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09 - Old Surehand III

09 - Old Surehand III

Titel: 09 - Old Surehand III Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Befreiten still beieinanderstanden, kroch ich mit dem Apachen langsam um das Feuer, um nach den Tramps zu sehen. Sie schliefen alle. Auch Old Wabble lag lang ausgestreckt im Gras; er war gefesselt, hatte einen Knebel in dem Mund, und neben ihm saß – Kolma Putschi, unser Erretter! Wir mußten über das Meisterstück, welches dieser Rote so geräuschlos vollbracht hatte, staunen.
    Er hielt seine dunkeln Augen nach der Stelle, von welcher er wußte, daß wir von dort aus lauschen würden. Als er uns sah, nickte er uns lächelnd zu. Ich hätte ihn ob dieser Ruhe, Kaltblütigkeit und Sicherheit umarmen mögen!
    Es galt natürlich zunächst, uns zu bewaffnen. Ich holte meinen Stutzen und machte ihn schußfertig. Da die Tramps auch eng beieinander lagen, hatten sie zur Vermeidung der Unbequemlichkeiten ihre Gewehre zusammengestellt; wir nahmen sie in der Zeit von einer Minute in unsern Besitz. Jeder von den Kameraden fand das seinige dabei; nur Winnetous Silberbüchse lag bei Cox, der sich nicht von ihr hatte trennen wollen. Der Apache kroch wie eine Schlange hin und holte sie sich; das war auch ein Bravourstück von ihm!
    Nun wir alle bewaffnet waren, wurden die Schläfer so umstellt, daß uns keiner entwischen konnte. Dick Hammerdull warf neues Holz in das Feuer, daß es hoch aufleuchtete.
    „Nun erst den Posten draußen bei den Pferden“, sagte ich leise zu Winnetou, indem ich durch die Büsche deutete.
    Kolma Putschi sah diese meine Handbewegung, kam leise zu uns her und meldete:
    „Das Bleichgesicht, welches Old Shatterhand meint, liegt gebunden bei den Pferden. Kolma Putschi hat es mit dem Gewehr niedergeschlagen. Meine Brüder mögen einen Augenblick warten, bis ich wiederkomme!“
    Er huschte fort. Als er nach wenigen Sekunden zurückkehrte, hatte er eine Menge Riemen in den Händen; er warf sie hin und sagte:
    „Kolma Putschi hat unterwegs einen Bock erlegt und sein Fell zu Riemen zerschnitten, weil er glaubte, daß sie hier gebraucht würden.“
    Ein außerordentlicher Mann! Winnetou reichte ihm schweigend die Hand, und ich tat dann dasselbe. Dann konnten wir die nichtsahnenden Schläfer wecken. Dick Hammerdull war natürlich derjenige, welcher uns bat, dies tun zu dürfen. Wir nickten ihm zu. Er stieß ein Geheul aus, welches der Größe seines weit aufgerissenen Mundes entsprechend war. Die Kerls sprangen alle auf; sie sahen uns mit angeschlagenen Gewehren stehen und waren vor Schreck bewegungslos. Nur Old Wabble blieb liegen, weil er gefesselt und geknebelt war. Dieses erste Entsetzen benutzend, rief ich ihnen zu:
    „Hands up, oder wir schießen! All hands up!“
    „Hands up, die Hände in die Höhe!“ ist ein sehr gefährlicher Befehl, zumal im wilden Westen. Wer diese Worte hört und nicht augenblicklich beide Hände hochhält, bekommt die Kugel; das weiß jedermann. Es kommt vor, daß nur zwei oder drei verwegene Menschen einen Bahnzug überfallen. Wehe dem Passagier, welcher auf den Ruf „Hands up!“ nicht unverweilt die Arme hebt! Er wird sofort erschossen. Während einer der Räuber auf diese Weise mit seinem Revolver alle Reisenden in Schach hält, werden diese von dem oder den andern ausgeplündert und müssen mit hochgehobenen Händen stehenbleiben, bis die Taschen auch des letzten untersucht und geleert worden sind. Dieses „Hands up!“ trägt allein die Schuld daran, daß viele, wenn sie überrascht worden sind, gegen wenige gar nichts machen können. Selbst der sonst mutige Mann wird lieber die Arme heben als nach seiner Waffe greifen, denn ehe er sie erlangen kann, hat er die tödliche Kugel im Kopf. Das weiß, wie gesagt, dort jedermann.
    So auch hier! Ich hatte den Befehl kaum zum zweitenmal ausgesprochen, so fuhren alle Hände hoch empor.
    „Schön, Mesch'schurs!“ fuhr ich fort. „Nun laßt euch sagen: Bleibt genauso stehen wie jetzt! Denn wer nur eine seiner Hände sinken läßt, bis wir mit euch allen fertig sind, der sinkt auch ganz, nämlich tot ins Gras! Ihr wißt wieviel Schüsse hier mein Stutzen hat. Es kommt mehr als eine Kugel auf jeden von euch! Dick Hammerdull und Pitt Holbers werden euch binden. Es gibt da keine Gegenwehr. Dick, Pitt, fangt an!“
    Es war eine ernste Situation, aber doch machte es mir, überhaupt uns allen, innerlich Spaß, diese Leute wie beim Freiturnen oder bei einem Gesellschaftsspiel mit hocherhobenen Armen stehen zu sehen, um ohne alle Gegenwehr zu warten, bis einer nach dem andern von ihnen an den Händen und Füßen gebunden und in das

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