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0887 - Blutiger Nebel

0887 - Blutiger Nebel

Titel: 0887 - Blutiger Nebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Volker Krämer
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Verzweifelung half nicht weiter. Die Geräusche, die hinter ihnen nicht zu überhören waren, bewiesen, dass viele der Gänge dem Beben auf der Planetenkruste nicht widerstanden. Es gab keinen Weg zurück. Der nach oben war allerdings auch nicht sonderlich reizvoll in seinen Aussichten.
    Ein neuerlicher Schlag erschütterte den Gang. Steine rieselten von oben auf van Zants Glatze, was nicht eben zu seiner Nervenberuhigung beitrug. Die drei drängten sich für Sekunden dicht aneinander, als würde das zusätzlichen Schutz bringen.
    »Wir haben nur noch den winzigen Hauch einer Chance.« Es war Vinca, der aussprach, was Artimus die ganze Zeit über gedacht hatte. Ja, es war wirklich nur eine gehauchte Chance, denn das Zeitfenster, das dabei über Erfolg oder Scheitern, über Leben oder Tod entschied, war extrem schmal. Vielleicht nicht mehr als eine oder zwei Sekunden - vielleicht würde es sich aber auch schon geschlossen haben, ehe der eine und entscheidende Moment gekommen war.
    Van Zant blickte Vinca von Parom an. »Wenn der Augenblick kommen sollte, dann musst du das übernehmen, denn du bist schneller und präziser, als ich es wohl je werden kann.« Vinca nickte. Damit war im Grunde alles gesagt.
    Artimus blickte in den Gang hinein, der sich vor ihnen nach oben wand. »Okay, also dann. Wenn wir draußen sind, dann schützt eure Köpfe, denn dort werden uns Trümmer um die Ohren fliegen, wie ich befürchte.«
    Van Zant setzte sich erneut an die Spitze der kleinen Gruppe. Es wurde von Schritt zu Schritt mühsamer, denn die Luft hier unten war zum Schneiden dick, zudem wurde die Steigung noch intensiver. Ein schrecklicher Gedanke kam dem Südstaatler - was, wenn der Gang in einer Sackgasse endete? Artimus hatte wirklich keine Lust, hier unten jämmerlich zu ersticken.
    Lakir begann als Erste zu husten. Die Männer folgten ihrem schlechten Beispiel, doch dann erkannte van Zant den Grund für den Reiz ihrer Bronchien - der Staub kam. Es war der Staub der Steine, die beim Einsturz der Gebäude regelrecht zermahlen wurden. Das wiederum konnte nur bedeuten, dass sie sich bereits dicht unter der Oberfläche befanden. Und es war ein Zeichen dafür, dass dieser Gang tatsächlich ins Freie führen musste.
    Wenige Minuten später wurde es merklich heller vor den drei Freunden, doch zugleich kamen ihnen nun wahre Staubwolken entgegen. Ohne großen Erfolg versuchten sie Mund und Nase zu schützen - der feine Staub drang dennoch voll durch. Van Zant taumelte. Ihm setzte dies am meisten zu, und er schnappte Sekunden später nach Luft wie ein Fisch an Land.
    Vinca hakte seinen Kriegerbruder unter, zog ihn weiter vorwärts.
    Hustend und keuchend überwanden sie die letzten Meter, dann waren sie oben angekommen.
    Artimus ließ sich halb erstickt zu Boden fallen, versuchte sich mit ekstatischem Husten wieder Atemluft in die Lungen zu schaffen. Vinca und Lakir erging es nicht viel besser. Van Zant blickte sich um. Über ihnen wölbte sich eine hohe Steinkuppel - der Gang hatte in einem Gebäude geendet.
    »Raus hier - wer weiß, wann die Hütte zusammenbricht.« Die Paromer verstanden den Begriff Hütte zwar nicht so richtig, aber sie folgten dem Mann von der Erde nach.
    Dann hörten sie es.
    Van Zant blickte sich suchend um, denn er konnte im ersten Moment den Grund für dieses schauerliche Geräusch nicht erkennen. Es war ein Heulen und Kreischen, beinahe metallisch klingend.
    Lakir hatte ihren Kopf in den Nacken gelegt. Mit einer Hand wies sie gen Himmel.
    »Dort - seht doch.« Die Männer folgten mit ihren Blicken dem ausgestreckten Arm. Was sie zu sehen bekamen, war unglaublich und bedrohlich zugleich. Der Kokon, der die Wolken an Paroms Himmel durchstieß, war in eine unheilvolle Bewegung geraten. Dieses so filigran wirkende Gebilde, das dennoch über eine enorme in sich ruhende Stabilität verfügen musste, es schwankte!
    Mehr noch - die Erschütterungen, der Tod der Wurzel, all das hatte die Hülle in eine Bewegung versetzt, die nichts und niemand mehr würde aufhalten können. Der Kokon wand sich, anders konnte man es nicht beschreiben. Mit viel Phantasie hätte man durchaus von einem Tanz sprechen können, einem Tanz, der nur in der Apokalypse enden konnte.
    Artimus van Zant hatte damit gerechnet, dass der Kokon in sich zusammenbrechen würde. Mehr noch - er hatte darauf gehofft, doch das hier hatte er nicht erwartet. Der Moment des Zusammenbruchs war unmöglich kalkulierbar. Doch genau das entschied über Leben und Sterben.

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