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09 - Befehl von oben

09 - Befehl von oben

Titel: 09 - Befehl von oben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Clancy
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und hörte auf den Namen Joy, was Freude bedeutet und Ryan an diesem Tag unangebracht vorkam, aber den Namen hatten ihr wohl ihre Eltern gegeben und damit basta.
    War Maria von CBS hübsch, dann war Joy atemberaubend - vermutlich ein Grund dafür, daß das ABC-Frühstücksfernsehen an der Spitze der Einschaltquoten lag. Ihr Handschlag war warmherzig und freundlich - und hatte noch etwas an sich, das Jack fast das Herz stocken ließ.
»Guten Morgen, Mr. President«, sagte sie sanft und mit einer Stimme, die besser auf eine Dinnerparty paßte als zur morgendlichen
    Nachrichtensendung.
»Bitte.« Ryan winkte sie zum Stuhl gegenüber.
»Es ist zehn Minuten vor der vollen Stunde. Wir befinden uns hier im
    Roosevelt Room im White House und sprechen mit Präsident John Patrick Ryan«, gurrte sie zur Kamera. »Mr. President, das war eine lange und schwere Nacht für unser Land. Was können Sie uns sagen?«
    Ryan hatte die Antwort so drauf, daß er sie ohne Nachdenken hersagen konnte. Seine Stimme klang ruhig und ein wenig mechanisch, und seine Augen schauten auf ihre, wie man es ihm eingetrichtert hatte. Es fiel nicht schwer, sich auf ihre feuchten braunen Augen zu konzentrieren, war aber beunruhigend, zu so früher Stunde so tief in sie zu schauen. Er hoffte, es fiel nicht zu sehr auf.
    »Mr. President, die letzten Monate sind für uns alle sehr traumatisch gewesen und die letzte Nacht ganz besonders. In wenigen Minuten werden Sie sich mit Ihrem Stab für nationale Sicherheit beraten. Was sind Ihre größten Sorgen?«
    »Joy, vor langer Zeit hat ein amerikanischer Präsident einmal gesagt, das einzige, das wir fürchten müssen, ist die Furcht selbst. Unser Land ist heute genauso stark wie gestern ...«
    »Ja, das ist wahr.« Daryaei war Ryan einmal begegnet. Damals war er arrogant und herausfordernd gewesen wie ein Hund, der vor seinem Herren steht, knurrend und tapfer - zumindest dem Anschein nach.
    Doch nun existierte der Herr nicht mehr, und hier war der Hund, die Augen auf eine hübsche, doch verworfene Frau gerichtet, und es überraschte Daryaei, daß ihm nicht die Zunge sabbernd heraushing. Es hatte mit Erschöpfung zu tun. Ryan war müde; deutlich zu sehen. Was war er noch? Er war wie sein Land, entschied der Ajatollah. Nach außen hin stark, vielleicht. Ryan war noch ein junger Mann, breite Schultern, aufrechte Haltung. Seine Augen waren klar und seine Stimme fest, doch nach der Stärke seines Landes gefragt, sprach er von Furcht und von Furcht vor der Furcht. Interessant.
    Daryaei wußte sehr wohl, daß Stärke und Macht eher Dinge des Verstandes waren als des Körpers, und das galt für ein Land genauso wie für einen Menschen. Amerika war für ihn ein Rätsel wie seine Führer.
    Wieviel aber mußte er darüber wissen ? Amerika war ein gottloses Land.
Und deshalb sprach dieser Ryan-Knabe von Furcht. Ohne Gott mangelte es sowohl dem Land als auch dem Mann an Führung. Manche hatten gesagt, das treffe auch auf Daryaeis Land zu, wenn das aber stimmen sollte, dann aus anderem Grunde, sagte er sich.
Wie Leute in aller Welt konzentrierte sich Daryaei auf Ryans Gesicht und Stimme. Die Antwort auf die erste Frage war offenkundig rein mechanisch. Was Amerika über dieses glorreiche Ereignis auch wissen mochte, wurde nicht verraten. Vielleicht wußten sie auch nicht viel, aber das wäre verständlich. Daryaei hatte einen langen Tag gehabt und hatte ihn genutzt. Er hatte sein Außenministerium angerufen und den Chef des Amerika-Referats (eigentlich eine ganzes Stockwerk im Bürogebäude in Teheran) ein Dossier erstellen lassen über die Arbeitsweise der amerikanischen Regierung. Die Situation war sogar besser, als Daryaei gehofft hatte. Sie konnten keine neuen Gesetze erlassen, keine neuen Steuern erheben, keine neuen Gelder ausgeben, bis ihr Kongreß neu konstituiert war, und das dauerte seine Zeit. Nahezu alle ihrer Ministerien hatten keinen Leiter. Dieser Ryan-Knabe allein - Daryaei war zweiundsiebzig - war die amerikanische Regierung, und Daryaei war nicht beeindruckt von dem, was er sah.
Die Vereinigten Staaten von Amerika hatten ihm jahrelang den Weg verstellt. So viel Macht. Selbst nach der Verringerung ihrer Kräfte nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion - des >minderen Satans< - war Amerika zu Dingen imstande, die anderen Ländern unmöglich waren.
Es erforderte nur politische Entschlossenheit, und wenn es die auch selten genug gab, war die Drohung allein schon entmutigend. Gelegentlich klemmte sich das Land fest

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