0852 - Feuer, Asche, altes Blut
sogar hindurch. Er hatte die Arme erhoben, als wollte er jede einzelne Feuerzunge umarmen. Er war verrückt, er reagierte so, wie man sich überhaupt nicht im Feuer verhielt. Aber das Außergewöhnlichste kommt noch«, sagte Jane und lächelte. »Während er in den Flammen stand oder durch sie tanzte, hielt er stets den Mund weit geöffnet, als wollte er schreien, aber er schrie nicht. Dieses Öffnen des Mundes war die reine Schau, denn er wollte den Zuschauern etwas präsentieren. Was ist das wohl gewesen?«
Die Frage galt Suko ebenso wie mir, und keiner von uns kannte die Antwort.
»Sag du es«, meinte Suko und schob mir damit den Schwarzen Peter zu.
»Ich weiß es nicht.«
Jane lächelte wie jemand, der mehr wußte. »Was ist mit dir, Suko?«
»Ich schließe mich Johns Meinung an.«
Jane stimmte uns zu. »Ich hätte an eurer Stelle nicht anders reagiert. Aber ich weiß mehr, und ich komme wieder auf die Zeugenaussagen zurück. Diese Männer und Frauen haben den Unbekannten aus der Nähe gesehen, sie konnten ihn genau erkennen, und sie haben sich dabei auch auf sein Gesicht konzentriert. Wie gesagt, sein Mund war nicht geschlossen. Sie schauten hinein, sie sahen die Zähne, und ihnen fielen auch die beiden Vampirhauer auf, die aus dem Oberkiefer hervorstachen wie zwei gekrümmte Messerspitzen.« Jane nahm wieder eine andere Sitzhaltung ein und hob dabei die Schultern. »Jetzt seid ihr an der Reihe.«
Wir sagten zuerst einmal nichts. Auch Sir James hielt die Lippen geschlossen.
Ich wandte mich schließlich an ihn. »Sie stimmen mit dem überein, Sir?«
»Unser Informationsstand ist jetzt gleich«, erklärte er. »Ich weiß nicht mehr als Sie.«
»Ja«, murmelte ich, »das habe ich mir gedacht.« Neben mir schnaufte Suko durch die Nase.
»Und die Zeugen haben sich nicht getäuscht? Da bist du sicher, Jane?«
»Ich kann nur wiederholen, was ich hörte. Es gab da einen Vampir in grüner Kutte. Einen Feuer-Vampir oder so…«
»Gesetzt den Fall, es stimmt«, sagte ich, wobei ich davon noch nicht überzeugt war. »Haben die Zeugen auch gesehen, wohin dieser Vampir verschwunden ist?«
»Ja und nein. Da unterscheiden sich die Aussagen. Er wurde ja nie lange beobachtet, denn die Menschen haben zugesehen, aus der unmittelbaren Nähe des Feuers zu entkommen. Es gab Aussagen, die davon sprachen, daß dieses Wesen von den Flammen verschlungen worden ist. Andere haben von einer Flucht gesprochen und so weiter. Da unterscheiden sich die Aussagen kräftig voneinander. Aber das müßte herauszubekommen sein.«
Ich war ziemlich von der Rolle, das sah man mir auch an. Mit einer etwas fahrigen Bewegung fuhr ich durch mein Gesicht. »Wenn das alles so stimmt, wie du es uns erzählt hast, Jane, dann wären ja gewisse Gesetze auf den Kopf gestellt oder außer Kraft gesetzt worden. Bisher sind wir davon ausgegangen, daß gerade ein Vampir mit Feuer zu bekämpfen war. Dem konnte er nichts entgegensetzen. Wenn wir den Zeugen glauben, stimmt das alles nicht mehr. Es gibt also einen Vampir, der sich innerhalb der Flammen wohl fühlt. Stimmt das?«
»So könnte man es sehen, John.«
»Und in die Öffentlichkeit ist bisher nichts gelangt? Ich meine, wir hätten es in den entsprechenden Gazetten lesen müssen.«
»Zum Glück nicht. Alles spielt sich im Hintergrund ab. Aber die Versicherung weiß Bescheid, und man hat mich beauftragt, mich um die Brände zu kümmern.«
»Daran wirst du zu knacken haben«, sagte Suko.
»Nicht ich allein. Als ich von diesem Vampir hörte, habe ich natürlich an euch gedacht. Ich sprach auch schon mit Sir James. Er ist ebenfalls einverstanden, daß ihr mit einsteigt. Ich bin der festen Überzeugung, daß es ein Fall für uns werden wird. Ein Feuer-Vampir, denkt mal nach. Das ist doch ein Hammer.«
»Sogar ein schwerer«, murmelte ich. »Ein Vampir, der von Flammen nicht vernichtet wird. Es will mir einfach nicht in den Kopf. Das… das packe ich nicht.«
Keiner der anderen gab einen Kommentar. Auch Jane, Sir James und Suko waren nachdenklich geworden, und der Superintendent sprach aus, was ich befürchtete. »Sollte da eine neue Generation von Blutsaugern entstanden sein? Haben wir geschlafen? Haben wir entsprechende Entwicklungen nicht mitbekommen? Wenn ich diesen Gedanken weiterführe, könnte ich zu sehr deprimierenden Ergebnissen gelangen. Bisher ist nur einer dieser außergewöhnlichen Blutsauger entdeckt worden. Müßten wir denn davon ausgehen, daß es noch weitere gibt?«
»Bisher
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