0844 - Fremde auf Olymp
gegenüberliegenden Öffnungen des Zentralen Antigravschachts auf Deck 2 vorbeischwebte, registrierten die Taster seines Ortungskopfs ein etwa menschengroßes Lebewesen, das sich etwa sechs Meter hinter ihm vor den Hangarzugängen befand.
Die positronische Gehirnsektion unterdrückte den Impuls der organischen Sektion, nach dem nächsten Haltegriff zu greifen, sich zur Öffnung zu ziehen und sich umzusehen.
Wenn der Fremde ihn gesehen hatte, sollte er glauben, er selbst wäre nicht entdeckt worden.
Der Vario-Roboter überlegte, wie der Fremde - falls er ihn gesehen hatte - reagieren würde. Er versuchte, sich in seine Lage zu versetzen, wobei er die Annahme zugrunde legte, daß dia Logik des Fremden der Logik aller sauerstoffatmenden Intelligenzen entsprach, die man bisher kannte.
Vom Standpunkt des Fremden aus war er, Anson Argyris, ein Eindringling, den die Neugier in das Raumschiff getrieben hatte.
Ein Eindringling würde seine Neugier aber am ehesten in der Hauptzentrale befriedigen können - und da der Eindringling nicht ahnte, daß er bereits entdeckt worden war, erschien es logisch, ihn in der Hauptzentrale zu überraschen und zu überwältigen.
Folglich brauchte der Freifahrerkaiser seinen Plan, die Hauptzentrale aufzusuchen und das positronische Logbuch abzuhören, nicht einmal zu ändern. Er mußte nur auf der Hut sein, denn er konnte zwar durch Schockwaffen nicht ausgeschaltet werden, auch wenn die bionische Komponente seines Gehirns leicht „vernebelt" wurde, aber eine schwere Impulswaffe vermochte ihn genauso zu zerstören wie jeden anderen Roboter.
Schon- vor längerer Zeit hatte Anson Argyris den Thermo-Intervall-nadler im Hohlraum seines rechten Roboterarms gegen einen Paralysator ausgetaucht, damit er neben dem Intervall-Desintegrator im linken Arm über eine Waffe verfügte, die nicht tödlich wirkte.
Diesen Paralysator machte er jetzt feuerbereit. Gleichzeitig bereitete er sich darauf vor, den Individualschirmprojektor, der in der großen Gürtelschnalle mit dem Reliefbild von Roi Dantons Kopf verborgen war, einzuschalten. Der IV-Projektor wurde von einem Mikrofusionsreaktor siganesischer Produktion mit Energie versorgt.
Außerdem erfüllte die Eigenstrahlung des Mikroreaktors auch im Leerlauf die Funktion, die schwache Streustrahlung der Energiestation des Vario-Roboters zu überlagern und damit das robotische System innerhalb der Kokonmaske vor Entdeckung zu bewahren.
Als der Kaiser den Liftschacht in Höhe von Deck 4 verließ und durch die Aussparung des Kartentischs trat, der die mitten durch die Hauptzentrale führende Liftröhre kreisförmig umgab, registrierten die Taster seines Ortungskopfs, daß der Fremde ihm in einem der kleineren Parallel-Liftschächte folgte und ihn in Höhe der Krankenstation verließ.
Er würde also vermutlich durch den Nebeneingang der Hauptzentrale kommen, der rund fünf Meter über dem Boden der Zentrale lag und von dem aus eine Treppe neben der Kontrollwand der Bordpositronik nach unten führte.
Tatsächlich registrierten die Taster bald darauf die Gestalt des Fremden im offenen Nebeneingang.
Anson Argyris wandte ihm den Rücken zu und beugte sich über die Schaltkonsole des positronischen Logbuchs.
Es gehörte einige Selbstüberwindung dazu, denn er konnte ja nicht wissen, ob der Fremde schon dort oben plötzlich zur Waffe griff, um ihn in den Rücken zu schießen.
Aber der Freifahrerkaiser wollte sichergehen, daß ihm der Fremde nicht entkam. Deshalb wartete er, bis er die Treppe zur Hälfte herabgestiegen war. Dann drehte er sich blitzschnell um.
Verblüfft starrte er auf den Topsider, der in seinen Bewegungen erstarrte war.
Anson Argyris zweifelte nicht daran, daß er einen Topsider vor sich hatte. Diese hochintelligenten Echsenabkömmlinge aus dem Sonnensystem Orion-Delta unterschieden sich erheblich von anderen, plump wirkenden Echsenankömmlingen. Topsider waren menschengroß, besaßen zwei Beine und zwei Arme, eine braun-schwarze Schuppenhaut, glatte, schuppenlose, breite Schädel und halbkugelförmig hervorstehende bewegliche Augen.
Füße und Hände waren sechsgliedrig, aber die Krallen der Vorläuferart waren bei ihnen ebenso zu Fingernägeln zurückgebildet wie beim Menschen. Für einen Menschen ohne Vorurteile boten sie einen ästhetischen Anblick - auch für Anson Argyris, obwohl er trotz seines menschlichen Denkens kein Mensch war.
Vor allem aber waren die Beziehungen zwischen Menschen und Topsidern schon seit Jahrhunderten gut
Weitere Kostenlose Bücher