0805 - Der Echsenvampir
nicht zögern zu schießen!« Trotz der entschlossenen Worte konnte der Sprecher eine gewisse Unsicherheit nicht verbergen.
Es musste ein Nachtwächter sein, der hier mit einiger Verspätung zu Werke trat. Sein Auftauchen konnte Andrew die entscheidenden Sekunden bringen, die er benötigte, um zu dem Echsenvampir vorzudringen.
Doch andererseits begab sich der Nachtwächter in tödliche Gefahr. Er hatte keine Ahnung davon, welches Monster sich ihm näherte. Seine Waffe konnte ihm gegen diesen Eindringling nicht viel nutzen.
Atemlos hetzte Andrew weiter. Der Schrei des beherzten Mannes spornte ihn noch weiter an. Alles war genau wie damals, als hätten die unendlich langen fünfhundert Jahre dazwischen niemals stattgefunden. Er kämpfte gegen einen Dämon, und er versuchte einem Menschen das Leben zu retten…
Ihm bot sich ein Bild des Schreckens. Der Echsenvampir, nun wieder in seiner annähernd menschlichen Gestalt, hielt den Mann in seinen Klauen. Der mit Schuppen überzogene Arm lag um die Kehle des Bedauernswerten, auf dessen Stirn der Schweiß stand. Er mochte etwa fünfzig Jahre alt sein.
»Sind Sie verletzt?«, fragte Andrew. Wenn das der Fall war, kam für den Nachtwächter jede Hilfe zu spät.
»Ich habe ihn noch nicht infiziert, aber ich werde es tun, wenn du nicht augenblicklich deine Waffe auf den Boden wirfst!« Als Andrew kurz zögerte, fügte der Dämon hinzu: »Sofort!«
Andrew gehorchte, denn ihm blieb keine andere Wahl, obwohl er nicht damit rechnete, dass der Dämon seine Geisel deswegen freiließ.
Unvermittelt ertönte der peitschende Knall eines Schusses, dicht gefolgt von einem zweiten und dritten. Der Echsenvampir gurgelte, wurde zur Seite geschleudert und überschlug sich auf dem Boden. Doch er war rasch wieder auf den Beinen.
Der Nachtwächter hatte geschossen!
Andrew sah, wie für eine Sekunde lang schwarzes Blut aus dem Schuppenarm des Monstrums lief, bevor sich die Wunde dort wieder schloss. Genauso war es mit einem Einschussloch in seinem Brustkorb.
Mit seiner Verzweiflungstat hatte der Nachtwächter dem Dämon keinen wirklichen Schaden zugefügt, doch die schiere physikalische Gewalt der Schüsse hatte den Echsenvampir von seiner Geisel weggeschleudert.
Und genau das gab Andrew die Sekunden, die er benötigte. Er hechtete zum auf dem Boden liegenden Blaster, ergriff ihn und schoss.
Der nadelfeine Strahl bohrte sich in das schwarze Herz des Ungetüms.
Es war, als habe Andrew den Vampir gepfählt.
Mit ungläubig aufgerissenen Augen sackte der Echsenvampir, Andrews Gegner über Jahrhunderte hinweg, in sich zusammen und starb.
Es war derselbe Vorgang wie bei seinen Dienerkreaturen, nur vollzog er sich noch schneller. Die Schuppen verschwanden, dann löste sich der komplette Körper in Staub auf, rascher als das menschliche Auge es verfolgen konnte.
Epilog
»Unglaublich«, meinte Zamorra, als sie wieder ins Château zurückgekehrt waren. »Ich habe selten einen Menschen erlebt, der in die Gewalt eines Dämons geraten ist und so beherzt reagiert hat.«
»Er hat seine Dienstwaffe gezogen, dem Monstrum in den Arm geschossen, der ihn umklammerte, sich dann aus dem gelockerten Griff gewunden und dem Dämon zweimal in die Brust geschossen. Der Echsenvampir wurde zurückgeschleudert, und der Nachtwächter war frei.« Andrew schüttelte den Kopf. »Wenn ich es nicht selbst erlebt hätte, ich wäre der festen Überzeugung, die Szene stamme aus einem James-Bond-Film.«
»James Bond und Dämonen?«, meinte Nicole skeptisch.
»Jetzt bist du wohl diejenige, die alles allzu genau nimmt.« Zamorra grinste. Auch Sid Amos war im Raum anwesend. »Ich bin euch noch eine Erklärung schuldig«, meinte er.
Augenblicklich verstummten alle.
»Ich sagte euch, dass ich im Auftrag eines anderen handele.«
»Und dass höhere Interessen im Spiel sind«, meinte Zamorra.
»Ich werde Andrew mit mir nehmen«, sagte Sid Amos.
»Da habe ich wohl auch noch ein Wörtchen mitzureden«, brauste Andrew auf. »Zugegeben, die Show, die du veranstaltet hast, hat meine Meinung über dich ins Wanken gebracht, aber…«
»Lass es gut sein«, unterbrach Nicole und wandte sich dann dem ehemaligen Höllenfürsten zu. »Wohin wirst du ihn bringen?«
»Zu meinem Bruder.«
Andrew hob fragend die Augenbrauen.
»Nach Caermardhin«, erklärte Sid Amos. »Zu Merlin.«
ENDE
[1] Siehe Professor Zamorra Nr. 802 »Besuch aus der Hölle«
[2] Siehe Professor Zamorra Nr. 500 »Die Quelle des Lebens«
[3] Siehe Professor
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