Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
09 - Die Weltuntergangs-Maschine

09 - Die Weltuntergangs-Maschine

Titel: 09 - Die Weltuntergangs-Maschine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timothy Stahl
Vom Netzwerk:
aufregend.
    Komisch, wie sie ihr Leben schon unterteilte in die Zeit »vor Tom« und »mit Tom«. Ein bisschen hatte sie sich gefürchtet vor einem Leben mit ihm. Aber jetzt, als sie mit dem summenden und vibrierenden Kugelgebilde in beiden Händen durch den nächtlichen Vatikan lief, da geschah etwas mit ihr.
    Es war wie das Übertreten einer Schwelle, vor der sie lange zögernd gestanden hatte. Jetzt schien sie sie in Gedanken übertreten zu haben, und sie fühlte sich wohl dabei, freudig erregt, immer noch auch ein bisschen besorgt, ja, und das würde auch immer so bleiben. Sie würde sich nicht ändern in ihrem Wesen, aber, lieber Herr Jesus, sie war jung und das Leben lag vor ihr, und sie wollte, dass es endlich spannend und aufregend wurde und nicht mehr ein Tag wie der andere war, ermüdend vor Arbeit und bedrückend unter den Launen ihres Vaters.
    Sie hoffte, er ruhte in Frieden. Und dass er – wenn es ein Jenseits gab – ihre Mama dort in Frieden ließ.
    »Nicht so schnell, Maria Luisa!«, klagte Alejandro hinter ihr.
    Sie wurde ohnehin langsamer, aber es fiel ihr schwer – als zöge die Kugel sie vorwärts, wie von Ungeduld getrieben.
    Jetzt hatten sie die Gärten hinter sich gelassen und mussten sich zum Eingangsgebäude der Nekropole schleichen, aus dem sie gestern gekommen waren; nein, vorgestern schon, es war inzwischen ja längst nach Mitternacht.
    Gestern hatten hier Wachen gestanden, an denen Tom nassforsch vorbeispaziert war und den Anschein erweckt hatte, sie gehörten zu dem Team, das in der Totenstadt arbeitete.
    Heute würde Maria Luisa sich etwas anderes einfallen lassen müssen. Jedenfalls glaubte sie das, bis sie vor dem Flachbau standen und keine Menschenseele zu sehen war.
    Wurde der Zugang zur Nekropole nicht rund um die Uhr bewacht? Das schien ihr keinen rechten Sinn zu ergeben. Zu weiteren Gedanken darüber kam sie jedoch nicht – denn kaum hatte sie den nächsten Schritt auf den Bau zugemacht, schien ein Ruck durch die Kugel in ihren Händen zu gehen.
    Bevor sie in weißer Glut aufgrellte.
    ***
    Bruno Dallocchio brach wie vom Blitz getroffen zusammen.
    Tom stürzte vornüber zu Boden, wo er keuchend und mit brennendem Hals und Nacken liegen blieb. Noch immer glaubte er Dallocchios Hände an seinem Kopf zu spüren, als hätten sie ihm mit urwüchsiger Kraft Dellen hineingepresst bei dem Versuch, ihm das Gesicht auf den Rücken zu drehen.
    Ein Lampenstrahl traf ihn. Geblendet kniff er die Augen zu. »Bist du in Ordnung?«, hörte er Christofides’ Stimme.
    Ja , wollte er antworten, bekam jedoch keinen Ton heraus, deshalb beschränkte er sich aufs Nicken.
    »Was war das?« Der Padre klang verwundert.
    Tom blinzelte ins Licht und sah, wie der Riese sich verblüfft umschaute.
    »Was meinst du?«, krächzte er. »Du hast wieder mal deinen Job getan …«
    »Eben nicht. Das war nicht ich.« Don Phantasos schüttelte entschieden den Kopf. »Ich war noch nicht fertig.«
    »Ach?« Tom hustete und massierte sich den Nacken, während er sich zu erheben versuchte. Christofides packte kurzerhand zu und stellte ihn auf die Füße. »Und bei wem muss ich mich dann bedanken?«
    »Padre? Dottore Ericson?«
    Sie fuhren herum. Dallocchio hatte sich hinter dem Altar wieder aufgerichtet. Tom spannte sich an; Christofides’ Hand tauchte in seine Tasche und schloss sich um etwas darin.
    Der Chef-Archäologe der vatikanischen Museen war unverändert bleich, totenblass beinahe. Sein Gesicht wirkte nicht mehr ganz so entstellt wie eben noch, aber immer noch verzerrt, jetzt allerdings nur noch von Erschöpfung und Schmerzen. Dass keine Gefahr mehr von ihm ausging, zeigte sich auch daran, wie er dastand – entkräftet, sichtlich kaum in der Lage, sich auf den Beinen zu halten.
    »Ich … ich weiß nicht, was Sie getan haben«, brachte er angestrengt hervor, »aber … danke.«
    Weder Tom noch Christofides sagten etwas.
    »Und«, fuhr Dallocchio fort, »ich möchte mich entschuldigen. Vor allem bei Ihnen, Dottore.« Er schluckte. »Ich habe Ihnen Unrecht getan. Jahrelang habe ich Sie gehasst, ohne zu wissen …« Seine Stimme brach.
    »Ohne zu wissen, wie es ist, wenn man nicht mehr Herr über sich selbst ist?«, half Tom ihm aus. »Und Dinge tut, die man aus freiem Willen niemals tun würde?«
    Dallocchio nickte. »Ja, genau.«
    »Ich wünschte, diese Erfahrung wäre Ihnen erspart geblieben«, sagte Tom, und er meinte es ehrlich. Hätte Dallocchio ihn doch weiterhassen sollen, wenn es dann nur nicht zu

Weitere Kostenlose Bücher