0784 - Der Seelenangler
die Hand. Kurz darauf saß er mit Nicole hinten im Armeelastwagen, in einer Reihe mit Milizsoldaten auf der Bank. Die Milizionäre waren sehr jung. Halbe Kinder, dachte Zamorra, aus seiner Sicht alt genug jedoch, um im Einsatzfall zu kämpfen, zu töten und auch zu sterben.
Der Lastwagen fuhr die Czemizevskogo-Straße entlang durch den brodelnden Stadtverkehr Moskaus und am Kultur- und Erholungspark für Moskauer Offiziere vorbei zu dem Stadtviertel, in dem Professor Saranow wohnte. Er wartete schon sehnsüchtig und rief Nicole während der Fahrt auf ihrem Handy an, das sie mitgenommen hatte.
Es funktionierte international und in allen Betreibernetzen, schließlich handelte es sich um eine erstklassige Entwicklung von Tendyke Industries und nicht um irgendwelchen Schrott.
Da zeigte sich über den Dächern von Moskau mit seinem alten Stadtkern und vielen neuen Gebäuden eine gewaltige Faust. Eine Wolke ballte sich zusammen, manifestierte sich. Groß wie ein Güterwagen erschien eine riesige Faust.
Und fegte herunter wie Thors Hammer, um den Lastwagen samt seinen Insassen zu zerschmettern.
***
Barbe Feu und der stinkende Buer lauerten in einer Wolke. Unsichtbar für die Einwohner Moskaus, kraft ihrer Magie schwebend, beobachteten sie, was sich unter ihnen abspielte. Von dem Anschlag des Anglers unter der Erde, als Zamorra und Nicole Moskau erreichten, hatten sie nichts mitbekommen.
Sie merkten nur, dass in Moskau außer den ihren noch andere dämonische Kräfte am Werk waren. Und sie verfolgten Zamorras und Nicoles Auftauchen auf dem Roten Platz und ihre Fahrt.
Der Feuerbart schnitt ein grimmiges Gesicht. Seine dreiköpfigen Zerberusse kauerten vor ihm.
»Jetzt wird abgerechnet, Zamorra«, knirschte er.
Gerade wollte er ein dämonisches Gebrüll ausstoßen, als ihn Buer zurückhielt.
»Nein, schlag lautlos, überraschend und schnell zu. Sonst ist der Amulettträger gewarnt, und wir wissen, wie schnell er reagiert. Du hast schon einmal deine Hand durch das Amulett verloren.«
Das leuchtete Feuerbart ein. Er wusste von Calderone, dass Zamorras Amulett diesen vor magischen Anschlägen schützte. Zweifellos konnte es auch jetzt einen Schutzschild um seinen Träger aktivieren, weil es nicht auf dessen Wahrnehmung angewiesen war.
Buer war schlauer als der Feuerbart, der eher ein tumber Draufgänger war. Ein Haudrauf sozusagen.
»Du musst den Lastwagen packen, emporheben und auf den Boden schmettern«, zischte Buer. Feuerkränze umspielten ihn. »Wenn du den Lastwagen samt den Insassen aus großer Höhe auf den Boden wirfst, bringst du Zamorra mit großer Wahrscheinlichkeit um. - Und die anderen Insassen hoffentlich auch.«
»Dann kann ich auch brüllen.«
Barbe Feu röhrte los wie ein Stier. Riesig formte sich seine Hand, raste herunter, rot leuchtend und schaurig. Wie eine gewaltige Baggerschaufel bekam sie den Lastwagen zu fassen -hob ihn empor, hoch über die Dächer von Moskau.
Im Lastwagen purzelten die Milizionäre durcheinander. Zamorra und Nicole hielten sich reaktionsschnell fest. Ein Milizsoldat stürzte schreiend aus dem hinten offenen Planen-LKW, einem Tatra. Die anderen klammerten sich fest. Sie waren vor Entsetzen gelähmt, konnten nicht einmal schreien.
Zamorras Amulett erzeugte eine silberne Sphäre um ihm, mit der Barbe Feus riesige Hand jedoch nicht in Berührung kam.
Fahrer und Beifahrer des LKWs klammerten sich im Führerhaus fest. Zweihundert Meter hoch waren sie, der Feuerbart-Dämon hob sie noch höher empor. Der Leutnant saß vorn auf dem Beifahrersitz.
Er wollte seinen Augen nicht trauen, nestelte an seiner Pistolentasche, wagte jedoch nicht, die Waffe zu ziehen.
Feuerbarts Fratze schaute hinten auf die LKW-Ladefläche.
Er lachte dröhnend.
»Es freut mich sehr, Zamorra, dir die Hand reichen zu können. Jetzt muss ich dich leider loslassen.«
Die riesige Hand holte aus, der LKW samt Insassen sollte auf Moskau niedergeschmettert werden, mitten auf den Roten Platz, wie ein abstürzendes Flugzeug.
»Wir sind verloren!«, rief Nicole.
Es war nicht mehr möglich, etwas zu unternehmen. Oder doch?
Zamorra hielt sich mit einer Hand an einer Strebe der LKW-Plane fest. Mit der anderen zog er den E-Blaster, den er in eiñe Schulterhalfter gesteckt hatte.
Doch es wäre zu spät gewesen. Feuerbart, von Buers dröhnendem, höhnischem Gelächter und dem Geheul seiner Zerberusse begleitet, wollte den LKW auf den Roten Platz werfen.
Doch da stoppte er. Die Riesenhand schwebte nieder, und
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