0852 - Feuer, Asche, altes Blut
Übergewicht.
Abfangen konnte er sich nicht mehr. Die Welt drehte sich plötzlich, weil er sich gedreht hatte. Über den Aufprall fluchte er.
Schmerzen spürte er keine, aber diese Unterbrechung behinderte ihn wieder für einige Zeit, und das haßte er.
Beau Lambert kam wieder auf die Füße. Er schüttelte den Kopf, als wollte er die zahlreichen Gehirnwindungen wieder zurechtlegen.
Aus seinem Mundwinkel rann ein stinkender Saft, der sich mit der Asche auf dem Kinn vermischte.
Lambert nahm sich vor, in Zukunft besser achtzugeben. Vorsichtig, setzte er nun Fuß vor Fuß. Dabei kam er gut voran, diesmal war kein Stein da, der ihn hätte stolpern lassen, aber der Ärger mit den Beinen blieb. Sie waren so ausgelaugt wie der gesamte Körper, denn auch sie lechzten nach Blut.
Der Gedanke daran trieb ihm wieder die Zunge aus dem Mund.
Selbst sie fühlte sich trocken an, und er konnte seine Lippen nicht damit benetzen.
Aber er gab nicht auf, und er sah, daß der alte Friedhof näher und näher rückte. Die Grabsteine waren jetzt besser zu unterscheiden, sie hatten Konturen bekommen, es war ein schauriges Bild für den normalen Betrachter, für ihn aber war es so etwas wie eine Hoffnung.
Dort würde er sein Versteck finden können.
Schwankend hatte er schließlich den Grund der Mulde erreicht und blieb dort stehen. Er beugte den Kopf und auch seinen Körper vor. Dabei drang ein tiefes Stöhnen aus seinem Mund, denn zu atmen brauchte ein Geschöpft der Nacht nicht.
Er richtete sich auf.
Er wollte lächeln, das gelang ihm nicht mehr. Seine Gesichtszüge froren ein.
Auf dem Friedhof bewegte sich etwas, denn zwischen den höheren Grabsteinen hatte die Gestalt geduckt gelauert und sich erst jetzt zu ihrer vollen Größe aufgerichtet.
Es war Will Mallmann – Dracula II!
***
Er stand da, als hätte er einen Auftritt auf der Bühne gehabt oder wäre der Star einer schaurigen Filmszene. Beides traf nicht zu, denn dies hier entsprach der Wirklichkeit, auch wenn es sich in einer anderen Welt abspielte.
Wie hatte ich nur denken können, ihm zu entwischen, dachte Beau Lambert. Wie konnte ich nur so dumm sein? Wem gehört denn diese Welt? Nur ihm, nur Dracula II. Er war in diesem Reich der absolute Herrscher. Er bestimmte, wer weiterhin existierte und wer vernichtet wurde.
Beau Lambert glaubte daran, daß er es war, der sehr bald seine Existenz aufgeben mußte. Aber er wollte aufrecht in den Tod gehen und dem Blutsauger mit dem roten D auf der Stirn keine Furcht oder Angst zeigen. Diesen Triumph sollte Mallmann nicht erleben.
Er würde ihm Fragen stellen, und Beau würde sie ihm beantworten, wenn möglich.
Noch stand Dracula II zu weit entfernt. Das allerdings änderte sich, denn mit einer gleitenden Bewegung umging er einen Grabstein, wobei er sich noch kurz mit seiner bleichen Hand auf der Oberkante abstützte, und ging auf dem weichen Boden des Friedhofs direkt dem Abtrünnigen entgegen.
Beau Lambert hatte ihn aufrecht und starr erwarten wollen, um seine Selbstsicherheit zu zeigen, aber er schaffte es nicht. Immer wieder schwankte er, und so konnte er nur hoffen, daß er nicht noch vor die Füße des Supervampirs fiel.
In einer ihm angenehmen Entfernung blieb Mallmann stehen. Er war wie immer dunkel gekleidet, natürlich mit dem langen Mantel, der seinen schwarzen Anzug verdeckte.
Im Gegensatz dazu stand sein blasses Gesicht. Eine Haut wie helle Asche, aber dunkle Augen und das Haar dabei so glatt nach hinten gekämmt, daß es schon wie eine Perücke wirkte. Vorn lief die Frisur etwas spitz der Stirn entgegen, ließ aber für das blutrote D, Mallmanns Markenzeichen, noch Raum genug.
Dracula II sagte kein einziges Wort. Er starrte Beau Lambert nur an. Dann kräuselte ein Lächeln seine Lippen. Lambert wußte, daß er jetzt angesprochen wurde. »Hast du gedacht, daß du schlauer wärst als ich? Daß du in meiner Welt machen kannst, was dir gefällt?«
»Nein, ich hatte…«
»Lüg nicht!« peitschte die Stimme wieder auf. Sie hörte sich kalt und grausam an. Vampire kennen keine positiven Gefühle. Das war dieser Stimme anzuhören.
Der Gemaßregelte senkte den Kopf. Sie redeten wie Menschen, wie Chef und Angestellter. Ihren Worten war kaum zu entnehmen, daß sie zu den Wiedergängern und Geschöpfen der Nacht gehörten.
Mallmann machte es kürz und sprach trotzdem länger. Er brachte Beau Lambert nahe, was er alles falsch gemacht hatte, daß in dieser Welt nur einer herrschte, nämlich er, und er fragte ihn
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