0887 - Blutiger Nebel
einen Grabstein erinnert, so makaber dieser Vergleich hier auch sein mochte; wahrscheinlich hinkte er, doch er bot sich ganz einfach an.
Die Abmessungen - wenn er sie auch nur schätzen konnte - kamen durchaus hin. War das eine dieser Stelen, durch die sich Praetoren und ihre Anführer in den weißen Städten materialisierten? Zamorra selbst hatte das zweifelhafte Vergnügen gehabt, einmal in eine solche Stele gezwungen zu werden. Sie hatte ihn dorthin bringen sollen, wo der Tod auf ihn lauerte. Doch der Parapsychologe war siegreich aus dem Kampf hervorgegangen, der ihn erwartet hatte.
Der Nebel gab plötzlich für einen kurzen Augenblick die Sicht auf diesen Stein frei. Eine Stele, so wie Zamorra sie kannte, doch da war etwas, was dort im Grunde nicht hingehörte. Der Professor versuchte Details zu erkennen, doch das wollte ihm nicht gelingen. Dann jedoch senkte sich die Stele langsam nach unten - genau auf ihn zu.
Und Zamorra erkannte, was ihn an dieser Stele so irritiert hatte.
Es war ein Muster, dass sich mitten auf dem Steingebilde befand. Nicht sonderlich groß - etwa vom Durchmesser einer Handfläche. Kreisrund war es… bestehend aus vielfältigen Symbolen und merkwürdigen Zeichen.
Zamorra kannte es. Oh ja, er kannte es nur zu gut.
Denn was er dort auf sich zukommen sah, war nichts anderes als der perfekte Abdruck von Merlins Stern…
In Zamorras Kopf rotierten die Gedanken.
Wie war das möglich? Doch dann entstand ein Bild vor seinem geistigen Auge. Das Bild von sich selbst, als er in den Schwefelklüften den Ductor verfolgt hatte. Bis zum Kokon war die wilde Jagd gegangen, doch dann hatte der Hüne sich Zamorras Zugriff entzogen, war im Kokon verschwunden. Der Professor hatte die Stelle markiert - mit einem Abdruck, den er mit Merlins Stern in die Wandung des Kokons geprägt hatte.
Das also war die Lösung des Rätsels? Der Scherge der Herrscher musste irgendwie diese Prägung von der Außenhülle abgelöst haben. Und nun benutzte er sie als Verbindung zwischen Armakath und der Erde. Ja, so musste es sein. Das alles hier hatte also nur geschehen können, weil Zamorra einen großen Fehler begangen hatte - leichtsinnig hatte er das magische Potential unterschätzt, das selbst in einem von Merlins Stern gemachten Abdruck existierte.
Für Schuldgefühle war jetzt allerdings keine Zeit.
Es war der Moment, in dem sich aus der Stele heraus ein Gesicht in diese Welt hinein schälte.
Stirn, Augen, Nase… die Wangen, Mund und Kinn - das markante Antlitz von Sabeth, der Wächterin Armakaths erschien. Die Augen waren geschlossen, der ganze Gesichtsausdruck schien aus Widerwille und Wut zu bestehen. Zamorra fühlte sich in seiner Theorie bestätigt, dass die Vampirin das hier nicht aus freien Stücken tat - im besten Fall sah sie es als Notwendigkeit zu Existenzsicherung.
Dann öffneten sich die Augen der Frau, die Lippen gaben den Blick auf ihre Zähne frei.
Mit einem Seufzer stieß nun der gesamte Kopf aus der Stele nach unten direkt auf das Opfer zu, das unbeweglich im Bett lag.
Doch dann musste die Wächterin Armakaths die Erfahrung machen, dass es Dinge gab, die sich blitzschnell ändern konnten.
Schneller als der Biss eines Vampirs.
***
Zu steil nach oben… viel zu steil!
Artimus van Zant lief um sein Leben, um die Chance, irgendwie aus dem Einflussbereich des Kokons zu entwischen. Lakir und Vinca folgten nur wenige Schritte hinter ihm. Doch schon nach wenigen Minuten war Artimus klar, dass er den falschen Gang gewählt haben musste.
Um den Kokon unter der Erde laufend verlassen zu können, hätte dieser Gang viel ebener, also horizontaler verlaufen müssen. Doch dieser verdammte Gang hier, den van Zant in Gedanken verfluchte, verlief steil nach oben.
Er würde zur Oberfläche führen, das schien Artimus sicher, aber beinahe parallel zum Wurzelschacht münden. Und dann? Begraben unter den Steinen der weißen Stadt… verbrannt in der Wurzelhöhle… verschüttet in einer Kugelhöhle. Sie konnten sich ihre Todesart aussuchen. Vielleicht würden sich auch der Ductor und die Praetoren noch an ihnen rächen wollen, denn sie mochten auch glauben, Artimus hätte den Tod der Wurzel absichtlich herbeigeführt.
Van Zant hoffte, endlich auf eine weitere der Höhlen zu stoßen, um von dort aus vielleicht entscheidend die Richtung ihrer Flucht ändern zu können. Es kam keine Höhle. Es war wie verhext. Dieser Gang schien tatsächlich die falscheste aller Entscheidungen gewesen zu sein.
Doch alle
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