Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
über den Pferdehals gebeugt auf Hyn saß und den Stab des Gesetzes an ihre Oberschenkel gedrückt hielt, konnte nur darum beten, dass sie keinen verhängnisvollen Fehler machte.

9
    Große Not
    V on dem unebenen Felsengrund südlich des kleinen Sees donnerten die Ranyhyn auf eine von der Sonne gebackene Ebene hinaus, die glatt und hart wie ein Amboss war. Obwohl es am Vortag geregnet hatte, wirbelten ihre Hufe dünnen Staub auf, der fein wie Asche war. Als Linden sich einmal umsah, zog ihre Stute eine blasse Staubfahne wie einen Wimpel hinter sich her.
    Der Galopp der Pferde blies ihr Wind ins Gesicht, der im Laufe des Tages wärmer wurde. Die Luft dörrte ihr die Kehle aus und ließ ihre trockenen Augen brennen. Linden glaubte, Tod auf ihrer Zunge zu spüren, aber wenn das stimmte, war der Geschmack undenklich alt. Vor ungezählten Jahrhunderten waren hier Dutzende oder Hunderte oder Tausende Opfer eines blutigen Gemetzels geworden: Menschen und Tiere, vernunftbegabt und primitiv, auch Ungeheuer, an deren Gestalt sich nicht einmal mehr die Haruchai erinnern konnten. Wie alle Arten von Vegetation, die einst hier gewachsen waren, waren sie die vergessenen Überbleibsel von Lord Fouls Kriegen. Geister, die schon so lange tot waren, dass sie jegliche Substanz verloren hatten, trauerten stumm. Von ihren Begierden und Wunden, ihren Ängsten und ihrer Wildheit blieb nichts außer einem vagen Hauch, den die Hufschläge der Ranyhyn von dem harten Boden aufwirbelten.
    Ohne ihren Gesundheitssinn hätte Linden glauben können, die Ranyhyn verausgabten sich völlig. Die glatt fließenden Bewegungen von Hyns Muskeln unter ihren Schenkeln versicherten ihr jedoch, dass die Stute Reserven an Kraft und Durchhaltevermögen besaß. Notfalls konnten die Pferde noch mehr leisten.
    Stave wirkte locker und entspannt, mehr ein Ausdruck von Hynyhns Schnelligkeit als eine Last. Im Gegensatz zu ihm hockte Jeremiah in seiner charakteristisch schlaffen Art zusammengesunken auf Khelen, vom Galopp des jungen Hengsts so wenig beeindruckt wie ein Sack Weizen. Seit seiner Rettung hatte Linden ihn noch nie blinzeln gesehen. Trotzdem waren seine Augen nicht geschädigt, als würden sie durch irgendeine Auswirkung der Erdkraft geschützt, die er von Anele geerbt hatte.
    An diesem Morgen waren die Ranyhyn zunächst ungefähr nach Südosten über die hart gebackene Ebene unterwegs. Noch vor Mittag deutete Stave jedoch auf den Felsvorsprung des Kolosses weit im Westen. Er musste fast schreien, um das Donnern der Hufschläge zu übertönen, als er Linden erklärte, hinter diesem Felsvorsprung biege der Landbruch nach Süden ab. Dort stürze der Fluss Landwanderer in breiten Kaskaden zu Tal, um die Trümmerschwemme zu werden.
    Linden, der… in Wasser geschrieben einfiel, fragte sich, ob die Ranyhyn zu dem Fluss Trümmerschwemme wollten. Nach Staves Auskunft berührte die Trümmerschwemme die Verwüsteten Ebenen jedoch so wenig wie die Zerspellten Hügel und mündete erst viele Meilen jenseits von Fouls Hort im Meer der Sonnengeburt. Obwohl die Pferde nach Süden abbogen, sobald der Felsvorsprung passiert war, lag ihr Ziel anscheinend irgendwo zwischen Trümmerschwemme und Zerspellten Hügeln.
    Als von der Ebene immer mehr Hitze aufstieg, begann der Himmel einem Deckel über dem Unterland zu gleichen, grau wie geschmolzenes Blei und unmöglich anzuheben. Wie lange würden die Ranyhyn noch so galoppieren können? Sie waren sterblich. Auch für sie gab es doch sicherlich Grenzen. Lindens Nerven erschien Hyns Ausdauer so gewiss wie die Sonne. Trotzdem hatte die Stute Schaum um die Nüstern. Ihr geflecktes Fell war schweißnass. Der Schweiß durchfeuchtete Lindens Jeans, die ihr die Beine aufzureiben drohten. Immer wieder glaubte Linden zu hören, wie Hyns Atmung unregelmäßig wurde und fast stockte.
    Hatten die Ranyhyn es noch weit, würden sie Hilfe brauchen. Ihr Ziel konnte ein Dutzend Meilen entfernt sein, vielleicht auch zwei. Nervös blinzelnd fasste Linden ihren Stab fester und machte sich bereit, ihm schwarzes Feuer zu entlocken.
    Dann sah sie jedoch an dem im Dunst verschwimmenden Horizont das Ende der Ebene. Im Osten fiel sie zu niedrigerem Gelände ab. Im Westen unterbrachen niedrige Einzelhügel die Ebene wie nachträglich hinzugefügt. Sie trugen eine dünne Schicht Magergras wie einen Bettlermantel, durchlöchert und verschlissen.
    Gab es dort Gras, gab es auch Wasser …
    Hyn und Khelen, die stumm auf Hynyns Autorität reagierten, folgten dem

Weitere Kostenlose Bücher