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0818 - Sarkanas Erbe

0818 - Sarkanas Erbe

Titel: 0818 - Sarkanas Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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Erstaunlich weiße und gesunde Zähne strahlten den Physiker an. »Du bist dick. Du brauchst viel, ja? Dann komm mit!«
    Der Kleine gab Gas - und van Zant hatte Mühe, in dem Gewimmel und Gedränge seinen Führer nicht zu verlieren. Artimus musste schmunzeln. Der Knabe war ehrlich und geradeheraus.
    Er gefiel ihm…
    ***
    Yehab öffnete die Tür zu dem Hinterzimmer in der obersten Etage des Geschäftshauses, an der das Messingschild mit den vier verschnörkelten Buchstaben prangte: Büro
    Von hier aus kontrollierte er all seine Geschäfte. Er kaufte nicht nur afrikanische Kunstgegenstände und Kuriositäten auf. Yehab besaß mehrere gut gehende Garküchen und Restaurants, die von den Touristen besucht wurden. Unzählige Schlepper sorgten überall in der Kasba dafür, dass hungrige Amerikaner, Europäer und Japaner den Weg in-Yehabs Läden fanden.
    Mit den beiden schweren Eisenriegeln sperrte er hinter sich zu. Ungeladenen Besuch konnte er jetzt nicht brauchen. Der Raum war überfüllt mit Wandteppichen, Skulpturen, großformatigen Ölbildern und ausgestopften Tieren, die allesamt auf der Artenschutzliste standen.
    Der alte Schreibtisch wirkte in seiner Schlichtheit verloren zwischen all diesem Plunder. Dennoch war gerade er es, der den größten Schatz des alten Händlers beherbergte.
    Als-Yehab die Tür im Untergestell des Sekretärs öffnete, kam der kleine Safe zum Vorschein. Yehab steckte den doppelbärtigen Schlüssel in die Öffnung, die direkt unter dem Drehknopf lag, dessen eingeprägte Zahlen nur noch mit Mühe zu entziffern waren.
    Der Alte musste nicht hinsehen, um die richtige Ziffernkombination nacheinander einzustellen. Im Safe befanden sich zwar nur zwei kleine Gegenstände, doch die holte er seit Jahren nahezu täglich hervor. Einfach so, nur um sie zu betrachten.
    Heute jedoch war das anders. Die Erregung, die ihn in der Nacht schon nicht hatte schlafen lassen, wurde nun mit jedem Atemzug stärker. Es war nicht der eiskalte Mord, der ihn um seine Nachtruhe gebracht hatte. Yehab war kein Killer, doch er war hier in der Kasba aufgewachsen, hatte niemals woanders gelebt. Ein Menschenleben galt hier nicht viel. Er konnte nicht zählen, wie oft er selbst nur um Haaresbreite dem Tod entgangen war.
    Eine Kugel steckte noch heute nahe bei der Lunge in seinem Leib, weil keiner der Ärzte Algiers das Risiko eingehen wollte, sie zu entfernen. Und an Yehabs linker Hand fehlten der Ringfinger und der Daumen. Ein Trupp Messerschwinger hatten vor vielen Jahren versucht, ihm im Dunkel der Nacht die Kehle aufzuschlitzen. Yehab war schneller gewesen als sie - und viel besser mit der Klinge. Zwei Finger… sein Vater hatte immer gesagt: »Ein bisschen Schwund ist immer, mein Sohn.« Der Mann hatte meist Recht gehabt…
    Die Leiche des Diebes, der ihm das Kleinod zum Kauf angeboten hatte, war längst verscharrt. Irgendwo am Rande der Kasba. Niemand würde sie finden. Und wenn doch, dann war es unwahrscheinlich, dass sich wirklich jemand die Mühe machte, nach dem Mörder zu fahnden.
    Die Polizei ganz sicher nicht.
    Yehab hatte ihn nicht getötet, weil er ihm den Preis nicht hätte bezahlen können. Nein, das war nicht der Grund gewesen. Yehab war nicht arm. Aber im Haschischrausch und bei sicher mehr als einem Besäufnis hatte der Kerl immer wieder damit geprahlt, zwei der drei bereits zu besitzen. Er konnte den Mann nicht am Leben lassen. Vollkommen unmöglich, denn irgendwann hätte der geplaudert. Von diesem Moment an wäre das Leben des Alten keinen Centime mehr Wert gewesen.
    Natürlich hatten sie ihn alle immer ausgelacht, wenn er seine Geschichte zum Besten gab. Märchenerzähler und Spinner hatten sie-Yehab genannt. Doch in ihren Augen hatte er deutlich gesehen, dass keiner von ihnen sich seiner Sache da so ganz sicher war.
    Die drei Asasabonsam waren eine uralte Legende Afrikas. Sie stammte ursprünglich von dem im Süden Ghanas lebenden Stamm der Aschanti, andere Varianten von der Elfenbeinküste und aus Togo.
    Asasabonsam oder auch Asanbosam -was spielte der Name schon für eine Rolle?
    Immer ging es um menschähnliche Wesen, die auf Bäumen hausten und sich von dort aus auf ihre Opfer stürzten. Alle Beschreibungen hatten eine Gemeinsamkeit: Die Eisenzähne der Wesen, mit denen sie ihre Gefangenen aussaugten - bis auf den letzten Blutstropfen.
    Yehab wusste es besser. Als er vor über 60 Jahren hier in der Kasba geboren wurde, da lebte hier ein Mann, den die meisten für einen senilen Spinner hielten.

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