0805 - Der Echsenvampir
hörte, wie er sich mit festen Schritten entfernte, ohne eine weitere Antwort abzuwarten. Der linke Fuß schleifte dabei jeweils für einen beinahe unmerklichen Moment über dem Boden.
Arthur griff nach der feinen Zeichenfeder, die ihm zur Verfügung gestellt worden war, und tunkte sie in das Fässchen mit der roten Farbe. Das Motiv, das nach den Wünschen des Druckers die Initiale ausfüllen sollte, war eine Rose, das Druckersiegel der Werkstätte Hartmanns.
Während Arthur rasch vorankam und die Rose Gestalt gewann, dachte er daran, welch merkwürdiger Zufall es war, dass er vor allem in Rot zu zeichnen hatte. Der Farbe des Blutes. Denn Blut war es, das ihn hierher geführt hatte. Die Blutspur eines Vampirs, der mit erschreckender, Grauen erregender Härte vorging…
***
Frankreich, südliches Loire-Tal, Château Montagne, Gegenwart
»Fooly ist in letzter Zeit dick geworden, meinst du nicht?« Zamorra sah seine Gefährtin Nicole Duval an, die nicht recht wusste, ob er scherzte oder es ernst meinte.
»In letzter Zeit?«, fragte sie deshalb und grinste.
»Lass mich präzisieren: er ist in letzter Zeit noch dicker geworden, oder?«
Die beiden Dämonenjäger kamen nicht mehr dazu, diese brennende Frage auszudiskutieren, denn der - neutral ausgedrückt - rundliche Jungdrache, dessen Anblick Zamorra zu seiner Frage gebracht hatte, war zu nahe herangekommen. In seiner Gegenwart weiter darüber zu reden, wäre ein großer Fehler gewesen.
»Besuch!«, rief Fooly.
»Warum so aufgeregt?«, fragte Zamorra und erhob sich mühsam aus dem äußerst bequemen Sessel. Gäste waren auf Château Montagne nicht selten.
»Ich habe den Mann noch nie gesehen, der sich gerade zu Fuß den Weg bis ans Schlosstor hinaufquält, und seine äußerst hübsche Begleiterin ebenfalls noch nicht, doch…« Der Jungdrache brach in seiner Erklärung ab und bewegte seinen Kopf hin und her.
Nicole seufzte. »Du hast es geschafft, Fooly. Meine Ruhe ist dahin, und ich bin neugierig geworden. Doch was?«
»Doch er kommt mir bekannt vor. Eure Erzählung von ihm war sehr lebendig.«
Zamorra tauschte einen raschen Blick mit seiner Geliebten, die für ihn einen erfreulicheren Anblick bot als Fooly, zumal sie, da sie unter sich waren, wie üblich recht freizügig bekleidet war.
Sein Herz schlug etwas heftiger, doch nicht wegen Nicoles aufregenden Kurven, sondern weil ihm ein bestimmter Verdacht kam. »Wer?«, fragte er scharf.
»Wer wird denn gleich aggressiv werden? Ohne mich wüsstet ihr ja nicht einmal, dass sich überhaupt irgendjemand nähert!« Fooly sah beleidigt drein und machte Anstalten, das Zimmer zu verlassen.
»Wer?«, zischte nun auch Nicole.
Es musste die Übermacht sein, die den Jungdrachen zum Einlenken brachte. »Warum nur sind mal wieder alle gegen mich?«, lamentierte er, doch als ihn bitterböse Blicke trafen, gab er auf. »Ich glaube, es ist dieser Schillings.« Als sei damit alles gesagt, drehte sich der Jungdrache behäbig um und stieß eine Art Seufzen aus.
»Andrew Millings?« Zamorra pfiff leise durch die Zähne.
Nicole sprang bei diesen Worten auf. »Heißen wir ihn willkommen! Los doch, Zamorra!« Sie rannte an Fooly vorbei und verließ das Zimmer.
»Sie kommen zu zweit?«, vergewisserte sich Zamorra.
»Ohne die hübsche Frau wäre ich auf den unscheinbaren Kerl doch gar nicht aufmerksam geworden.«
Zamorra spurtete Nicole hinterher. Er musste sie wenigstens noch dazu bringen, sich etwas anzuziehen, bevor sie die Tür öffnete…
Andrew Millings und Diana Cunningham - Nicole und er hatten die beiden vor einigen Wochen auf der kleinen griechischen Insel Paxos kennen gelernt, die einige Dämonen zu einer Touristenfalle ausbauen wollten. Nach einigem Hin und Her hatten sie die Dämonen vernichten können - und von Andrew Millings Erstaunliches erfahren, das Zamorra seitdem umtrieb und ihm keine Ruhe mehr ließ. [1]
Sie wussten nichts Genaueres aus dem Leben von Andrew Millings - doch es gab keinen Zweifel daran, dass er nicht nur ein Unsterblicher war, sondern seine Unsterblichkeit dadurch erlangt hatte, dass er vor Jahrhunderten aus der Quelle des Lebens getrunken hatte.
Die Unsterblichkeit, die Millings dadurch erlangt hatte, war eine relative - es gab für ihn keinen natürlichen Tod mehr, nur noch die Gefahr eines gewaltsamen Todes.
Genau wie für Nicole und Zamorra selbst.
Sie wussten, dass vom jeweiligen Erbfolger einmal in seinem Leben ein Auserwählter zur Quelle des Lebens geführt werden musste, in
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