Milizsoldaten zu sprechen hatte. Vorausgesetzt, man verfügte über die nötige Rückendeckung, sonst war es besser, mit dem Kopf zu nicken und die Klappe zu halten.
»Was geht dich das an, du Idiot? Was mischst du dich in die Angelegenheiten des Ministeriums ein und fragst nach Dingen, in die du bestimmt nicht eingeweiht wirst? - Ruf Professor Saranow an, jetzt, sofort. - Hier hast du mein Handy.«
Handytelefonieren war in Russland ein Statussymbol und die große Mode. Zamorra entnahm die Nummer seinem Organizer. Seine Kleidung war ziemlich ramponiert, doch das störte ihn nicht. Dass wertvolle Zeit verstrich, jedoch sehr.
Rennende Schritte von Marschstiefeln dröhnten aufs Pflaster. Weitere Milizionäre eilten herbei. Ein olivenfarbiger Lastwagen der Armee brummte heran und hielt auf dem Roten Platz, der für den-Verkehr gesperrt war und auf dem striktes Rauchverbot herrschte, schon seit vielen Jahren.
Ein Leutnant sprang von dem Lastwagen, schnappte sich das Handy, telefonierte mit Saranow, der ihn zusammenstauchte, und rief dann beim Innenministerium an.
Der Leutnant nahm Haltung an. Er sprach mit dem Sekretär des Innenministers.
»Da. - Da. Da. Da. - Srasu.« ( »Ja. Ja. - Sofort.«)
Der Leutnant knallte die Hacken zusammen. Er schaltete ab und gab das Handy zurück, salutierte vor Zamorra und Nicole.
»Wir haben Anweisung, Sie sofort zu Professor Saranow zu bringen«, verkündete er den beiden in akzentuiertem Englisch. »Der Lastwagen wird Sie hinbringen. - Entschuldigen Sie bitte die Unannehmlichkeiten.«
Zamorra zeigte sich gelassen Er winkte nur ab, für ihn sei der Fall erledigt.
»Sie müssen ja Ihre Pflicht tun.«
Er bedankte sich bei dem Dolmetscher und drückte ihm einige Dollar noten in
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