0800 - Die Kaiserin von Therm
erkennen.
„Ich bin mir darüber im klaren, daß ich eine Reihe von Atavismen in mir vereinige", sagte der Dragoner lächelnd.
„Das ist es nicht!" sagte Callazian. „Wie kommt ausgerechnet ein Dragoner hierher? Die Elitetruppe unserer ehemaligen Raumstreitmacht gilt doch als... als ..."
„Reaktionär?" half Heysel aus.
„Das wollte ich nicht sagen!" protestierte Callazian. „Aber die Dragoner sind eine der Hauptstützen der tiotronischen Ordnung."
Heysel sah von Kostroy zu Callazian.
„Gehen wir?"
„Ja", nickte Kostroy. „Ich glaube, daß wir unseren neuen Freund für uns gewinnen können."
Callazian lag ein Widerspruch auf den Lippen, aber in diesem Augenblick öffnete Heysel das Tor. Hinter dem kleinen Dragoner lag die eigentliche Bahnstation. Callazian hatte sich auf dem Weg hierher ein paar mal gefragt, wie sie aussehen mochte, nun mußte er erkennen, daß seine Phantasie versagt hatte.
Die Wände waren mit selbstleuchtenden Metallplatten verkleidet. Zu beiden Seiten der Fahrmulde, die tief in einen dunklen Tunnel hineinführte, standen altertümlich aussehende Apparate, über deren Bedeutung Callazian nur rätseln konnte.
Doch das alles trat zurück angesichts einer auf Hochglanz polierten Bahn, die mitten in der Mulde stand und hinter deren erleuchteten Fenster ein paar Dutzend Soberer angeregt miteinander diskutierten.
Heysel lachte glucksend.
„Damit können wir dich in die Zentren bringen, Callazian!"
Kostroy hatte ihm inzwischen den Namen des Ankömmlings genannt.
„Es gibt dort ein paar geheime Ausgänge."
Die Soberer, die sich innerhalb der Bahn aufhielten, gehörten offenbar den verschiedensten Altersgruppen, aber auch den unterschiedlichsten sozialen Schichten an.
„Meine Arbeit ist damit getan", bemerkte Kostroy. „Ich werde dich später zurückbringen, mein Freund."
Er verschwand in einem Seitenfang, und Callazian war mit dem Kleinen Dragoner allein, Kostroys Weggang irritierte den Archivverwalter, er hatte schnell Zutrauen zu dem alten Informationsunwürdigen gefaßt.
Der kleine, behende wirkende Heysel war trotz seiner Lustigkeit unterkühlt, seine abschätzenden Blicke schienen die geheimsten Gedanken Callazians erkennen zu können.
Der Dragoner deutete auf den Wagen. Mit einer geschickten Bewegung warf er das Schalende über die rechte Schulter, dann ging er voraus.
Im Innern der Bahn war man offenbar auf die Ankömmlinge aufmerksam geworden, denn an den drei Fenstern drängten sich jetzt die Soberer. Einer von ihnen winkte, aber Callazian war nicht sicher, ob diese Geste der Begrüßung ihm oder Heysel galt.
Obwohl Callazian ein Geschlechtsloser war, vermochte er Heysels Aussehen richtig einzuschätzen. Der Dragoner war klein und häßlich, aber er hatte trotzdem etwas Anziehendes an sich.
Die Bahn war silberfarben und hatte eine entfernte Ähnlichkeit mit einem großen Projektil.
„Wir haben sie restauriert", erklärte Heysel, als hätte er Callazians Gedanken erraten, „Das heißt, die Romantiker unter uns haben es getan."
Mit diesen Worten gab der Mann deutlich zu erkennen, daß er sich an jedem anderen Ort ebenfalls mit seinen Gesinnungsfreunden getroffen hätte, der ungeduldige Unterton in seiner Stimme bewies, daß Heysel nichts für zeitraubende Zeremonien übrig hatte.
Sie bestiegen den Wagen.
Der Duft nach altem Maschinenöl und Leder stieg in Callazians Nase.
Ein großer Soberer trat ihnen entgegen. Callazian hatte den Eindruck, daß er diesen Mann schon einmal gesehen hatte, aber im Augenblick ließ ihn seine Erinnerung im Stich.
Der Mann ergriff Callazian am Arm und führte ihn in das Hauptabteil der lichtüberfluteten Bahn. Die Anwesenden hatten ihre Plätze wieder eingenommen, sie sahen Callazian mit einer Mischung aus Neugier und Freundlichkeit entgegen.
„Das ist der Archivverwalter", rief Heysel. Wenn er seine Stimme hob, bekam sie einen schrillen Beiklang. „Sein Name ist Callazian."
Da Männer und Frauen anwesend waren, machte Callazian das höfliche neutralisierende Zeichen des Geschlechtslosen.
Man reichte ihm einen Becher mit warmem Wasser und ein paar Trockenkuchen.
Callazian aß und trank langsam, das gab ihm Gelegenheit, sich an die neue Umgebung zu gewöhnen.
„Mein Name ist Zosarius", sagte der große Mann unterdessen.
„Wenn du so willst, bin ich der Anführer dieser Gruppe, obwohl der Ausdruck Organisationsleiter besser geeignet wäre."
Zosarius!
Callazian hielt unwillkürlich den Atem an.
Zosarius war einer der
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