0852 - Feuer, Asche, altes Blut
denn ein Mann wie er hatte sich in der Gewalt und zeigte seine Angst nicht.
Die Kette scheuerte leicht über meine Haut, das Kreuz glitt – noch versteckt an meiner Brust in die Höhe, und auch der Feuer-Vampir veränderte sich.
Zumindest zeigte er, wie erregt er war. Er stand nicht unter Strom, wie man normalerweise sagte, er stand unter Feuer, und das war auch für mich spürbar.
Seine Haut veränderte sich auf eine ungewöhnliche Art und Weise. Sie wurde rot, vielleicht war sie auch dünner geworden und stand kurz vor dem Platzen.
Ich mußte mich von dem Gedanken befreien, daß in den Adern des Wesens vor mir Blut floß. Wenn überhaupt dort etwas zirkulierte, dann war es Feuer. Flammen, die sich dicht unter der Haut wie ein Kreislauf aufbauten.
Er sah das Kreuz!
Für einen winzigen Augenblick zuckte er zusammen. Dann verschwand ein Teil der Farbe aus seinen Augen, aber er hatte den Mund noch weiter geöffnet, und zwischen seinen Lippen erkannte ich die unruhige Bewegung der Flammen.
Diese Warnung reichte mir, um erst gar nicht auf den Gedanken zu kommen, etwas zu unternehmen. Ich blieb gelassen, ließ das Kreuz pendeln und warf es dann weg.
Nicht weit von der Beretta entfernt landete es. Weit genug für ihn, zu weit für mich, und Beau Lambert entspannte sich. Eine dunkle, wie verbrannt wirkende Zunge leckte über seine Lippen, bevor er mir zunickte. »Ja, das war gut, Sinclair. Ich hätte nicht gedacht, daß es so einfach sein würde.«
»Manchmal irrt man eben!«
»Sogar Mallmann fürchtete sich. Der große Dracula II. Das kann ich nicht begreifen.«
»Er wird seine Gründe gehabt haben.«
Lambert kicherte. »Bestimmt, und ich werde ihn danach fragen, Sinclair, darauf kannst du dich verlassen. Aber später, wenn ich deine Asche zusammengekehrt habe und sie ihm überbringen werde. Er wird sich freuen, er wird jubeln, das kann ich versprechen.«
Ich war gespannt darauf, wie es weitergehen würde. Ich konnte mir vorstellen, daß er plötzlich explodierte und dieses Büro in eine Flammenhölle verwandelte. Wenn ich dabei Sir James anschaute, so sah er aus, als würde er ebenfalls jede Sekunde damit rechnen. Das entnahm ich seinem Blick.
Noch passierte nichts.
Warten.
Sekunden vergingen. Lambert genoß seinen Triumph. Er suchte nach Worten, um mir gewisse Dinge klarzumachen, und hatte sie endlich gefunden. »Ich möchte dir einen Tausch vorschlagen, Sinclair. Einen ganz einfachen Tausch.«
»Aha. Und welchen?«
»Komm her!«
Noch blieb ich stehen. »Was geschieht dann?«
»Du sollst zu mir kommen. Ich will dich haben. Wenn nicht, wird dein Chef verbrennen!«
Das war kein Bluff, denn so etwas hatte eine Person wie Lambert nicht nötig. Dieser Feuer-Vampir durfte auf keinen Fall unterschätzt werden. Er war im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährlich, und ich mußte das tun, was er verlangte.
Nur stellte ich mir die verzweifelte Frage, wie ich aus dieser Lage wieder herauskommen sollte. Bisher war mir noch keine Möglichkeit eingefallen. Durch die Geiselnahme meines Chefs hielt Beau Lambert alle Trümpfe in der Hand.
»Willst du nicht, Sinclair?«
»Doch, ich werde kommen.« Mein Lächeln sah bitter aus. »Es ist nur so. Ich muß mich erst an die neue Rolle gewöhnen.«
»An die des Verlierers, denke ich.«
»Kann sein.«
»Dann komm endlich!«
Es trennten uns nicht mal drei Schritte, und diese Entfernung war rasch zusammengeschmolzen. Lambert wartete auf mich und schaute einzig und allein mich dabei an. In den grünen Augen las ich nicht einen Funken Gefühl. Sie waren von einer gläsernen Kälte.
Ich konnte mir vorstellen, daß sie jeden Augenblick zersprangen und mir ihren feurigen Inhalt entgegenschleuderten.
Als ich die Hälfte der Distanz hinter mich gebracht hatte, bewegte sich der Vampir. Er drückte Sir James zur Seite und streckte mir seinen rechten Arm entgegen. »Komm her, Sinclair«, flüsterte er mit vibrierender Stimme. »Komm nur zu mir. Ich habe auf dich gewartet, und ich habe Mallmann versprochen, dich zu umarmen. Ist das nicht wunderbar? Wir beide ganz nah, so nah wie ein Liebespaar, das schließlich in seiner leidenschaftlichen Glut verbrennt.« Er amüsierte sich über seine eigenen Worte. Er lachte schrill und verrückt.
Ich bekam mit, wie mein Chef den Kopf schüttelte. Auch er hielt diesen Blutsauger für einen Spinner, aber er sagte nichts. Jedes Wort wäre verschwendet gewesen. Noch wurde er festgehalten, aber der Vampir hatte ihn gedreht und mit der linken
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