0852 - Feuer, Asche, altes Blut
doch Sir James wagte nicht, sich zu bewegen, und sicherlich wußte er auch den Grund.
»Und nun?« fragte ich, spreizte die Arme und zeigte, daß ich gewillt war, nichts zu unternehmen.
»Du hast doch eine Waffe«, flüsterte er.
»Stimmt.«
»Nimm sie behutsam hervor und wirf sie einfach weg! Aber hüte dich, auch eine Kugel würde nichts bringen. Ich bin schneller, Sinclair, viel schneller, und ich bin nervös, denn ich stecke voller Hitze, voller Flammen. Es brennt in meinen Adern, und ich warte nur darauf, bald zu explodieren. Wenn das geschieht, ist es aus.«
Sir James bestätigte indirekt seine Worte. »Er hat recht, John. Er hat verdammt recht. Ich spüre ihn, und ich merke seine Hitze. Aber tun Sie, was Sie für richtig halten.«
»Klar, Sir, klar.« Da mich der Feuer-Vampir nicht aus den Augen ließ, bewegte ich die Hand sehr vorsichtig. Ich hatte sie im Ausschnitt meiner Jacke verschwinden lassen, bewegte sie nach links, und dann berührten die Finger den Griff der Beretta.
Sehr vorsichtig zog ich die Waffe heraus und legte auch nicht alle Finger um den Griff. Der andere beobachtete mich genau, seine grünen Augen schienen zu funkeln wie Diamanten.
»Schön, Sinclair. Jetzt weg damit.«
Mit einer lässigen Bewegung schleuderte ich sie zur Seite. Sie rutschte noch bis neben den Schreibtisch, wo sie liegenblieb. Der Feuer-Vampir war zufrieden. Er deutete es durch ein Nicken an.
»Darf ich eigentlich deinen Namen erfahren?« erkundigte ich mich. »Ich möchte wissen, mit wem ich es zu tun habe.«
Er lachte. Nein, es war nur ein Lächeln. Ein flüchtiges Verzerren der Lippen. »Natürlich darfst du das wissen, Sinclair. Ich bin Beau Lambert, nicht mehr und nicht weniger.«
»Schön, wo kommst du her?«
»Aus der Vampirwelt«, sagte Sir James. »Er ist von unserem Freund Mallmann geschickt worden. Er ist einer, der aus der Asche geboren wurde. Mallmann hat mit ihm experimentiert, und er hat so etwas vollbracht wie Doktor Frankenstein. Ein Vampir aus der Asche. Zuerst vom Feuer zerstört, jetzt resistent dagegen, aber nicht nur das. Er schafft es sogar, das Feuer zu produzieren. Stimmt es?«
»Wunderbar, Sir James. Sie haben so vollkommen recht. Besser hätte ich mich auch nicht beurteilen können.«
»Mallmann?« fragte ich.
»Ja, er hat mich verbrannt und wieder neu erschaffen. Aus der alten Asche.«
Ich mußte schlucken. Das war mir neu. Klar, dieser Dracula II würde sich immer wieder etwas Neues einfallen lassen. Er lebte in seiner Vampirwelt, dort war er sicher, dort konnte er planen, um diese Pläne dann in die Tat umzusetzen. Ich konnte trotzdem nicht alles hinnehmen. Die Sache hatte sicherlich noch einen Haken.
»Einfach so?« fragte ich. »Hat er die Asche genommen und sie zu einem Körper geformt?«
Beau Lambert lächelte wieder. »Durch den Stein, Sinclair. Er nahm den Blutstein. Er nahm etwas aus seiner Füllung. Das alte Blut hatte seine alte Kraft noch nicht verloren. Meine Asche hat sie bekommen, und nun spüre ich sie in mir. Dieses Blut hat mich stark gemacht. Es war der Saft des großen Vlad Dracula. Ich merke es. Ich werde unüberwindbar sein, denn wer will schon einen Flammenmann stoppen? Feuer ist für mich etwas Wunderbares. Ich habe gelernt, es zu kontrollieren, aber ich werde auch dich noch kontrollieren müssen, Sinclair. Ich weiß, daß du etwas bei dir trägst, das auch Dracula II nicht gefällt. Es ist ein Kreuz, und ich will, daß du es abnimmst. Nur abnehmen, nicht reden. Ich bin immer schneller als deine Worte.«
Man hatte ihn tatsächlich eingeweiht. Mallmann fürchtete mein Kreuz, er wußte auch weshalb, und er hatte dafür gesorgt, daß auch Lambert sich vorsah.
Ich würde also nicht dazu kommen, die Aktivierungsformel zu sprechen. Beau Lambert war immer schneller als ich. Zudem war mir von Zeugenaussagen bekannt, daß diese Person innerhalb einer Sekunde zu einem mörderischen Flammenball werden konnte.
Nicht zuletzt Shao und ihre Bekannte hatten es demonstriert bekommen.
Es sah nicht gut aus, überhaupt nicht gut. Dieses Wesen war tatsächlich erschienen, um uns zu verbrennen. Wir aber würden nicht mehr aus der Asche hervor erwachen, für uns war dann die Sache gelaufen.
»Mach schon!« forderte er mich auf.
»Natürlich!« Ich fragte mich, wie er anschließend handeln würde.
Zuvor kam ich seinem Befehl nach, und Sir James schaute mir dabei zu. Hinter den Gläsern der Brille wirkten seine Augen unnatürlich groß. Es mußte an den Gläsern liegen,
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