0821 - Die Gravo-Katastrophe
Noch befand er selbst sich auf einem mordonken Platz, also in einer Zone, die sich mit ihm zusammen in Harmonie mit den scharf abgegrenzten Gravitationsflecken der Umgebung gegenseitig ergänzte. Wie lange würde dieser Zustand noch anhalten, der ihm über Hunger, Durst und Verzweiflung hinweghalf? Er wußte es nicht. Er wußte nur, daß niemand kommen, ihn zur Waage führen und seinen Gravobeutel abschneiden und mit den rituellen Worten des Freudenopfers in die Substanz der Waage einverleiben würde. Er war zutiefst enttäuscht.
War Sinn in seinem Leben gewesen?
Sah so der Endpunkt der Existenz auf der untersten Ebene aus? War es immer so ernüchternd und desillusionierend, auf den Eintritt ins Nirwana zu warten, auf die höchste, allein glücklichmachende Erfüllung langer Jahre und angestrengten Strebens?
Der Straßenmeister wartete geduldig. Er wußte nicht, worauf er wartete. Er war entwurzelt und heimatlos; noch schwerer wog, daß er keine geistige, innere Heimat sah, von der äußeren, die an Beruf und Wohnblase assoziiert war, ganz abgesehen. Er war enttäuscht und begann zu zweifeln.
Niemand wollte oder brauchte ihn.
Er war weniger wert als ein Sandkorn. In Wirklichkeit war es wohl so, daß er und seinesgleichen nichts wert waren und nur den Interessen der Höheren dienten - wie Vieh, das man mästete und schlachtete.
Er stand langsam auf und machte sich wieder auf den Weg zur Waage, und schon nach den ersten Schritten wußte er mit unumstößlicher Gewißheit, daß auch dieser Versuch unbefriedigend enden würde wie alle vorher. Alles war sinnlos. Er und Millionen anderer namenloser Varben hatten umsonst gelebt.
Diese Wahrheit der Erkenntnis half ihm nicht. Sie stürzte ihn in noch größeres geistiges Elend, aber da gab es keine Chance, keinen Ausweg - alles war hohl, sinnlos und eine gewaltige, mit phantastischen Farben ausgeschmückte Lüge.
Er wußte es jetzt - endlich. Niemand aber würde ihm diese Einsicht glauben.
ENDE
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