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09-Die Pfade des Schicksals

09-Die Pfade des Schicksals

Titel: 09-Die Pfade des Schicksals Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen R. Donaldson
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Sattel zu verbeugen. »Lady«, verkündete er mit in Fett erstickter Stimme, »durch einen glücklichen Zufall bin ich rechtzeitig eingetroffen.« Seine Lippen lenkten von seinem Bemühen ab, würdig zu wirken. »Es gibt Dinge, die bedacht werden müssen, ehe dein Handel mit dem Egger abgeschlossen wird.«
    Während sie ihn anstarrte, sprach er weiter: »Mit deiner gütigen Erlaubnis möchte ich mich dir vorstellen.« Er hob einen Finger, als wollte er prüfen, aus welcher Richtung die Brise kam, die sie nicht spürte - oder um den Egger davor zu warnen, ihn zu unterbrechen -, und fuhr fort: »Ich bin der Eifrige. Wie du vermutlich erraten hast, bin ich einer der Insequenten. Tatsächlich bin ich weitläufig mit dem Egger verwandt, bin jedoch im Gegensatz zu ihm ein Gefolgsmann - sofern Insequente Gefolgsleute sein können - der Mahdoubt. Allerdings fehlen mir ihre Güte und ihr großes Zeitwissen, und ich kann keinen Anspruch auf ihre erwiesene Tapferkeit erheben. Dennoch schätze ich ihr Beispiel hoch. Meine Wertschätzung geht so weit, dass ich ihr wie einer Führergestalt folge, auch wenn ein flüchtiger Blick auf meine Person dir sagen muss, dass ich keiner Führung bedarf.«
    Sein salbungsvolles Selbstvertrauen ließ ihn lächerlich wirken.
    »Wenigstens das ist halbwegs wahr«, knurrte der Egger. »Wer im Umkreis von hundert Meilen um den Eifrigen ein Festmahl zubereitet, findet ihn bei sich am Tisch, noch ehe der erste Gang serviert wird.«
    Diesmal drohte der Eifrige ihm mit dem Zeigefinger: eine deutliche Warnung, den Mund zu halten. Und er erwartete offenbar, dass der Egger gehorchen würde.
    »Lady«, fuhr er fort, »du kannst mich als einen Freund betrachten.« Jedes seiner Worte glich einem Klacks Sahne. »Zweifellos glauben manche, die Insequenten wüssten nichts von Freundschaft. Und zweifellos haben sie Gründe für ihre Überzeugung. Du wirst jedoch anders denken. Du hast die Diskretion und Rücksichtnahme des Theomach gekannt, den der Egger als den Größten unseres Volkes ablösen möchte. Und die Mahdoubt hat dir als Freundin und Verbündete gedient. Du wirst mir gestatten, dir zu beweisen, dass meine Natur so gütig wie die ihrige ist, auch wenn ich nicht ihre Weisheit und Standhaftigkeit besitze.«
    Liand legte Linden schweigend eine Hand auf den Arm, als wollte er sich vergewissern, dass sie beide noch körperlich existierten und nicht unabsichtlich ins Traumreich mit seinen unendlichen Möglichkeiten abgetrieben waren.
    »In der Tat ein wahres Wunder«, rief Raureif Kaltgischt. »Hätten wir Aussicht auf längeres Leben, würden wir solche Geschichten überall, wohin wir segeln, sehr gern hören - aye, und uns dessentwegen glücklich schätzen.«
    »Genug!«, verlangte der Egger finster. »Sag dein Begehr und verschwinde, Einfaltspinsel. Du kannst nicht so verrückt sein, dich hier einmischen zu wollen. Und somit erfüllt deine Anwesenheit keinen Zweck, und dein Geschwätz vergeudet die Zeit aller, die es hören.«
    Der Eifrige würdigte ihn keiner Antwort und vollführte stattdessen mit erhobener Hand eine knappe Bewegung. Augenblicklich löste sich ein langes Band aus seiner Kleidung und schlängelte sich auf den Egger zu. Anfangs war es schneeweiß, nahm dann aber in der Luft die Erd- und Lehmfarben der Kleidung des Eggers an und wurde, obschon es zwischen den übrigen Bändern im Gewand des Eifrigen verankert blieb, rasch länger. Und als es den Egger erreichte, begann es sich um seinen Kopf zu wickeln und verringerte den Abstand immer mehr, bis es schien, als würde es bald sein Gesicht, seine Augen oder seinen Mund bedecken.
    Linden hielt unwillkürlich den Atem an. War das möglich? Konnte der Eifrige den Egger erdrosseln? Mit einem Stoffband?
    Beide waren Männer, Menschen wie sie selbst. Ihre Theurgie verdankten sie nur ihrem durch langes Studium erworbenen Geheimwissen.
    Liands Finger gruben sich in ihren Arm, und die Riesinnen sahen mit offenen Mündern zu, als schwankten sie zwischen Belustigung und Besorgnis.
    Einige Augenblicke lang schlug der Egger wütend nach dem Band. Aber es wich ihm aus und war ebenso schwer zu treffen wie ein Mückensch warm. Dann schien der Egger plötzlich aufzugeben, ließ die Hände sinken und legte sie auf sein Wams, wo seine Finger seltsame Muster auf den bernsteingelben Perlen, mit denen es bestickt war, beschrieben.
    »Pah!«, schnaubte der Eifrige verächtlich. »Was sollen deine Perlen gegen mich ausrichten? Du hältst dich für würdig, über

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