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09 - Denn sie betrügt man nicht

09 - Denn sie betrügt man nicht

Titel: 09 - Denn sie betrügt man nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth George
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bekommen hat, aber es hält ihn über Wasser.«
    »Was ist das für eine Arbeit?«
    »Er reinigt den Pier. Nach Betriebsschluß.«
    »Dann ist er also jetzt nicht hier?«
    »Er fängt erst nachts um halb zwölf an. Es wäre sinnlos für ihn, früher zu kommen, es sei denn, er käme zum eigenen Vergnügen.«
    Barbara hielt sich ihre Liste von Verdächtigen vor Augen und setzte im Geiste ein weiteres Häkchen neben Trevor Ruddocks Namen. Das Motiv war vorhanden und nun auch die Gelegenheit. Er hätte mit Leichtigkeit Haytham Querashi auf dem Nez töten und dennoch rechtzeitig zur Arbeit auf dem Pier erscheinen können.
    Das ließ aber immer noch die Frage offen, wie Theo Shaw zu dem Aloysius-Kennedy-Armband gekommen war. Wenn es denn das Kennedy-Armband war, das sie suchte. Es gab nur ein Mittel, das festzustellen.
    Auftritt Havers, die große Mimin, dachte Barbara. Sie sagte: »Ich brauche seine Adresse, wenn Sie sie haben.«
    »Kein Problem.« Theo ging zu seinem Schreibtisch und setzte sich in den Sessel dahinter. Er blätterte eine Kartei durch, bis er die Karte gefunden hatte, die er suchte. Er schrieb die Adresse auf einen kleinen Zettel und reichte ihr den. Worauf Mimin Havers die Gelegenheit beim Schopf ergriff.
    »Wahnsinn!« sagte sie. »Ist das ein Aloysius Kennedy? Ist ja phantastisch!«
    »Wie bitte?« sagte Theo.
    Volltreffer, dachte Barbara. Er hatte das Armband nicht selbst gekauft, sonst wüßte er Bescheid. Die Winfields hätten es sich gewiß nicht nehmen lassen, ihn genauestens über seine Herkunft aufzuklären.
    »Das Armband, das Sie tragen«, erläuterte Barbara. »Es sieht fast genauso aus wie eins, das ich in einem Londoner Schmuckgeschäft gesehen habe und am liebsten auf der Stelle gekauft hätte. Der Goldschmied, der diese Armbänder entwirft, heißt Aloysius Kennedy. Darf ich es mir einmal ansehen?« Mit, wie sie hoffte, mädchenhafter Treuherzigkeit fügte sie hinzu: »Dann hab' ich wenigstens mal eins in der Hand gehabt. Leisten kann ich mir so was ja doch nie.«
    Einen Moment lang fürchtete sie, er werde nicht anbeißen. Doch der Köder ihres Interesses war verlockend genug. Theo Shaw schnappte zu. Er öffnete den Verschluß der Armspange, nahm sie ab und reichte sie ihr.
    »Das ist wirklich wunderschön«, sagte Barbara. »Darf ich ...?«
    Sie wies zum Fenster, und als er nickte, ging sie mit dem Armband hinüber. Sie drehte es in ihrer Hand hin und her. Sie sagte: »Der Mann ist ein Genie, finden Sie nicht auch? Mir gefällt gerade das Unregelmäßige an der Arbeit. Und es ist vollendet gearbeitet. Er ist der Rembrandt unter den Goldschmieden, wenn Sie mich fragen.« Sie konnte nur hoffen, daß der Vergleich passend war. Das, was sie über Rembrandt wußte - ganz zu schweigen davon, was sie über die Goldschmiedekunst wußte -, hätte mit Leichtigkeit auf einem Teelöffel Platz gehabt. Sie kommentierte das Gewicht des Armbands, sie ließ ihre Finger über das Metall gleiten, sie prüfte den geschickt verborgenen Verschluß. Und dann sah sie sich die Innenseite an und entdeckte das, was sie erwartet hatte, vier Wörter, die in leicht verschnörkelter Schrift in das Gold eingraviert waren: »Das Leben beginnt jetzt«.
    Aha. Zeit, die Daumenschrauben anzusetzen. Barbara kehrte zum Schreibtisch zurück und legte das Armband neben den versteinerten Schwamm. Theo Shaw legte es nicht gleich wieder an. Sein Gesicht war ein wenig gerötet. Er hatte gesehen, wie sie die Inschrift gelesen hatte, und sie hatte kaum Zweifel daran, daß sie und der junge Mann gleich einen vorsichtigen Pas de deux beginnen würden, bei dem jeder versuchte, den anderen auszumanövrieren. Sie würde darauf achten müssen, ihm gleich einen Schritt voraus zu sein, wenn die Musik einsetzte.
    »Das sagt einem doch was.« Sie wies auf das Armband. »Ich hätte nichts dagegen, morgens so eins vor meiner Tür zu finden. Genau die Art Geschenk, die man sich von einem unbekannten Bewunderer erhofft.«
    Theo nahm das Armband und legte es wieder an. »Es hat meinem Vater gehört«, sagte er.
    Na bitte, dachte Barbara. Er hätte den Mund halten sollen, aber eben das taten Leute, die sich schuldig fühlten, ihrer Erfahrung nach selten, weil sie immer meinten, sie müßten aller Welt ihre Unschuld demonstrieren.
    »Ihr Vater ist tot?« »Meine Mutter auch.«
    »Dann ist das alles hier« - sie wies zum Pier hinunter und schloß die Blaupausen auf dem Schwarzen Brett in ihre Geste ein - »zum Andenken an Ihre Eltern gedacht?«
    Er

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