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08-Die Abschussliste

08-Die Abschussliste

Titel: 08-Die Abschussliste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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aufzumotzen. Die Punkte, in denen wir schwach aussehen.«

    Wir gingen über den Parkplatz zum ehemaligen Zellenblock und betraten ihn lautlos. Ich konnte die Geräusche schlafender Männer hören, die abgestandene Schlafsaalluft riechen. Wir liefen durch dunkle Korridore und bogen um Ecken, bis wir Carbones Zelle erreichten. Wir traten ein, und ich knipste das Licht an. Trat ans Bett. Ließ einen Finger über die Buchrücken im Regal gleiten. Zog das großformatige dünne Erinnerungsbuch an eine Tournee der Rolling Stones heraus. Hielt die Buchdeckel mit beiden Händen und schüttelte das Buch aus.
    Die vierseitige Tagesordnung einer Konferenz fiel aufs Bett.
    Wir starrten sie an.
    »Brubaker hat ihn angewiesen, sie zu verstecken«, erklärte ich.
    Ich nahm sie vom Bett und gab sie Summer. Knipste das Licht wieder aus und trat auf den Korridor hinaus. Stand dort dem jungen Delta-Sergeanten mit dem Bart und der Sonnenbräune gegenüber. Er trug Boxershorts und ein T-Shirt und war barfuß. Ich roch eine leichte Bierfahne.
    »Sieh mal an«, sagte er. »Wen haben wir denn da?«
    Ich schwieg.
    »Sie haben mich durch Ihr Reden geweckt«, sagte er. »Und weil Sie das Licht ein- und ausgeschaltet haben.«
    Ich schwieg.
    Er warf einen Blick in Carbones Zelle. »Sie sind wohl an den Ort des Verbrechens zurückgekehrt?«
    »Er ist nicht hier gestorben.«
    »Sie wissen, was ich meine.«
    Dann lächelte er vage, und ich sah, wie er die Fäuste ballte. Ich knallte ihn mit dem linken Unterarm rückwärts gegen die Wand. Sein Hinterkopf schlug an den Beton, und er bekam glasige Augen. Mein Unterarm blieb waagrecht auf seiner Brust und übte weiter starken Druck aus. Ich hielt seinen rechten Bizeps mit dem Ellbogen fest und bedeckte den linken mit der freien Hand. Nagelte ihn so fest. Lehnte mich mit meinem ganzen Gewicht gegen ihn. Verstärkte den Druck weiter, bis er kaum noch Luft bekam.

    »Tun Sie mir einen Gefallen«, sagte ich. »Lesen Sie diese Woche jeden Tag die Zeitung.«
    Dann griff ich mit der freien Hand in eine Brusttasche meiner Jacke und fand die Neunmillimeterpatrone, die er mir überbracht hatte. Die mit meinem Namen darauf. Ich hielt die Hülse zwischen Daumen und Zeigefinger am unteren Rand. Im schwachen Licht leuchtete das Messing golden.
    »Sehen Sie her«, sagte ich.
    Ich zeigte ihm die Patrone, dann rammte ich sie ihm in die Nase.
     
    Meine Sergeantin saß an ihrem Schreibtisch. Sie hatte gerade Kaffee gekocht. Ich goss zwei Becher voll und nahm sie in mein Dienstzimmer mit. Summer trug die Tagesordnung wie eine Trophäe. Sie entfernte die Heftklammer und legte die vier Blätter nebeneinander auf den Schreibtisch.
    Vor uns lagen mit der Schreibmaschine getippte Originale. Keine Durchschriften, keine Faxe, keine Fotokopien. Das war unverkennbar. An den Rändern und zwischen den Zeilen standen handschriftliche Anmerkungen und Korrekturen. Ich konnte drei verschiedene Schriften unterscheiden. Hauptsächlich Kramers Schrift, vermutete ich, aber bestimmt auch Vassells und Coomers. Dies war ein erster Entwurf gewesen, der anschließend die Runde gemacht hatte. Auch das war offensichtlich. Er war von Fachleuten durchgearbeitet und kommentiert worden.
    Auf Seite eins lasen wir eine Analyse der Probleme, vor der die Panzertruppe stand. Die integrierten Einheiten, der drohende Prestigeverlust. Die Möglichkeit, das Kommando an andere abgeben zu müssen. Die Einschätzung war düster, aber konventionell - und zutreffend, wie ich vom Chef des Generalstabs wusste.
    Die Seiten zwei und drei enthielten mehr oder weniger, was ich im Gespräch Summer vorausgesagt hatte. Vorgeschlagen wurde, wichtige Opponenten zu diskreditieren, indem schmutzige Wäsche
öffentlich gewaschen wurde. Einige der Randbemerkungen deuteten an, worum es dabei gehen könnte, und vieles davon klang sehr interessant. Ich fragte mich, wie sie zu diesen Informationen gekommen waren und ob der Chef des Heeresjustizwesens anordnen würde, diesen Hinweisen nachzugehen. Wahrscheinlich würde es irgendwer tun. Das hatten Ermittlungen so an sich. Sie verzweigten sich in alle möglichen Richtungen.
    Dann folgten Ideen für PR-Kampagnen. Die meisten waren ziemlich schwach. Diese Männer hatten nichts mehr mit der Öffentlichkeit zu tun gehabt, seit sie mit dem Bus den Hudson River hinaufgefahren waren, um in West Point ihr Plebejerjahr zu beginnen. Danach kamen Hinweise auf große Rüstungsfirmen und Vorschläge für politische Initiativen im Heeresministerium

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